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Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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war ich jetzt Single, in einen Mann verliebt, der für mich tabu war und der sich mit seiner Exfrau zusammenraufte, hatte eine operierte Hand, von der ich nicht wusste, wie sie heilen würde, und keinen Job. Juhu, das neue Jahr konnte kommen, schlechter konnte es nicht werden!

Kapitel 15
    Der Gang nach Canossa
    »Wer ist da bitte?«, hörte ich Professor Wiese durch die Sprechanlage ungläubig fragen, so als ob sie sich verhört habe.
    »Clara Herbst, darf ich reinkommen?«
    Die Antwort ließ auf sich warten, was ich gut verstehen konnte, schließlich wurde man nicht alle Tage so überrumpelt.
    »Na gut, zweiter Stock links.«
    Der Türöffner surrte.
    Am Ton von Professor Wieses Stimme konnte ich heraushören, wie pikiert sie war, aber ihre gute Erziehung ließ es nicht zu, jemanden einfach abzuweisen. Darauf hatte ich ehrlicherweise gesetzt. Nicht sehr fair, aber was blieb mir anderes übrig in den Semesterferien, wenn ich mit ihr sprechen wollte, bevor das Gremium tagte und sie sich ihre Meinung vorab gebildet oder - noch schlimmer - mit Amelie ausführlicher geredet hätte. Frau Professor Wiese wohnte standesgemäß in einer großzügigen Altbauwohnung im Lehel, die sehr elegant eingerichtet war. Alles in dieser Wohnung schrie geradezu: »Hier lebt eine gebildete Frau!« Der Flügel mit den Noten, die langen Regalwände mit schlauen Büchern, kunstvolle Gemälde an den Wänden und Fotografien vom Ballett, das alles passte perfekt zu Professor Wieses Erscheinungsbild, wie ich es kannte. Soweit ich wusste, lebte sie allein. Einen Mann gab es wohl vor langer Zeit, der aber bereits gestorben war, Professor Wiese selbst war kinderlos geblieben, stattdessen standen gerahmte Fotos ihrer Schüler in den Regalen. Auch Amelie konnte ich auf einem erkennen.
    »Möchten Sie etwas trinken? Tee, Kaffee?«, fragte sie pflichtbewusst als gute Gastgeberin, die sie zweifelsohne war.
    »Kann ich bitte ein Glas Wasser haben?« Das Letzte, was ich wollte, war, ihr Umstände zu bereiten oder gar den Besuch länger als nötig in die Länge zu ziehen.
    Professor Wiese, die ein elegantes blaues Hauskleid trug und ihre dunklen Haare zu einem stilvollen Dutt gebunden hatte, verschwand in die Küche und kam wenig später mit einem Silbertablett zurück, auf dem eine Wasserkaraffe mit Zitronenscheiben und zwei Gläser standen und ein kleiner Porzellanteller mit einer Keksauswahl, die man nur bei einer edlen Confiserie bekam. Ohne zu sprechen, schenkte sie erst mir und dann sich ein. Ihr Blick fiel fortwährend auf meine linke Hand, die noch im Verband steckte. Zeit, mein Anliegen vorzubringen.
    »Sie fragen sich bestimmt, weshalb ich so unangemeldet bei Ihnen hereinplatze, wofür ich mich entschuldigen möchte, aber ich wusste nicht, wie ich Sie sonst in den Semesterferien kontaktieren konnte.« Die Entschuldigung ließ ihren sichtbar verärgerten Ausdruck etwas glatter werden. »Weshalb ich da bin, können Sie sich denken, nehme ich an. Amelie hat Ihnen von meiner Operation berichtet, aber sie hat Ihnen bestimmt nicht erzählt, wie sie davon erfuhr und was meine Beweggründe waren, es nicht offen anzusprechen, was ein schrecklicher Fehler war, der mir furchtbar leidtut. Ich kann nicht mal sagen, dass er aus Versehen passierte, denn ich habe genau gewusst, dass es falsch war, es mir gut überlegt und es trotzdem verschwiegen, aus Angst, die Stelle dann nicht zu bekommen. Natürlich haben Sie jedes Recht, mich zu suspendieren, aber so kampflos und ohne mich zu erklären, will ich die Situation nicht stehen lassen.«
    Professor Wiese sah mich zwar immer noch argwöhnisch an, aber inzwischen blitzte ein Funke Neugierde auf. »Da bin ich aber mal gespannt!«, forderte sie mich zum Reden auf.
    Und so begann ich, nach und nach von meiner Situation im Waldhaus zu berichten, von Omi, Helene, die von meiner finanziellen Unterstützung abhingen, vom Waldhaus, von dem Erbe meiner Eltern und meinem Zuhause, das ich um jeden Preis versuchte zu erhalten, und dem Gefühl, endlich in München wieder zu Hause sein zu wollen, um für sie alle da zu sein und nicht nur immer von unterwegs nachzufragen, ob alles lief. Mir war klar, dass Professor Wiese nicht der Typ war, den man mit einer tränenreichen Geschichte beeindrucken konnte. Für sie rangierten Werte wie Disziplin, Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit an oberster Stelle. So sachlich wie möglich und ja nicht Mitleid heischend erklärte ich mein Umfeld und meine Verbindlichkeiten. Mir fiel auf, dass ich

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