Heute schon geträumt
noch kein Schimmelhäubchen wächst.
»Hmm«, brummt sie schläfrig.
An irgendeinem Punkt in den letzten Minuten ist sie von der ausgelassenen, feierwütigen Schnapsdrossel zur sabbernden, vollständig bekleidet schlafenden Schnapsdrossel geworden.
»Vielleicht solltest du auch etwas essen«, fahre ich fort.
»Hmmm.«
Vorsichtig öffne ich ein paar Schränke. In meiner eigenen Küche finden sich, säuberlich sortiert, Bio-Pasta aus Vollkornhartweizen, Gläser mit getrockneten Tomaten, eine Flasche kalt gepresstes Olivenöl …
Ein Becher Instantnudeln.
Ich starre ihn ausdruckslos an. Das ist alles?
Ich krame ein bisschen herum. Es muss doch noch irgendetwas anderes geben. Oh Moment, da ist etwas. Eine Flasche Ketchup, deren Rand völlig verklebt und eingetrocknet ist und die bestenfalls einen Fingerhut voll Ketchup enthält, und das auch nur, wenn man die Flasche auf den Kopf stellt.
Trotzdem muss sie etwas essen. Ich nehme den Plastiktopf heraus und ziehe den Aludeckel ab. Hmm. Sehr nahrhaft, denke ich beim Anblick des gefriergetrockneten Häufleins. Ich will lieber gar nicht wissen, wie viele »E«s und sonstige Zusätze das Zeug enthält.
Der Kessel pfeift. Ich gieße das Wasser bis zur vorgeschriebenen Markierung, ehe ich mich dem Kaffee zuwende. Aus dem Nescafé-Glas kratze ich die letzten Reste heraus und gehe zum Kühlschrank hinüber. Offen gestanden graut mir ein wenig davor, was ich dort vorfinden werde.
Und mit gutem Grund.
Ich wappne mich innerlich und öffne die Tür, um einer Eisschicht gegenüberzustehen, die dicker ist als die in der Antarktis. Jeder, der sich Sorgen um die Polarkappenschmelze macht, würde durch diesen Anblick wieder zuversichtlich gestimmt. »Abtauen« ist wohl ein Wort, das in meinem Sprachschatz keinen Platz hatte.
Ebenso wenig Begriffe wie »Obst« oder »Gemüse«, denn das Einzige, was mich in meinem Kühlschrankfach, dem obersten, erwartet, ist ein halb leeres Glas Bolognese-Sauce, zwei Ecken Schmelzkäse und ein undefinierbares vertrocknetes Etwas, bei dem es sich um so gut wie alles handeln kann.
Und davon habe ich gelebt? Es erstaunt mich, dass ich keinen Skorbut oder sonst etwas Derartiges bekommen habe.
Ich denke wieder an meine Liste und füge im Geiste einen weiteren Punkt hinzu.
17. Achte auf eine gesunde Ernährung.
»Du solltest wirklich versuchen, dich ausgewogen zu ernähren«, sage ich zu Lottie, als mein Blick auf eine halb zerknautschte Tüte Milch in den Tiefen des Kühlschranks fällt. »Du solltest deine fünf Obst- und Gemüseportionen am Tag essen, um deinen Cholesterinspiegel und das Darmkrebsrisiko zu senken.« Ich sehe zu Lottie hinüber, doch sie hängt leise schnarchend über dem Küchentisch.
Ich gebe es auf - zumindest für den Augenblick - und wende mich wieder dem Kaffee zu. Ich halte meine Nase über die Öffnung der Milchtüte. Iiiihhh. Sauer. Nicht nur das. Mittlerweile ist sie zu einer bröckeligen Masse vertrocknet.
Eilig stelle ich die Tüte in den Kühlschrank zurück. (Eigentlich würde ich sie am liebsten wegkippen, aber das Spülbecken quillt ohnehin über.) Also wird sie den Kaffee eben so trinken müssen. Besser als gar nichts.
»Hier.«
Ich stelle den Kaffee und die Nudeln vor ihr auf den Tisch, aber sie rührt sich nicht. Sie ist völlig hinüber. Ich schüttle sie leicht, worauf sie wieder zu sich kommt und blinzelnd ins Licht blickt. Einen Moment lang sieht sie sich benommen um, dann greift sie nach der Kaffeetasse. »Hmm, danke.« Sie nimmt einen großen Schluck, gefolgt von einem Löffel Nudeln. »Lecker.« Sie strahlt mich an. »Willst du auch was?«
»Nein, danke«, wehre ich eilig ab. »Ich habe keinen Hunger.«
»Auch gut. Dann bleibt mehr für mich.« Grinsend schiebt sie sich den nächsten Löffel in den Mund.
Das Zeug scheint wahre Wunder zu wirken, denn nach ein paar Minuten ist sie so weit wiederhergestellt, dass sie aufstehen und die Treppe hinauf in ihr Zimmer gehen kann. Ich folge ihr, teils aus Neugier, teils weil ich nicht will, dass sie ausrutscht und die Treppe hinunterfällt. Ich stütze sie, als sie auf dem oberen Treppenabsatz gefährlich ins Schwanken gerät. Puh, das war knapp.
»Tja, da wären wir.« In der einen Hand die Nudeln, in der anderen den Kaffeebecher, stößt sie mit der Hüfte die Tür auf, hinter der uns der hell erleuchtete Raum begrüßt. Energiesparen war damals offenbar auch nicht so mein Ding. Ebenso wenig wie der Drang, Kleider vom Boden aufzuheben.
Ich folge ihr
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