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Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Sie bitte nicht über die Leopold fahren, die ist um diese Uhrzeit komplett verstopft!«, nervte ich den Taxifahrer, der etwas brummte wie »Dann fohrns hold selba!«, woraufhin ich ihm meinen geschienten Arm entgegenhielt und ein gepresstes »Witzig, sehr witzig!« entgegnete. Wo waren mein Charme, mein Esprit, meine Wirkung auf Männer geblieben? Kein Wunder, ich zog das Pech im Moment geradezu an, und auf einer Attraktivitätsskala fühlte ich mich selbst von Martina Navratilova überrundet. In harten Momenten, in denen man nicht mehr oben von unten unterscheiden kann, einem Scientology plötzlich als sympathischer Verein mit einleuchtenden Problemlösungen vorkommt, half mir normalerweise mein Galgenhumor, aber selbst der war mir abhandengekommen. Kommentare wie »Wenn du am Boden liegst, kann's nur nach oben gehen!«, rangen mir nicht mal ein müdes Lächeln, vor allem aber keine schlagfertige Antwort ab, was bedenklich war. Ich würde doch nicht Timm Thaler gleich mein Lachen verloren haben? Auf der Station kam mir Johanna entgegen, eine Kollegin von Helene. Wir nannten sie auch heimlich die heilige Johanna, weil sie stets selig lächelnd über die Flure schwebte, da einen Psalm und ein Gebet losließ, dort einem Patienten liebevoll über den Kopf streichelte, sodass wir uns sicher waren: Entweder bediente sich Johanna an allem, was das Krankenhaus an bewusstseinsverändernden Medikamenten zu bieten hatte, oder sie war einer dieser persönlichkeitsgestörten Todesengel, die sich als Gottes Vertreter auf Erden sahen, um das Leid Kranker zu beenden, und nachts heimlich Sauerstoff spritzten. Da Johanna unser Schicksal kannte, war sie zu mir besonders freundlich und mitfühlend, was nett gemeint war, aber manchmal doch zu weit ging.
    »Clara, Liebes, es tut mir so leid. Alles wird gut, ich habe bereits für eure Omi gebetet!«, sagte sie und zog einen Rosenkranz aus dem Schwesternkittel, den sie mir reichen wollte. Dankend lehnte ich ab und öffnete die Tür von Zimmer 204.
    Omi sah besser aus als erwartet, stellte ich erleichtert fest. Mit den Tränen kämpfend, umarmte ich sie. »Also, wenn du gedacht hast, du kannst dich um Weihnachten drücken und dir hier an Heiligabend lieber den Krankenhauschor anhören, während wir alle Gäste versorgen, hast du dich getäuscht! Wir bekommen dich schon wieder fit und raus zu Heiligabend!«
    Omi, der die Tränen ebenfalls in den Augen standen, musste leise lachen.
    »Weiber, immer nur Weiber und Tränen oder Klamotten!«, stieß Maxi, der es sich auf einem Besucherstuhl bequem gemacht hatte und mit seinem Nintendo spielte, unter einer Haarsträhne hervor. Auweia, die Pubertät in vollster Blüte. Helene hingegen war in ihrem Element. Sie kannte sich aus, besorgte Getränke, maß Fieber und checkte die Tabelle, wer wann was bei Omi gemacht hatte. Plötzlich ging die Tür auf, und der Chefarzt kam herein. Helene musste wirklich gute Verbindungen haben und einen guten Job machen, dass der Chefarzt sich jedes Mal um ihre Familienangehörigen kümmerte.
    »Hallo zusammen, ich wollte nach Ihnen schauen und Sie bei uns willkommen heißen. Ich hoffe, es gefällt Ihnen den Umständen entsprechend und Sie werden gut umsorgt.«
    Omi fühlte sich anscheinend geehrt und war ganz angetan, dass der Chef persönlich nach ihr sah und auch noch ihre Krankenakte studierte, obwohl sie eine gewöhnliche Kassenpatientin war. Kaum hatte ich das gedacht, fiel mir auf, dass Omi als Kassenpatientin ein Einzelzimmer hatte, was eher ungewöhnlich war. Chefarzt Weber sah sich ein paar Unterlagen durch und lächelte Omi an.
    »Ja, das ist zum Glück noch mal glimpflich verlaufen. Sie bleiben ein paar Tage zur Beobachtung hier, und danach schicken wir sie erst mal zwei Wochen in die Reha!«
    Omis Lächeln verschwand schlagartig und wandelte sich in ein ängstliches Atmen.
    »Das geht nicht, ich werde im Waldhaus gebraucht. Ich kann nicht ein paar Wochen ausfallen!«
    Was Omi auf keinen Fall brauchte, war Aufregung. Offensichtlich war die letzte Zeit schlichtweg zu viel für sie gewesen. Mit einem Schlag wurde mir klar, was ich tun musste.
    »Nichts da, du gehst mal schön in die Kur, Omi, und ich übernehme das Waldhaus. Mit meiner Hand kann ich so schnell sowieso nicht spielen, also kümmere ich mich!«
    Helene und Omi schauten mich gleichzeitig an.
    »Bist du sicher, dass du das kannst?«
    Ich fühlte mich in meiner Ehre zutiefst gekränkt! Ich war im Waldhaus geboren, aufgewachsen, hatte fast mein

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