Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
denn irgendeine Möglichkeit herauszufinden, ob Nick und Daisy jemals in Hecate waren? Vermutlich hatten sie damals andere Namen, sonst würdest du dich ja bestimmt an sie erinnern.«
Keine Ahnung, warum ich mich an die Hoffnung klammerte, dass Dad tatsächlich so etwas sagen würde wie: »Aber ja, lass mich nur eben die Einschreibungsliste aus der 9000er-Datenbank durchgehen.« Diese Listen waren wahrscheinlich noch mit Federkielen auf Pergament geschrieben worden. Und trotzdem war ich enttäuscht, als Dad den Kopf schüttelte und sagte: »Nein, diese Unterlagen verwahrt Anastasia. Und wenn das tatsächlich wahr ist, was du von Annas und Chastons Eltern erzählt hast, dann hätten Nicks und Daisys Familien sie ohnehin nicht als vermisst gemeldet.«
In Dads Züge trat wieder dieser entrückte Ausdruck, der besagte, dass er gerade im Begriff war, sich auf die Suche nach richtig alten Büchern und kryptischen Passagen zu machen. Und tatsächlich, schon stand er von seinem Schreibtisch auf und ging zu seinem Bücherregal.
Er nahm einen dieser riesigen Lederbände heraus, die er so gern mochte, und blätterte ihn durch. Also kam ich zu dem Schluss, dass ich wohl entlassen war. Sollte mir recht sein. Ich drückte mich aus dem Sessel und schlurfte zur Tür.
Doch als ich gerade den Knauf umdrehen wollte, da sagte Dad: »Sophia.«
»Ja?«
Ich warf ihm einen fragenden Blick zu, und er sprach weiter: »Ich bin sehr stolz auf das, was du getan hast. Ich habe zwar keine Vorstellung davon, wie die weitreichenden Konsequenzen deines Tuns aussehen mögen, aber …«
Abwehrend hob ich die Hand. »Für den Augenblick belassen wir es einfach bei deinem Stolz, okay, Dad?«
Vor allem, da sich von diesem Stolz wahrscheinlich eine ganze Menge in Luft auflösen würde, sobald er von Archer erfuhr, dachte ich, und eine tiefe Traurigkeit versetzte mir einen Stich.
Er lächelte. »Also schön. Gute Nacht.«
»Nacht, Dad.«
Ich ging zurück in die Eingangshalle, die ausnahmsweise mal richtig verlassen wirkte – abgesehen von den beiden Vampirwachen, die dort postiert waren. Das ganze Haus kam mir sehr still vor, als ich die gewaltige Treppe hinunterging. Ein Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass es mittlerweile fast elf war. In weniger als einer Stunde wollte ich mich schon mit Archer treffen, und ich hatte keine Ahnung, was ich zu ihm sagen sollte, wenn …
»Sophie?«
Ich warf einen Blick über meine Schulter und sah Daisy oben an der Treppe stehen, direkt unter dem Marmorbogen. Irgendetwas an ihrer Haltung war komisch – sie hatte ihre Hände an den Seiten zu Fäusten geballt und hielt den Kopf leicht nach rechts geneigt. Ihre Miene aber wirkte ausdruckslos. In meinem Kopf gingen sofort alle Alarmglocken an, doch ich begrüßte sie mit einem halbherzigen Winken. »Da bist du ja«, sagte ich, während ich bereits zurückwich. »Wir haben euch nicht mehr gesehen, seit …«
Ich hatte allerdings keine Chance, meinen Satz zu beenden. Daisy kam auf mich zu, und dann erst bemerkte ich ihre Augen.
Darin war nichts Menschliches mehr.
Auf einmal schien die Zeit langsamer zu laufen, mir sträubten sich die Haare. Solche Augen hatte ich schon mal gesehen, und ich wusste, was sie bedeuteten.
Ich hob die Hände, und trotz meiner Erschöpfung floss die Magie in mich hinein, sauber und rein. Ich dachte an Mom, und mit einer kurzen Drehung des Handgelenks schickte ich einen Strahl meiner Macht krachend in Daisys Schulter. Ich wollte ihr nicht wehtun, sondern sie nur aufhalten. Doch obwohl sie auf den Stufen stolperte, kam sie immer näher.
»Dad!«, brüllte ich, wenn ich auch wusste, dass er mich nicht hören konnte.
Daisy knurrte mich an und sprang vor, ihre Hände waren zu Klauen geworden. Diesmal schoss ich einen Magiestrahl ab, der gewaltig genug war, um sie zu Boden zu werfen. Sie fiel auf die Knie und wimmerte vor Schmerz, und auch wenn ich wahnsinnige Angst hatte, plagten mich doch Gewissensbisse. Aber sie war nicht Daisy, rief ich mir ins Gedächtnis. Keine Spur von ihr war in diesem Wesen, das taumelnd auf die Beine kam und dessen Augen vor Zorn glühten. Dann blickte Daisy nach oben. Ich sah, wie sich ihre Lippen bewegten, doch ich konnte gar nicht verstehen, was sie sagte. Erst als ich das grauenhafte Quietschen von Metall auf Stein hörte, wurde mir klar, dass ich direkt unter einer dieser riesigen Statuen stand, von denen Jenna an unserem ersten Tag so beeindruckt war.
Einer Statue, die gleich auf meinem Kopf
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