Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
Vom Netzwerk:
melancholischer Melodie lauschte. Es waren Tränen der Erleichterung und Freude, denn die Musik, mein Flügel bedeuteten mir einfach alles im Leben. Erst jetzt merkte ich, wie groß die Angst gewesen war, nicht mehr richtig spielen zu können, und wie sehr ich das Spielen brauchte. Egal, wie es weiterging mit der Stelle am Konservatorium, ich hatte meine Gabe und die Technik nicht verloren. Ich würde weiterhin auf Konzertniveau spielen, das war die Absicherung meiner Zukunft, zumindest meiner näheren. Mir fielen Zeilen eines Gedichts ein, das mir meine Mutter in der Grundschule in mein Poesiealbum geschrieben hatte. »Was der Wind in den Sand geschrieben« hieß es und war von Hermann Hesse. Damals hatte ich nur verstanden, dass es um Musik ging, heute bekamen die Zeilen eine völlig neue Bedeutung:
    Nein, es scheint das innigst Schöne,
    Liebenswerte dem Verderben
    zugeneigt, stets nah am Sterben,
    und das Köstlichste: die Töne
    der Musik, die im Entstehen
    schon enteilen, schon vergehen,
    sind nur Wehen, Strömen, Jagen
    und umweht von leiser Trauer,
    denn auch nicht auf Herzschlags Dauer
    lassen sie sich halten, bannen;
    Ton um Ton, kaum angeschlagen,
    schwindet schon und rinnt von dannen.
    Völlig versunken spielte ich, bis ich spürte, dass es genug war für heute. Ich durfte meine linke Hand nicht gleich überfordern. Glücklich klappte ich den Flügel wieder zu. Ab Morgen würde ich jeden Abend üben und immer ein bisschen mehr.

Kapitel 22
    Das Tier, dein bester Freund und Helfer
    »Oh nee, Mine hat Pipi gemacht, ich glaub, sie hat Angst!«
    Nele versuchte, die alte Katze zu beruhigen, und kraulte sie unterm Kinn. Heute war Neles großer Tag im Tierheim. Der Tag der offenen Tür, dessen Höhepunkt die Veranstaltung »Tiere suchen ein Zuhause!« war, bei der Nele die Tiere auf die Bühne bringen durfte. Nele war es furchtbar wichtig gewesen, dass ich bei diesem Ereignis dabei war, schließlich kannte ich einige Tiere und das Tierheim von unseren gemeinsamen Besuchen. Als Verstärkung war Helene mit von der Partie, denn Jutta samt Mutter und Schwester hatten sich ebenfalls angekündigt sowie Valentin mit Ulrike und Georg. Wenn es Nele nicht so wichtig gewesen wäre, dass ich dabei sein sollte, wäre ich bestimmt nicht hingegangen. Wer steigt schon gern freiwillig in die Schlangengrube? Auf das Zusammentreffen freute ich mich ungefähr so sehr wie auf das monatliche Bikini-Waxing. Vor allem Juttas Mutter musste nach Valentins Erzählungen ein Quell der guten Laune und Freundlichkeit sein, selbst Jasper hatte schon einige Anekdoten zum Besten gegeben, die nichts Gutes verheißen ließen.
    »Kommt ihr mit zu Eddie?«, fragte Nele Helene und mich und ging stolz vor, um Helene ihren Pflegehund zu präsentieren, ich kannte Eddie ja zur Genüge von unseren Spaziergängen und Besuchen. Mine wurde zurück in ihren Käfig gesteckt, wo sie sich sofort in eine dunkle Ecke verzog. Ein paar Reihen weiter stand Eddies Zwinger. Sobald er Neles Stimme hörte, jaulte der kleine Rauhaardackel freudig und wedelte aufgeregt mit seinem Schwanz, der nur so gegen die Gitterstäbe klatschte. Nele öffnete das Türchen, Eddie flitzte wie ein Blitz heraus und sprang freudig abwechselnd an Nele und mir hoch und war ganz außer sich.
    »Na, der hängt aber an dir!«, sagte Helene und fragte mich leise, warum Nele den Hund denn nicht mit nach Hause nehmen dürfe, Platz sei doch schließlich genug auf dem Brauereigelände.
    »Valentin hat es erlaubt, aber dann kam Jutta zurück. Sie leidet unter einer schlimmen Hundeallergie ...«, flüsterte ich.
    Wie war das, wenn man vom Teufel sprach? Jutta inklusive ihrer Entourage kam um die Ecke und sah grauenvoll aus: geschwollene, rote Augen, eine laufende Nase, begleitet von Niesattacken. Sie konnte einem leidtun. Zumindest war ihre Tierallergie kein Vorwand, das war mehr als deutlich. Sie schien nicht mal mehr in der Lage, mich böse anzuschauen oder einen fiesen Kommentar abzulassen, was aber auch an ihrer Mutter liegen konnte, die mir auf Anhieb unsympathisch war. Sie war eine gepflegte und für ihr Alter gut aussehende Erscheinung, in jungen Jahren war sie bestimmt eine Schönheit gewesen, aber im Alter sieht man ja oft, wie jemand gelebt hat. Ihre Züge waren hart, um den Mund hatte sich ein verächtlicher Zug eingeprägt, und die Art, wie sie ihr Kinn hob und Augenkontakt mied, indem sie leicht nach oben sah, wirkte unzufrieden und arrogant. Keine Mutter Beimer, so viel stand fest, und

Weitere Kostenlose Bücher