Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
Augen. »Okay, also, ich mochte ihn. Ich war in ihn verknallt, und …« Ich war mir nicht sicher, ob mein Gesicht vor Verlegenheit oder vor Wut glühte. »Und ja, einmal haben wir uns auch geküsst. Aber es war nur dieses eine Mal, und ungefähr zehn Sekunden später fand ich heraus, dass er ein Auge ist.«
Dad nickte. »Und das ist alles. Das ist jetzt also die ganze Geschichte, ja?«
Warum, o warum nur gab es kein riesiges Loch im Boden, in das ich stürzen konnte, vorzugsweise in den Tod? »Ja, das ist alles.«
»Nun, das ist doch immerhin etwas«, bemerkte Dad und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich möchte, dass du das bei Gelegenheit deiner ursprünglichen Aussage hinzufügst.«
Wir schwiegen eine ganze Weile, bevor ich mir meine schwitzigen Hände abermals an dem Kleid abwischte und fragte: »Ist da sonst noch irgendwas Schreckliches im Gange, von dem ich wissen muss?«
Dad stieß ein freudloses Lachen aus, als er mich zur Tür führte. »Ich glaube, damit dürften alle gegenwärtigen Schrecken erst mal abgedeckt sein.«
Plötzlich kam mir eine weitere Frage in den Sinn. »Und wie ist das mit Nick und Daisy, Dad? Ich weiß, du hast schon gesagt, du würdest mich nicht als Waffe benutzen, aber …«
»Niemals«, unterbrach er mich. Seine Stimme war zwar leise, aber stählern. »Was ihnen angetan wurde, war ein Verbrechen, und wer immer es getan hat, ist verantwortlich für die fatale Situation, in der wir uns jetzt befinden. Darum ist es auch so wichtig, in Erfahrung zu bringen, wer sie verwandelt hat.«
Wir blieben auf dem Treppenabsatz stehen. »Wie meinst du das?«
»Neben der Entmächtigung gibt es noch eine andere Methode, einen Dämon von seinen oder ihren Kräften zu befreien. Wenn nämlich diejenige Person, die das Ritual ursprünglich vollzogen hat, es wieder umkehrt. Für uns beide ist das natürlich zu spät, da wir Dämonen der dritten und vierten Generation sind und unser Schöpfer lange tot ist. Aber für Nick und Daisy besteht diese Möglichkeit noch.«
Ich dachte an die beiden gestern Nacht, wie sie so verloren dasaßen und von der Magie sprachen, die in ihren Köpfen hämmerte . »Das würde ihnen gefallen.«
»Ich weiß«, erwiderte Dad. »Und ich hoffe natürlich auch, dass diese Umkehrung … na ja, wenn sie das Auge schon nicht beschwichtigen sollte, ihm dann doch zumindest ein wenig den Schwung nehmen wird.«
Ich sah Dad an. Ich meine, so richtig. Sein Anzug war offenbar eine Nummer zu groß, und sein Mund schien von tief eingegrabenen Falten förmlich in Klammern gesetzt zu sein. Sicher, er war trotzdem ein attraktiver Mann, aber ich hätte niemals gedacht, dass jemand so unglaublich erschöpft aussehen konnte.
»Also«, begann ich, »nicht, dass du vor Freude gleich völlig aus dem Häuschen gerätst oder so, aber vielleicht … vielleicht könnten wir das morgen ja noch mal wiederholen. Du weißt schon, dieses Dämonenyoga.«
Irgendwo im Haus verteilt begannen mehrere Uhren die volle Stunde anzukündigen. Nach dreimaligem Anschlagen sagte Dad: »Das würde mich freuen.«
Schweigend gingen wir die Treppe wieder hinunter, und nachdem wir uns fürs Abendessen verabredet hatten, kehrte Dad in sein Büro zurück, während ich auf mein Zimmer ging, um nach meinen E-Mails zu sehen.
Mrs Casnoff hatte geantwortet, doch in ihrer Mail stand nur: »Danke, dass Sie mich informiert haben.«
Ich lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und kreuzte die Unterarme auf dem Kopf. Offenbar war sie nicht sonderlich besorgt. Musste wohl ein gutes Zeichen sein. Schon allein, weil ich keine Lust darauf hatte, dass Elodies Geist bei mir abhing – das fehlte mir gerade noch. Ich hatte wirklich schon genug Probleme.
Als ich die Goldmünze schließlich aus der Tasche zog, lag sie schwer in meiner Hand, und ich betrachtete sie noch eine ganze Weile. Dann stand ich auf und legte sie in die Schublade meines Nachttischs.
19
Später am Nachmittag machte ich mich auf die Suche nach Jenna. Es war nicht sonderlich schwer, sie zu finden – sie und Vix trieben sich noch immer im Garten herum. Als ich näher kam, musste ich die Augen gegen das helle Sonnenlicht abschirmen. Die beiden saßen Seite an Seite am Springbrunnen, ihre Schultern berührten sich, während sie die nackten Füße im Wasser baumeln ließen. Es fehlten nur noch kleine rote Herzchen, die wie in einem Comic über ihren Köpfen schwebten.
»Hi«, grüßte ich und winkte lahm.
Jenna drehte sich zu mir um. »Da bist du ja!«,
Weitere Kostenlose Bücher