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Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Angst, meine Hand könne Schwierigkeiten machen und taub werden, vor allem bei den schnellen Läufen, während Münchens Society im vollbesetzten Saal lauschte. »Hast du Bachblüten dabei?«
    Helene nickte und kramte aus ihrer Abendtasche die Notfalltropfen vor, die ich mir direkt auf die Zunge träufelte. Kaum eingenommen, wurde ich auch schon angesagt und musste auf die Bühne. Helene drückte mich fest und aufmunternd.
    »Wird schon schiefgehen!«, sagte sie und schubste mich sanft zum Vorhang. Wie immer blendete ich das Publikum, so gut es ging, aus. Die Masse war gar nicht so sehr das Problem, schlimmer war es, wenn Leute da waren, die ich kannte und die mir nahestanden, wie heute. Gustav in seinem schwarzen Frack schaute konzentriert zu mir herüber. Er wartete, dass ich ihm das Zeichen zum Auftakt gab. Ich atmete tief durch, schloss einmal kurz die Augen, sammelte mich und nickte Gustav zu. Das Orchester setzte ein, und kaum war Musik zu hören, fühlte ich mich wieder sicher und versank in einer Mischung aus Konzentration und Gefühl, spürte nur den Moment und verlor jedes Zeitgefühl. Es lief gut, es lief richtig gut! Als der letzte Satz, der letzte Klang verstummte, brandete tosender Beifall auf, begleitet von Bravorufen, und ich war so glückselig und erleichtert, dass mir Tränen in die Augen stiegen. Evi, die mit ihrer Geige im Orchester stand, nickte mir stolz zu und formte die Beckerfaust. Ich wusste, was sie mir sagen wollte. »Denen hast du es gezeigt!« - und damit war Amelie samt Entourage gemeint, die im Publikum saßen und bestimmt auch die Daumen drückten, aber dafür, dass ich mich verspielte oder irgendwas schieflief. Langsam stand ich auf, Gustav kam mir lachend entgegen und drückte mich fest an sich, Professor Bruckner reckte aus der ersten Reihe seinen Daumen in die Höhe, und selbst Professor Wiese lächelte freundlich und für ihre Verhältnisse ergriffen. Vier Vorhänge lang gab es Applaus, eine gefühlte Ewigkeit. Erschöpft ging ich in meine Garderobe, wo bereits Jasper mit Clan freudig wartete. Als er mich in den Arm nahm, stiegen mir Tränen in die Augen, alles fiel von mir ab, der Stress, die Angst, einfach alles. Jetzt wollte ich nur noch abschalten, schlafen und morgen dann genießen, dass alles gut über die Bühne gegangen war. Nele streckte mir ein Sträußchen entgegen. »Du siehst so schön aus und hast so toll gespielt. Schade, dass Papa nicht mit konnte!«
    Dankend nahm ich das Sträußchen entgegen und gab Nele einen Kuss auf die Wange. »Freut mich, dass es dir gefallen hat. Das Konzert war ganz schön lange, oder? Wurde es dir nicht zu langweilig?«
    Nele schüttelte energisch den Kopf. Auf der Fahrt zur Maienstein Brauerei sprach ich kaum etwas und schaute aus dem Fenster auf die vom Mond beleuchtete Winterlandschaft. Mein Kopf leerte sich mit jedem Kilometer, den wir fuhren. Auf dem Brauereigelände angekommen, verabschiedeten Jasper und ich uns gleich in die Gästewohnung. Bei Valentin brannte noch Licht, wahrscheinlich arbeitete er. Während ich mich auszog und ins Bett ging, holte Jasper für uns beide einen 43er mit Milch auf Eis.
    »So, und jetzt darfst du einfach wieder nur Clara sein!« Er küsste mich zärtlich, und nach dem Gute-Nacht-Trunk packte er mich samt Bettdecke zu einem Bündel aus Daunen. Ich seufzte glücklich, und im nächsten Moment fielen mir die Augen zu.
    Mitten in der Nacht wachte ich auf und war sofort hellwach. Das kannte ich bereits. Passierte häufiger nach Konzerten, die ganze Aufregung musste wahrscheinlich erst mal verarbeitet werden. Mein Mund war völlig ausgetrocknet. Leise, um Jaspar nicht zu wecken, zog ich meinen Bademantel über und ging Richtung Küche, die den Gästebereich und Valentins Wohnung verband. Leise drang Musik an mein Ohr. War Valentin immer noch wach? Neugierig ging ich der Musik nach, die ich sehr gut kannte. Es war die Mondscheinsonate von Beethoven, und zwar von mir gespielt. Die CD hatte ich vor einigen Jahren aufgenommen, lauter Stücke von Beethoven. Verwundert sah ich Valentin auf der großen Couch im Wohnzimmer sitzen, mit geschlossenen Augen, seine rechte Hand bewegte sich im Takt der Musik. Seit wann hörte Mr. Unnahbar Klassik? Und dann auch noch meine CD? Und das alles mitten in der Nacht? Nach seniler Bettflucht oder Blasenschwäche sah mir das nicht aus, dafür war Valentin zu sehr bei der Sache.
    »Ah, störe ich?«, fragte ich leise, um Valentin nicht zu sehr zu erschrecken, was jedoch

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