Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
auch mich. Ich schätze, niemandem war so ganz wohl bei der Sache, ein Kleinkind zu töten, also nahm mich das Team einfach mit und brachte mich zu La Reina. So nennen sie den Anführer von L’Occhio di Dio. Na ja, zumindest wenn es eine Frau ist. Und sie hat auch gleich das versteckte Potenzial erkannt, das darin liegt, einen Zauberer als Auge großzuziehen.«
Ein Zweig berührte meine Wange, und ich duckte mich zur Seite weg. »Wo ist das alles passiert?«
Ich konnte sein Achselzucken praktisch hören. »Keine Ahnung. Sie haben es mir nie erzählt.«
»Also weißt du gar nicht, wo du herkommst?«
»Ich weiß nicht mal meinen richtigen Namen, Mercer. La Reina war diejenige, die mich Archer genannt hat – nach einem Auge, der gerade im Kampf gefallen war. Aber egal, sie ließ mich jedenfalls am Leben und gab mich zu einem Zauberer, den sie rekrutiert hatte, Simon Cross. Er war auch derjenige, der entschieden hat, dass ich Hecate infiltrieren sollte, und … Was machst du denn?«
Ich war plötzlich stehen geblieben, als er Zauberer, den sie rekrutiert hatte gesagt hatte.
»Es arbeiten also auch noch andere Prodigien für das Auge?«
Jetzt rührte er sich auch nicht mehr. »Warum? Willst du gleich zu Daddy laufen und ihm alles erzählen?«
Ich bedachte ihn mit einem finsteren Blick, auch wenn ich wusste, dass er mich nicht sehen konnte. »Nein, das Mäntelchen des Schweigens breitet sich schützend über diese ganze Nacht … Ich hab nur … Sie denken nämlich, du wärst der Einzige. Darum sind sie ja auch so versessen darauf, dich zu töten.«
Außerdem bedeutete es, dass – nachdem Archer nicht für die explodierende Geburtstagsüberraschung verantwortlich war – das Geschenk vermutlich von einem anderen Auge eingeschmuggelt worden war. Juhu, noch mehr Komplikationen!
»Es gibt nicht so viele, aber sie sind überall da draußen. Was glaubst du denn, wer uns verraten hat, dass du an diesem Abend im Shelley’s warst?«
Tja, das wurde jetzt immer interessanter. Und beängstigender. »Sprich weiter«, sagte ich.
Er setzte sich wieder in Bewegung und hielt einen Ast hoch, so dass ich nur noch ein bisschen den Kopf einziehen musste. »Simon hat mich sowohl zum Zauberer als auch zum Auge ausgebildet. Außerdem hab ich die Sommermonate bei L’Occhio di Dio in Rom verbracht und dort Schwertkampftechniken, Angriffsmanöver und so was alles gelernt.«
»Kein Wunder, dass du mir in Verteidigung immer ordentlich in den Hintern getreten hast«, murmelte ich.
»Das Auge hat jahrelang nach Möglichkeiten gesucht, sich in Hex Hall einzuschleusen, aber das Prüfverfahren für Lehrer war einfach zu intensiv, und sie hatten auch keine Augen in ihren Reihen, die jung genug gewesen wären, um als Schüler durchzugehen. Aber dann haben sie ja mich gefunden. Als ich schließlich vierzehn war, hab ich die Turnhalle meiner Schule unsichtbar gemacht, und, zack, schon hatte ich mein Ticket für Hecate.«
»Und was solltest du da für sie erledigen?«
»Nichts, das so schrecklich gewesen wäre, wie du wahrscheinlich denkst. Zuhören, hauptsächlich. Beobachten und Bericht erstatten.« Er blieb stehen und drehte sich um. Obwohl ich sein Gesicht nicht erkennen konnte, wusste ich, dass er mich ansah. »Schon irgendwie komisch«, sagte er. »Ich hab all diese Sachen noch nie jemandem erzählt.«
»Das liegt an dem dämonischen Redezwangzauber, den ich bei dir einsetze.«
»Im Ernst?«
»Quatsch, du Dussel. Also, erzähl weiter! Was ist mit Holly und Elodie?« Und mit mir? Auch wenn ich es nicht aussprach, spürte ich deutlich, dass diese Frage im Raum stand.
»Die Verlobung mit Holly war völlig korrekt. Simon und ihr Vater hatten sie arrangiert.« Er machte zwei Schritte zurück, und dann hörte ich das leise metallische Klirren, als er sich gegen einen Baum lehnte. »Es war zwar Teil meiner Tarnung, aber ich mochte Holly auch. Sie war süß. Still. Zwischen uns, das war jetzt nicht die große Liebe oder so, und logischerweise hatte ich ja ohnehin nicht die Absicht, sie tatsächlich zu heiraten, aber … ich weiß auch nicht. Es fiel mir jedenfalls nicht schwer, Zeit mit ihr zu verbringen. Das mit Elodie war allerdings eine ganz andere Geschichte, vor allem nach dem, was sie Holly angetan hat.«
»Als du Hex Hall nach Hollys Tod verlassen hast, lag das also nicht daran, dass du der gramgebeugte Verlobte warst. Du wolltest zum Auge zurück.«
»Ja. Ich hab dort von meiner Vermutung berichtet, dass Elodie und ihr Zirkel
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