Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
ich eintrat, bemerkte ich außerdem noch den Dolch an seinem Gürtel.
Er riss den Kopf hoch, und ich dachte, er wäre vielleicht erleichtert, mich zu sehen. Doch er drehte sich wortlos wieder zu dem Itineris um, ging in die Hocke und kramte etwas aus einem schwarzen Seesack hervor, der zu seinen Füßen lag. »Es kann nie schaden, auf alles vorbereitet zu sein«, sagte er.
»Es kommt mir nur wie eine Art Overkill vor. Du hast doch sowieso dein Messer, und mir steht supermächtige Magie zur Verfügung. Was soll uns also schon groß passieren?«
»Supermächtig?« Als er aufstand, baumelte eine goldene Kette an seinen Fingern. »Mercer, dazu sag ich nur: Böser. Hund.«
Ich verdrehte die Augen. »Das ist fast ein Jahr her. Inzwischen bin ich viel besser geworden.«
»Ja nun, ich gehe lieber kein Risiko ein«, erwiderte er. Dann erst bemerkte ich auf seinem Rücken so eine Art Halfter, in das er sein Schwert hineinschob. Das Heft ragte ihm griffbereit über die Schultern. »Außerdem«, fügte er hinzu, »hab ich gedacht, du würdest vielleicht nicht kommen. Nach dem, was da neulich passiert ist …« Er hielt inne und sah mich prüfend an. »Geht es dir wieder gut?«
»Spätestens dann, wenn die Leute endlich aufhören, mich das zu fragen.«
»Du weißt aber, dass ich nichts damit zu tun hatte, oder?«
»Ja«, antwortete ich. »Und falls du doch etwas damit zu tun hattest, werd ich dich gleich an Ort und Stelle vaporisieren.«
Sein Mundwinkel zuckte. »Gut zu wissen.«
Er verringerte den Abstand zwischen uns und blieb viel zu dicht vor mir stehen. »Was machst du?«, fragte ich und hoffte, dass ich dabei nicht allzu atemlos klang.
Er hob seine Hände, dann legte er überraschend zärtlich diese Kette um unsere Hälse. Als ich einen Blick darauf warf, sah ich, dass ihre Glieder eigentlich winzige Figuren waren, die einander an den Händen hielten. Die hatte ich doch schon mal irgendwo gesehen.
»Diese Kette trägt einer der Engel in dem Fenster in Hex Hall.«
»Richtig.«
Dann nahm er meine Hände und erklärte: »Außerdem ist sie ein sehr mächtiger Schutzzauber, den wir noch brauchen werden.«
Ich schluckte, als wir unsere Finger ineinanderfalteten und näher an den Itineris herantraten. »Warum?«
»Weil wir einen sehr weiten Weg vor uns haben.«
Unwillkürlich quetschte ich seine Finger. Bei meiner letzten Reise mit dem Itineris hatte ich nur ein paar Hundert Kilometer zurückgelegt, und dabei wäre mir schon fast der Schädel geplatzt. »Wo gehen wir denn hin?«, fragte ich.
»Graymalkin Island«, antwortete er. Und dann zog er mich in die Nische.
28
Archers Kette mochte uns ja vor grässlichen Kopfschmerzen und Problemen mit der Atmung bewahrt haben, aber die Landung wurde dadurch kein bisschen anmutiger. Aus der Schwärze unserer Straßenreise wurden wir mitten in das dicke Unterholz eines Wäldchens geworfen. Ich stolperte natürlich sofort über eine riesige Wurzel, und im Fallen schürfte ich mir an einem Ast den Ellbogen auf.
Da uns die Kette jedoch noch miteinander verband, stürzte Archer unglücklicherweise gleich mit. Und zwar auf mich drauf.
In einem anderen Leben wäre das vielleicht ganz angenehm gewesen. O ja, er roch immer noch so gut, und als ich ihn an den Schultern packte, um ihn wegzustoßen, spürte ich wieder, dass er wesentlich stärker war, als sein schmaler Körperbau dies vermuten ließ.
Doch das spielte alles keine Rolle. Ich durfte diese Dinge an ihm überhaupt nicht mehr wahrnehmen.
Der Boden unter mir war ziemlich morastig, und ich hatte das Gefühl, ich würde mir bis in alle Ewigkeit Blätter und Zweige aus den Haaren rupfen müssen. »Los, runter von mir!«, nuschelte ich an seinem Schlüsselbein und versuchte, ihn von mir runterzuschubsen. Er rollte sich auf den Rücken, und sein Schwert klirrte gegen einen Stein oder eine freiliegende Wurzel. Doch dank der Kette landete ich dadurch ohnehin nur auf seiner Brust.
»Und ich habe gedacht, es sei schwer, an dich ranzukommen«, flüsterte er. Mondlicht glitzerte in seinen Augen, und er klang ein bisschen atemlos. Doch ich sagte mir, dass dafür einzig und allein der Sturz verantwortlich war.
Ich gab ihm mit der flachen Hand einen Klaps auf die Brust und zog den Kopf aus der Kette. Sobald ich frei war, rutschte ich von ihm weg. »Lass mich raten«, zischte ich und deutete mit dem Kopf zur Kette. »Noch etwas, das du in Hex Hall geklaut hast.«
Er stemmte sich hoch. »Schuldig.«
»Wo zum Teufel war ich
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