Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
hatte einen deutlichen Rückgang an Explosionen gegeben. »Heilige Scheiße!«, hauchte ich. Ein dämliches Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus, und dann wurde mir klar, dass ich mich seit Monaten zum ersten Mal wieder wie von der Magie berauscht fühlte.
»Schon viel besser«, sagte Dad und wedelte mit der Hand. In null Komma nichts war der Spiegel repariert. »Und je mehr du übst, desto besser wirst du natürlich. Und je besser du dich darauf verstehst, deine Kräfte zu kontrollieren, desto unwahrscheinlicher wird es, dass du jemals jemanden verletzt.«
Jetzt wurde die anfängliche Euphorie von einem nervösen Kribbeln abgelöst. »Du meinst also, wenn ich dieses magische Tai-Chi-Ding beherrsche, dann könnte es mich davor bewahren, so zu werden wie … wie Alice?«
»Ich meine jedenfalls, dass es die Gefahr erheblich reduziert, ja. Wie ich schon gesagt habe, Sophie. Die Entmächtigung ist bei Weitem nicht deine einzige Option.«
Weil ich nicht wusste, was ich dazu sagen sollte, nickte ich nur und wischte meine plötzlich schweißnassen Hände an meinen Oberschenkeln ab. Atemübungen zu machen und mir Leute vorzustellen, die ich liebte, schien eine wesentlich bessere Lösung zu sein, als mir magische Runen in die Haut ritzen zu lassen – aber es war fast zu schön, um tatsächlich glauben zu können, dass es so einfach sein sollte.
»Selbstverständlich hast du noch immer die Wahl, und du musst dich auch nicht gleich heute entscheiden«, fuhr Dad fort. »Aber bitte sag mir einfach … dass du darüber nachdenken wirst.«
»Ja«, antwortete ich, aber das Wort kam irgendwie quiekend heraus. Ich räusperte mich. »Ja«, wiederholte ich. »Das tu ich ganz bestimmt.«
Ich rechnete damit, dass Dad wieder seine gewohnte Schroffheit an den Tag legen und so etwas sagen würde wie: Großartig. Sehnlichst erwarte ich deine Entscheidung in dieser bedeutungsvollen Angelegenheit . Stattdessen wirkte er aber nur erleichtert und sagte: »Gut.«
In dem Glauben, dass sich die Sache damit erledigt hätte, ging ich zur Tür, doch Dad verstellte mir den Weg. »Wir sind noch nicht ganz fertig.«
Überrascht blinzelte ich ihn an. »Dad, ich könnte versuchen, noch mehr Spiegel zu zerbrechen, wenn du das wirklich willst, aber irgendwie bin ich doch fix und fertig. Was da seit gestern Nacht so an Magie in der Luft lag, reicht mir eigentlich fürs Erste, und …«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, darum geht es mir nicht. Es gibt da noch eine andere Sache, über die wir uns unterhalten müssen.«
Ich wusste auch ohne meine neuen hellseherischen Fähigkeiten, dass nun etwas Übles auf mich zukam. »Was denn?«
Dad holte tief Luft und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich möchte, dass du mir von Archer Cross erzählst.«
18
Ich konnte mich gerade noch rechtzeitig bremsen, bevor ich in meine Tasche griff, aber ich hatte trotzdem das Gefühl, als brenne mir die Münze ein Loch in den Stoff. Millionen Gedanken schossen mir kreuz und quer durch den Kopf. Woher konnte Dad nur wissen, dass Archer gestern Nacht da gewesen war? Wusste er auch, dass ich die Münze genommen hatte? Archer hatte gesagt, dass er sie benutzen würde, um mich zu finden. Vielleicht wollte Dad sie nutzen, um ihn hierherzulocken.
Doch bevor ich einen Nervenzusammenbruch bekommen konnte, fuhr Dad fort: »Ich weiß, es ist ein unangenehmes Thema, aber es ist auch sehr wichtig, dass ich besser verstehe, was im letzten Halbjahr geschehen ist.«
»Oh«, flüsterte ich und hoffte, dass es nicht allzu sehr wie ein Seufzer der Erleichterung klang. »Wie ich schon sagte. Einige Wochen nach dieser Sache hat mich Mrs Casnoff dazu gedrängt, eine Aussage für den Rat zu schreiben. Da steht alles drin.«
»Das habe ich gelesen. Doch weder ich noch der Rest des Rates glaubt, dass dieser Bericht die ganze Wahrheit enthält.«
Ich gab einen Laut von mir, von dem ich gern behaupten würde, er wäre ein Aufschrei der Entrüstung gewesen, aber tatsächlich war es eher ein Blöken. Wahrscheinlich weil Dad recht hatte – diese blöde Aussage kam der ganzen Wahrheit noch nicht einmal ansatzweise nahe.
»Deine Verwicklung mit Archer Cross …«
»Wir waren nie verwickelt«, schnaubte ich.
»Hör mir gefälligst zu!«, bellte Dad, und ich schloss mit einem unüberhörbaren Klacken den Mund. In einem ruhigeren Ton fuhr er dann fort. »Hast du Archer gestern Nacht im Shelley’s gesehen?«
Im ersten Moment spielte ich kurz mit dem Gedanken, ihn einfach
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