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Heute schon geträumt

Heute schon geträumt

Titel: Heute schon geträumt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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festzustellen, dass das heiße Wasser aufgebraucht ist. Oder mitten in der Nacht dringend auf die Toilette zu müssen und festzustellen, dass sie bereits besetzt ist. Zu lauschen, bis die Tür aufgeht, weil man sich auf ein ausgiebiges heißes Entspannungsbad freut, und dann zu hören, wie einer der Jungs über das schwerverdauliche Curry jammert und stundenlang das Bad blockiert …
    »Entschuldigung, wo waren wir gerade?«, fragt Lottie, als sie zurückkommt.
    Erstaunt sehe ich sie an. Ich hatte erwartet, dass sie eine Ewigkeit brauchen würde, um sich abzuschminken und Nachtcremes aufzutragen, sich die Zähne zu putzen und mit Zahnseide zu reinigen. »Oh, war das Bad schon besetzt?«, erkundige ich mich mitfühlend.
    »Nein.« Lächelnd lässt sie sich auf ihren Futon plumpsen. »Fertig.«
    Fertig?
    Was will sie damit sagen?, frage ich mich verblüfft. Wie kann sie in gefühlten zehn Sekunden fertig sein? Mein abendliches Ritual vorhin hat eine gute Dreiviertelstunde gedauert.
    Dann sehe ich, dass sie nicht abgeschminkt ist.
    Noch nicht, sagt eine leise Stimme in mir. Bestimmt wird sie es gleich tun. Jede Frau weiß doch, dass sich die Haut über Nacht regeneriert und blitzsauber sein muss, um die in den Cremes, mit denen man sich vollgekleistert hat, enthaltenen Nährstoffe auch aufnehmen zu können.
    Oder?, sinniere ich mit einem Anflug von Besorgnis.
    »Schminkst du dich denn nicht ab?«, frage ich beiläufig.
    »Nö. Keine Lust.« Sie gähnt und reibt sich die Augen, so  dass die Wimperntusche schwarze Schlieren auf ihren Wangen hinterlässt.
    Erschaudernd schiebe ich den Gedanken an meine arme Haut beiseite und füge im Geiste einen weiteren Punkt zu meiner Liste hinzu.
    18. Immer sorgfältig abschminken
    Apropos Liste …
    »Du solltest dir überlegen, dir eine Immobilie zu kaufen, statt zur Miete zu wohnen«, sage ich. »Damit hättest du auch ein Badezimmer für dich.«
    »Klar, sonst noch was?« Sie lacht, als hätte ich den Witz des Jahrhunderts gerissen. »Wovon denn?«
    »Von deinen Ersparnissen.« Ich bücke mich und hebe ein feuchtes Handtuch auf, das mir schon die ganze Zeit ein Dorn im Auge ist. Ich lege es zusammen und über die Stuhllehne.
    »Ich habe aber keine Ersparnisse«, erklärt sie. »Abgesehen von meinem Disporahmen auf dem Konto.« Sie hält einen Moment inne. »Ehrlich gesagt habe ich einen Überziehungsrahmen von 300 Pfund, der bis auf sechzig Pfund ausgeschöpft ist … zählt das als Ersparnisse?«
    »Nein, tut es nicht«, erwidere ich eilig und komme mir ein bisschen so vor, wie Miles sich fühlen muss, wenn ich seinen Ausführungen über Investmentfonds nicht ganz folgen kann. Aber ihre Logik leuchtet mir durchaus ein. In gewisser Weise. »Aber du solltest dir ein Sparbuch zulegen.« Ich pflücke ein zweites Handtuch vom Boden. »Du brauchst ja nicht viel einzuzahlen, nur ein paar Pfund im Monat. Im Lauf der Zeit kommt dann so einiges zusammen.« Nachdem ich mit den Handtüchern fertig bin, mache ich mich an den Rest. »Ich an deiner Stelle«, fahre ich fort, »würde eine Zusatzpension abschließen, oder Aktien kaufen.« Ich beginne,  Kleider auf Bügel zu hängen, während ich im Geiste meine Liste durchgehe. »Ein kleiner Insidertipp. Wenn du kannst, kauf dir Aktien einer Firma namens Google.« Ich überlege bereits, wie ich meine Millionen ausgebe. Zuerst würde ich meinen Eltern und meinen Freunden einen hübschen Batzen geben. In diesem Moment fällt mir Vanessas Ratschlag wieder ein. »Oh, und bevor ich es vergesse - trainiere deine Beckenbodenmuskulatur.«
    Ich bemerke, dass Lottie nicht antwortet, und drehe mich zu ihr um. »Keine Sorge, das ist nicht sonderlich schwer.«
    Mein jüngeres Ich schläft tief und fest.
    Ungläubig blicke ich auf die schlafende Gestalt hinab.
    Keine Soundmaschine. Kein Luftbefeuchter. Keine Aromatherapiemaske. Keine Beißspange. Keine tiefschwarzen Rollos. Und das Licht brennt ebenfalls noch. Damals hatte ich offenbar keine Schlafprobleme, registriere ich mit einem Anflug von Neid.
    Sanft breite ich die indische Tagesdecke über sie, worauf sie ein schläfriges Murmeln von sich gibt und sich umdreht. Ich halte inne, sehe ihr einen Moment lang zu, dann wende ich mich zum Gehen. Mein Blick schweift ein letztes Mal über den Raum, bleibt an dem unvollendeten Roman hängen.
    Der nie vollendet werden wird, denke ich traurig. Denn ich habe mich von meinem großen Traum verabschiedet.
    Ich weiß nicht, wie lange ich dort gestanden und über das

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