Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
verursachte. Meine Vernunft, mein Gehirn waren wie lahmgelegt, ich wollte einfach nur mehr und war bereit, dafür alles aufs Spiel zu setzen. Valentin aber hielt inne, sah mich mit halbgeschlossenen Augen an und fragte erneut: »Und, hast du deinen Seelenverwandten gefunden?«
    Völlig benommen sah ich ihn an und war nicht in der Lage zu antworten. Stattdessen wollte ich einfach nur weiterküssen, diesen warmen Geruch nach ... nach Sandelholz einatmen und mich von Valentin gegen jede Vernunft verführen lassen. Valentin spürte mein Verlangen deutlich und ließ mich anscheinend absichtlich zappeln. Da ich nicht den nächsten Schritt wagen würde, war es an ihm, und das wusste er. Plötzlich nahm er mein Gesicht in seine Hände und zog es zu sich heran. Seine Zunge umkreiste nur kurz und fordernd meine Lippen, die ich bereitwillig öffnete, um schließlich voller Lust in meinen Mund einzudringen, was mich ungewollt aufstöhnen ließ. Valentin hielt abrupt inne und stieß mich entgeistert von sich, so als ob er just in diesem Moment zu sich kam und ihm klar wurde, was hier gerade passierte. Entsetzt stammelte er: »Wie konnte ich so die Beherrschung verlieren? Du bist die Liebe meines Bruders!«
    Bevor ich antworten konnte, stürmte er aus dem Zimmer und ließ mich völlig verwirrt und ohne weitere Erklärung stehen. Benommen machte ich das Licht aus und ging verstört zurück in mein Bett. Jasper wurde kurz wach, als ich mich zu ihm legte, und zog mich in Löffelchenstellung an sich.
    »Alles gut, Süße?«
    »Ja, alles gut!«, hörte ich mich antworten. Von wegen gut! Hier war überhaupt nichts mehr gut! Was war da eben nur geschehen? Natürlich ergab auf einmal alles Sinn. Valentins schroffes Verhalten mir gegenüber war nichts anderes als Schutz gewesen, um von seinen Gefühlen abzulenken. Warum hatte ich das nicht bemerkt? Vor allem, warum hatte ich meine Gefühle für ihn nicht bemerkt? Gut, er hatte sich nicht gerade charmant gezeigt, aber an diesem einen Tag in den Bergen spürte ich die Faszination und die Anziehung zu ihm sehr wohl, hatte mir aber eingeredet, dass ich einfach nur froh war, endlich mal eine nette Begegnung mit Valentin gehabt zu haben. Ich glaube, mein Verstand hatte in den Autopiloten geschaltet, getreu dem Motto »Was nicht sein darf, das nicht sein kann«. Leider widerlegte der Kuss eben alles, was mein Verstand mir vorgaukeln wollte. Dazu war zu viel Tiefe und Ernsthaftigkeit dabei gewesen. Mit einem Mal wurde mir das ganze Ausmaß meiner Situation klar: Ich hatte den Bruder meines Freunds geküsst, und schlimmer, wir waren offensichtlich beide ineinander verliebt. Das nannte man wohl eine ausweglose Situation oder ein gutes Thema für eine gespielte Dokusoap im Nachmittagsprogramm. Die Art von Dokus, die mit »echten« Laienschauspielern direkt von der Straße weggecastet auf Pseudorealität gemacht die absurdesten Begebenheiten nachspielten. Was hatte ich mich bisher über diese Fälle amüsieren können, und plötzlich war ich mittendrin. Aus der Sache kam keiner von uns unbeschadet raus, einfach weil man sich ja in einer Familie schlecht aus dem Weg gehen konnte. Entweder blieb ich mit Jasper zusammen, sah aber immer Valentin und würde mich fragen, »was wäre, wenn«, oder aber ich kam mit Valentin zusammen, und wir würden ohne Familie in Verbannung leben, und unsere Kinder würden die Großeltern und den Onkel nie kennenlernen, oder wir müssten in der Stadt von Weitem auf Leute zeigen und sagen: »Schaut, Kinder, das sind eure Verwandten«.
    Oder aber ich trennte mich von Jasper und sah Valentin auch nicht wieder und hoffte einfach irgendwann zu vergessen.
    Nach einer Ewigkeit schlief ich ein und träumte wirres Zeug.

Kapitel 8
    Wo geht's hier bitte zum Schafott?
    Am nächsten Morgen kam mir die Begegnung der letzten Nacht unwirklich vor. Natürlich war es kein Traum gewesen, aber vielleicht war ich noch aufgeputscht vom Konzert gewesen und Valentin einfach einsam nach all der Zeit ohne Frau. Tja, wenn da nicht seine Worte gewesen wären und mein untrügliches Gefühl, dass ich ihn schon länger anziehend fand, die Tatsache aber einfach erfolgreich verdrängt hatte. Beim Blick auf Jasper, der mich freudestrahlend ansah und mir einen Kuss gab, zog sich alles in mir zusammen. Ich hatte mich selbst in eine unmögliche Situation bugsiert, quasi meine eigene Hölle kreiert, nur weil ich einen Moment lang schwach geworden war.
    Das legt sich schon wieder! Mach dich jetzt nicht

Weitere Kostenlose Bücher