Hex Hall 01 - Hawkins, R: Hex Hall 01
das wohl ein sarkastisches Lachen sein sollte, aber in Wahrheit kämpfte sie eindeutig mit den Tränen.
»Klar, denn ich bin ein Monster, das sich nicht beherrschen kann und sogar seine … seine beste Freundin frisst.« Ihre Mundwinkel hatten ein wenig zu zittern begonnen. »Sie sind es, die auf das richtig dunkle Zeug abfahren, aber ich bin das Monster«, fuhr sie fort.
»Was meinst du damit?«
Sie sah mich kurz an, bevor sie sich wieder abwandte. »Ich weiß nicht«, murmelte sie. »Bloß so Sachen, von denen Holly gesprochen hat. Irgendeine Art von Hexerei, die sie ausprobiert haben, um mehr Macht zu bekommen oder so was.«
Ich dachte daran, wie sie über den Teppich geschwebt waren und ihre Haut in Flammen gestanden hatte. Was immer das für Sachen gewesen sein mochten, die sie ausprobiert hatten, sie funktionierten offenbar.
Jenna schniefte. Sie tat mir leid, aber ich musste dauernd an diesen Ausdruck denken, den ich vorhin bei ihr gesehen hatte.
Das war Hunger gewesen.
Ich schob den Gedanken beiseite und trat etwas näher an sie heran. »Pfeif auf die.« Nur dass ich nicht pfeif sagte. Es gibt Zeiten, da helfen nur richtig starke Schimpfwörter, und das war jetzt so ein Moment. Jenna starrte mich groß an, und dann fiel ihr sichtlich ein Stein vom Herzen. »Verdammt richtig«, pflichtete sie mir mit einem so entschiedenen Nicken bei, dass wir kichern mussten.
Auf dem Weg zum Speisesaal sah ich sie von der Seite an. Sie plapperte jetzt darüber, wie oberlecker der Pekannusskuchen sei. Ich dachte an die drei Mädchen und wie unrecht sie hatten; nie würde Jenna jemandem etwas zuleide tun.
Doch selbst während ich noch über ihre verzückte Beschreibung des Kuchens lachte, lief mir ein kleiner Schauer über den Rücken, und ich musste an ihre Augen denken, als sie sah, wie mein Blut auf den Teppich tropfte.
6
Der Speisesaal machte einen äußerst bizarren Eindruck. Nachdem ich gehört hatte, er sei ein zweckentfremdeter Ballsaal, hatte ich etwas Elegantes erwartet: Kristallkronleuchter, glänzendes, dunkles Parkett, eine Spiegelwand … einen Märchenballsaal mit allem Drum und Dran.
Stattdessen schien er ebenso verfallen wie der Rest des Hauses. Sicher, es gab Kronleuchter, aber sie waren mit etwas verhüllt, das wie große Mülltüten aussah. Und es gab auch eine Spiegelwand, aber die war vom Boden bis zur Decke mit großen Leinwandbahnen verhängt.
Der Saal stellte ein Durcheinander von Tischen aller Größen und Formen dar, die man in den gewaltigen Raum geschoben hatte. Ein riesiger, ovaler Eichentisch stand direkt neben einem Tisch aus Resopal und Stahl, der aussah, als hätte man ihn aus einer Imbissbude geklaut. Ich glaubte sogar, einen Picknicktisch zu entdecken. Wurde diese Schule nicht von Hexen geführt? Gab es denn keinen Einrichtungszauber oder so was Ähnliches?
Aber dann fiel mein Blick auf die lange, niedrige Tafel, auf der all das Essen stand: große, randvolle Silberschalen mit Krabben, dampfende Pfannen mit gebratenem Huhn, Schüsseln voll klebriger Makkaroni mit Käse.
Ich gaffte den turmartigen Schokoladenkuchen an, der es leicht auf einen Meter brachte und mit einer dunklen, cremigen Glasur überzogen und mit dicken, roten Erdbeeren bestückt war.
»So ein Festmahl gibt es nur am ersten Abend«, warnte mich Jenna gleich.
Nachdem ich mir einen Teller vollgeladen hatte, hielten Jenna und ich Ausschau nach einem Sitzplatz. Ich sah Elodie, Chaston und Anna an einem Glastisch am Ende des Saales sitzen, weshalb ich sofort nach einem Tisch suchte, der so weit entfernt von ihnen stand wie nur möglich. An fast jedem Tisch waren noch einige Plätze frei, und ich hörte meine Mom sagen: »Also, Sophie, gib dir bitte Mühe, neue Leute kennenzulernen.«
Aber Mom war jetzt nicht hier, und ich merkte, dass auch Jenna nicht der Sinn nach Gesellschaft stand. Dann entdeckte ich einen kleinen, weißen Tisch in der Nähe der Türen und machte sie darauf aufmerksam.
Der Tisch sah aus, als wäre er einst für die Puppen-Teegesellschaft eines kleinen Mädchens benutzt worden, aber es war der einzige Zweiertisch, und in der Not – Teufel, Fliegen, ihr wisst schon.
Ich setzte mich auf einen der kleinen, weißen Stühle und stieß mit dem Knie gegen die Tischkante, worauf Jenna prustend lachte.
Während ich das köstliche Essen auf meinem Teller verschlang, fragte ich Jenna über verschiedene Leute im Speisesaal aus. Bei dem riesigen Ebenholztisch, der an der Stirnseite auf einem Podest
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