Heute und für immer: Roman (German Edition)
aus Scheu und Zuneigung an. Kasey beugte sich spontan hinab und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. »Alison«, sagte sie und musterte kritisch den blauen Hosenanzug aus gestärktem Leinen. »Magst du diesen Anzug?«
Alison sah an sich hinunter und erwiderte stotternd: »Ich … Ich weiß nicht.«
»Hast du keine alten Schmuddelklamotten?«
»Schmuddelklamotten?«, wiederholte Alison zögernd.
»Du weißt schon – alte Jeans, irgendwas mit einem Loch oder einem dicken Schokoladenfleck.«
»Nein. Ich glaube nicht.«
»Macht nichts.« Kasey grinste sie an und legte das Buch beiseite. »Bei den vielen Sachen, die du besitzt, wird es nicht auffallen, wenn eine Garnitur fehlt. Komm mit.« Sie stand auf, nahm Alison an der Hand und zog sie zu der Tür, die hinaus in den Patio führte.
»Wo gehen wir hin?«
Kasey sah das Mädchen an. »Wir gehen zum Gärtner, borgen uns einen Gartenschlauch und machen Schlammfiguren. Ich möchte sehen, ob du dich schmutzig machen kannst.«
»Schlammfiguren?«, wiederholte Alison verwundert. Sie betraten den Garten.
»Nimm es als eine Art Kunst-Projekt«, schlug Kasey vor. »Wie in der Schule.«
»Ich weiß nicht, ob Haverson uns einen Gartenschlauch gibt«, gab Alison zu bedenken.
»Ach, nein?«, grinste Kasey kampfeslustig. Sie hatte den Gärtner im hinteren Teil des Parks entdeckt.
»Guten Tag, Miss.« Haverson tippte zwei Finger an seine Kappe und ließ kurz seine Heckenschere sinken.
»Hallo, Mr. Haverson«, grüßte Kasey und setzte ein gewinnendes Lächeln auf. »Ich wollte Ihnen schon lange sagen, wie sehr ich Ihren Garten bewundere. Besonders die Azaleen.« Sie strich vorsichtig über eine der trichterförmigen Blüten. »Sagen Sie, mischen Sie Eichenlaub unter den Mulch?«
Eine Viertelstunde später verfügte Kasey über einen Gartenschlauch und knetete hinter einem Rhododendronbusch eifrig einen Klumpen Erde.
»Woher weißt du das alles?«, fragte Alison.
»Was alles?«
»Na, das mit den Blumen zum Beispiel. Du bist doch Anthropologin.«
»Glaubst du, ein Klempner kennt sich nur mit Wasserhähnen und verstopften Abflüssen aus?« Kasey lächelte, heimlich amüsiert über die konzentrierte Miene des Mädchens. »Bildung ist etwas Großartiges, Alison. Es gibt nichts, was du nicht lernen kannst, wenn du es willst.« Sie kniete sich auf den Boden. »Was möchtest du denn gern jetzt bauen?«
Alison ging umständlich neben ihr in die Hocke und bohrte ganz vorsichtig einen Finger in den braunen Klumpen. »Ich weiß nicht, wie man das macht.«
»Das Zeug ist nicht giftig, Alison«, lachte Kasey und versenkte beide Hände in dem weichen Erdklumpen. »Weißt du, ich glaube, wir machen eine Büste von Jordan.« Im selben Moment ärgerte sie sich, dass ihr Jordan schon wieder durch den Kopf gespukt war. »Er hat ein interessantes Gesicht, findest du nicht auch?«
»Möglich. Aber er ist schon ziemlich alt.« Immer noch sehr vorsichtig begann Alison den Klumpen zu einem Kegel zu formen.
»Oh«, machte Kasey und runzelte die Stirn. »Er ist nur ein paar Jahre älter als ich, und ich bin doch fast noch ein Teenager!«
»Du bist wirklich noch nicht alt, Kasey.« Alison sah zu ihr auf. Ihr Blick war plötzlich intensiv. »Du bist noch nicht alt genug, um meine Mutter zu sein, oder?«
In diesem Augenblick verliebte sich Kasey in das Mädchen. Sie erkannte, dass sie von dem Kind gebraucht wurde. »Nein, Alison, ich bin nicht alt genug, um deine Mutter zu sein«, sagte sie mit leiser, verständnisvoller Stimme. Und als das Mädchen den Blick wieder senkte, hob Kasey sein Kinn mit einem Finger an. »Aber alt genug, um deine Freundin zu sein. Ich hätte dich gern zur Freundin.«
»Wirklich?«
Das Kind bettelte ja förmlich um Zuwendung! Wütend auf Jordan, nahm Kasey Alisons Gesicht in beide Hände. »Ja, wirklich.« Erfreut stellte sie fest, dass das Mädchen zu lächeln begann.
»Zeigst du mir, wie man einen Hund macht?«, bat Alison und steckte tapfer die Hände in den Schlamm.
Als sie eine Stunde später zum Haus zurückspazierten, kicherten sie wie zwei enge Freundinnen. Jede trug ihre schlammverklebten Schuhe in der Hand. Kaseys Kopf war klarer als all die Tage zuvor. Ich brauche sie genauso, wie sie mich braucht, dachte sie und sah Alison an. Dann blieb sie stehen, lachte und hob das verschmierte Gesicht des Mädchens an.
»Du bist wunderschön«, sagte Kasey und drückte Alison einen Kuss auf die Nasenspitze. »Aber deine Großmutter wird wahrscheinlich
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