Heute und für immer: Roman (German Edition)
mal nachsehen, was François uns Gutes mitgegeben hat?«
3
Die Tage des immer währenden Sommers von Palm Springs waren grün und golden, der Himmel wolkenlos, die Wüstenluft trocken und warm. Diese unabänderliche Eintönigkeit begann Kasey allmählich aufs Gemüt zu schlagen. Gleich bleibende Abläufe waren ein Bestandteil des Lebens, gegen den sie schon immer rebelliert hatte. Auch im Taylorschen Haushalt lief alles glatt und routinemäßig ab. Viel zu glatt. Wenn Kasey etwas nervös machte, dann war es perfekte Organisation. Mensch zu sein bedeutete für sie auch, Unregelmäßigkeiten einzukalkulieren, Fehler zu machen. Fehler konnte Kasey akzeptieren und begreifen. Fehler waren jedoch im Haus der Taylors die ganz große Ausnahme.
Kasey arbeitete täglich mit Jordan, und obgleich ihr bewusst war, dass ihn ihre unorganisierte Arbeitsweise frustrierte, war sie zuversichtlich, dass er an ihren Informationen nichts auszusetzen fand. Jordan war ein ausgesprochen disziplinierter Schriftsteller und ein anspruchsvoller, genauer Mensch. Er war in der Lage, sich aus der Flut von Fakten und Theorien, mit der sie ihn versorgte, exakt die Informationen herauszupicken, die ihm wichtig erschienen. Und Kasey, eine strenge Kritikerin, konnte nicht umhin, seinen scharfen Verstand anzuerkennen und zu bewundern. Es fiel ihr leichter, sich mit seiner Intelligenz und
seinem Talent auseinander zu setzen als mit ihm als Mensch – genauer gesagt als Mann, der sie gleichzeitig anzog und verunsicherte. An solch eine Art von Verunsicherung war Kasey nicht gewöhnt.
Sie war sich keineswegs sicher, ob sie ihn wirklich mochte. Sie waren sehr unterschiedlich. Er war pragmatisch, sie eher redselig. Er war zurückhaltend, sie freimütig und offen. Er war ein Kopfmensch, sie ein Gefühlsmensch. Beide hatten sie jedoch für gewöhnlich ihre Gefühle unter Kontrolle. Und deshalb ärgerte sich Kasey, dass sie nicht fähig war, ihre Empfindungen für Jordan zu beherrschen.
Kasey hatte immer geglaubt, dass der Mann, auf den sie sich einmal ernsthaft einlassen würde, genau den Vorstellungen entsprechen würde, die sie sich von einem dauerhaften Partner machte – selbstbewusst, intelligent und mit einem Maß an Gefühl ausgestattet, mit dem sie leicht umgehen konnte. Gegenseitiges Verständnis war ihr ebenfalls sehr wichtig. Doch Jordan, da war sie sich sicher, verstand sie ebenso wenig wie sie ihn. Ihre Art zu leben war absolut gegensätzlich. Dennoch machte sie sich weiterhin Gedanken über ihn, beobachtete ihn, stellte sich Fragen.
Als sie in seinem Arbeitszimmer den Entwurf eines neuen Kapitels seines Romans durchlas, stellte sie fest, dass sich zumindest auf dieser Ebene eine stabile Partnerschaft zwischen ihnen entwickelte. Er griff die Gefühle auf, die sie ihm zu vermitteln versuchte, und vermischte sie mit nüchternen Fakten und Daten. Ein Beweis dafür, dass sie nützlich war.
Kasey legte die einzelnen Manuskriptseiten in den Schoß und sah zu Jordan hinüber. »Das ist ausgezeichnet, Jordan!«
Jordan hörte auf zu tippen und sah sie an, eine Braue fragend erhoben. »Du klingst überrascht.«
»Erfreut«, korrigierte sie. »So viel Einfühlungsvermögen hätte ich dir gar nicht zugetraut.«
»Tatsächlich nicht?« Ihre Bemerkung schien ihn zu interessieren, denn er lehnte sich zurück und musterte sie eindringlich.
Sein Blick machte sie unruhig. Sie fürchtete, dass Jordan im Stande war, ihre Gedanken zu lesen. Und das behagte ihr nicht. Sie stand auf und schlenderte ans Fenster.
»Ich vermute, du möchtest dich eingehender mit den beiden Subkulturen der Prärie-Indianer beschäftigen. Die Stämme im östlichen Flachland, die zum Teil Ackerbau betrieben, lebten in Dörfern, und ihre Kultur ähnelte der östlichen und süd-östlichen …«
»Kasey.«
»Ja, was ist denn?« Sie steckte die Hände in die Hosentaschen und drehte sich um.
»Bist du nervös?«
»Unsinn. Warum sollte ich?« Kasey reckte den Hals und sah sich suchend nach ihren Zigaretten um.
»Nur so. Wenn du nervös bist, gehst du immer ans Fenster oder« – er machte eine Pause und hob die Zigarettenpackung hoch – »suchst deine Zigaretten.«
»Ich bin ans Fenster gegangen, um hinauszusehen«, gab sie irritiert zurück. Dann streckte sie die Hand nach der Schachtel aus, doch Jordan legte sie auf den Schreibtisch zurück und stand auf.
»Wenn du nervös bist«, fuhr er fort, während er langsam auf sie zuschlenderte, »kannst du nicht stillhalten. Etwas
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