Heute und für immer: Roman (German Edition)
kürzer zu treten.
Er dachte darüber nach, sich einen Mitarbeiter zu suchen, einen jungen Arzt mit Enthusiasmus und neuen Ideen. Dr. Brennan war neuen Ideen gegenüber immer aufgeschlossen. Er lächelte versonnen und betrachtete die untergehende Sonne. Zu schade, dass Kasey nicht Medizin studiert hatte. Sie wäre eine gute Ärztin geworden, ein Segen für alle Patienten.
Die Sonne warf ihre rot glühenden Strahlen durch die Baumwipfel auf seinen Berg. Er war sehr stolz auf sein kleines Stück Land. Es war sein Berg. Sein Sonnenuntergang. So sah er es, wenn er allein vor seinem Haus saß. Es war ein gutes Gefühl und hielt ihn am Leben.
Er machte die Fahrertür auf und nahm die Tüte mit selbst gebackenem Brot und hausgemachter Marmelade vom Beifahrersitz, die Mrs. Oates ihm in die Hand gedrückt hatte, nachdem er die Windpocken ihres kleines Sohnes behandelt hatte. Es war sein Honorar gewesen, und das würde er jetzt mit einer Tasse Kaffee genießen. Und sich anschließend vielleicht ein Glas von dem selbst gebrannten Whiskey genehmigen, den Mr. Oates ihm beim Hinausgehen
heimlich zugesteckt hatte. Oates brannte den besten Whiskey weit und breit.
Dr. Brennans Haustür war nie verschlossen. Er stieß die Tür mit dem Fuß auf und biss noch im Gehen ein Stück von dem herrlich duftenden Brot ab.
»Hallo, Pop.«
Er fuhr zusammen und starrte die Frau an, die an seinem Küchentisch saß. Kasey! Er freute sich riesig, sie zu sehen und war gleichzeitig überrascht, dass sie nicht aufgesprungen war, sich in seine Arme geworfen und ihm einen schmatzenden Kuss auf die Wange gedrückt hatte. So pflegte sie ihn nämlich immer zu begrüßen, ob sie sich nur einen Tag nicht gesehen hatten oder ein ganzes Jahr. »Ich dachte, du bist noch in Tennessee.«
»Nein, nicht mehr.« Sie lächelte ihn an und warf dann einen Blick auf die Tüte. »Riecht nach frischem Brot. Dein Honorar?«
»Von Mrs. Oates«, antwortete er und stellte die Tüte auf den Tisch.
»Ah«, erwiderte Kasey lächelnd. »Dann hat dir Mr. Oates gewiss auch noch etwas zur Stärkung der Lebensgeister zugesteckt, nehme ich an. Was macht dein Magen?«
»Ein Glas oder zwei verträgt er schon.«
Kasey legte ihre Hand auf die seine. »Wie geht es dir, Pop?«
»Gut, Kasey.« Er musterte ihr Gesicht mit einer Mischung aus Zärtlichkeit und Scharfblick. Irgendetwas stimmte nicht mit seiner Enkelin. Er drückte ihre Hand. Sie würde es ihm schon anvertrauen, wenn die Zeit dazu gekommen war. Er kannte sie lange genug, um sich dessen sicher zu sein. »Und du? Was hast du so getrieben? Dein letzter Brief ist schon fast einen Monat alt.«
»Nicht allzu viel.« Sie zuckte beiläufig die Achseln. »Ich
war ein paar Wochen in Montana. Dort habe ich einen tollen Mantel für dich erstanden, in dem kannst du getrost den Nordpol durchqueren. Anschließend war ich für eine Weile beim Phiefer-Team in Utah. Molly Phiefer ist noch immer so hart im Nehmen wie eh und je. Sie hat im Camp ihren achtundsechzigsten Geburtstag gefeiert. Anschließend habe ich eine zweiteilige Vorlesungsreihe in St. Paul absolviert und in Tennessee Forellen gefischt. Und ich habe das Rauchen aufgegeben.« Ihre Augen verdunkelten sich. Sie holte tief Luft. »Pop … ich bin schwanger.«
»Schwanger?« Dr. Brennan riss die Augen auf. »Was meinst du mit schwanger?«
»Pop!« Kasey griff nach seiner Hand. »Du bist doch Arzt. Du weißt genau, was ich damit meine.«
»Kasey …« Dr. Brennan hielt es für besser, sich hinzusetzen. »Wie ist das passiert?«
»Auf ganz natürliche Art und Weise«, gab Kasey zurück und versuchte ein Lächeln. »Selbst auf moderne Verhütungsmethoden ist nicht immer Verlass«, fügte sie hinzu, um die unvermeidliche Frage gleich mit zu beantworten.
Er verzichtete einstweilen auf einen Kommentar. »Wie weit bist du schon?«
»Welches Datum ist heute?«
Er kannte ihr Verhältnis zur Zeit. »Der siebzehnte Mai.«
»Vier Monate und siebzehn Tage.«
»Sehr präzise«, stellte er fest und nickte.
»Ich bin ganz sicher.« Sie verschränkte die Finger, löste sie und verschränkte sie wieder.
Um ihre Nervosität zu überspielen, nahm er einen professionellen Tonfall an. »Bist du schon beim Gynäkologen gewesen? Hast du irgendwelche Beschwerden? Begleiterscheinungen?«
»Ja, ich war beim Gynäkologen.« Sie lächelte wieder, beruhigt durch seine gezielten Fragen. »Und nein, ich habe keine Beschwerden. Nach einem Monat morgendlicher Übelkeit leide ich auch unter
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