Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
auszugeben, der ich nicht bin. Ich hab Gefühle vorgespielt und andere wiederum verborgen.« Er nahm meine Hand, schob seine Finger zwischen meine und hob unsere verschlungenen Hände vor die Brust. »Die Sache mit uns ist das einzig wirklich Wahre, das mir seit langer Zeit passiert ist. Du bist das einzig Wahre.« Er hob unsere Hände und küsste zärtlich meine Knöchel. »Und ich hab’s einfach satt, so zu tun, als wollte ich dich nicht.«
Ich hatte in den Liebesromanen, die Mom immer vor mir verstecken wollte, schon eine ganze Menge darüber gelesen, wie einem die Sinne schwinden konnten, aber bisher war ich noch nie Gefahr gelaufen, das tatsächlich selbst zu erleben. Was wohl auch der Grund dafür war, warum jetzt definitiv eine bissige Bemerkung angesagt war.
»Wow, Cross. Ich glaube, du hast deinen Beruf verfehlt. Zum Teufel mit der Dämonenjagd! Du solltest unbedingt für Hallmark Grußkarten schreiben.«
Sein Gesicht verzog sich zu diesem schiefen Grinsen, das für mich vielleicht der schönste Anblick auf der ganzen Welt war. »Schweig stille«, murmelte er, bevor er den Kopf senkte und mich küsste.
»Wie kommt es eigentlich«, sagte ich mehrere Augenblicke später, ohne mich von seinen Lippen zu lösen, »dass wir uns immer an ekligen, dreckigen Orten wie Kellern und verlassenen Mühlen küssen?«
Er lachte und drückte mir noch ein paar Küsse erst auf die Wange und dann auf den Hals. »Beim nächsten Mal wird’s ein Schloss, versprochen. Immerhin sind wir hier in England. Kann ja nicht so schwer sein, eins zu finden.«
Lange Zeit sagte keiner ein Wort, wir wollten uns einfach nicht voneinander trennen. Doch schließlich unternahm ich den ersten Versuch. »Ich muss gehen«, sagte ich und schmiegte gleichzeitig meinen Kopf an Archers Brust. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass meine Wange jetzt wahrscheinlich direkt auf seiner Tätowierung lag. Ohne nachzudenken, hob ich den Kopf und zog am Ausschnitt seines T-Shirts. Nun war das pechschwarze, goldene Zeichen jedoch nicht mehr verborgen. Für diesen Zauber bestand inzwischen wohl kein Bedarf, und trotzdem verdeckte ich das Mal lieber mit der Hand. Reflexartig griff Archer an meine Taille. Unsere Blicke trafen sich. »Diesmal brennt es nicht«, flüsterte ich.
Sein Atem ging stoßweise. »Das sehe ich allerdings ein bisschen anders, Mercer.«
Magie strömte durch meinen Körper, und als Archer seine Hand auf meine legte, blitzte ein kleiner blauer Funke auf. Langsam nahm er meine Hand von seiner Brust und fasste mich an den Schultern. Ich dachte, er wollte mich wieder küssen – und so, wie wir uns gerade fühlten, bestand durchaus die Möglichkeit, dass dann die ganze Mühle in Flammen aufginge. Doch stattdessen schob er mich sanft von sich. »Okay«, sagte er und schloss die Augen. »Wenn du jetzt nicht gehst, sind wir … Du solltest jetzt besser gehen.«
Sobald wir ein Stück voneinander entfernt standen, lichtete sich dieser Lustnebel ein wenig. »Wir haben immer noch keine Ahnung, was als Nächstes zu tun ist oder wie es weitergehen soll.«
Er öffnete die Augen und trat ein paar Schritte zurück. »Als Nächstes gehst du erst mal wieder nach Thorne und meldest dich bei deinem Dad. Ich werde zurück zu meinen Leuten gehen und mich dort melden. Morgen Nacht treffen wir uns dann wieder hier. Du wirst dann dort drüben stehen« – er zeigte in eine Ecke – »ich werde dort drüben stehen« – die gegenüberliegende Ecke – »und es wird so lange keinen Körperkontakt geben, bis wir uns was überlegt haben. Abgemacht?«
Ich lächelte, obwohl ich meine Hände in die Taschen schieben musste, damit sie nicht gleich wieder nach ihm greifen konnten. »Abgemacht. Mitternacht?«
»Perfekt. Okay.« Wieder dieses Grinsen. »Wir sehen uns, Mercer.«
Glück flutete in mich hinein – so warm und hell wie Sonnenschein. »Wir sehen uns, Cross.«
33
Die Kornmühle war gerade erst außer Sicht, als die Realität schon wieder durchsickerte. Zwar wusste ich jetzt, dass Archer mich genauso sehr wollte wie ich ihn, aber es standen immer noch jede Menge weitaus größerer Probleme zwischen uns. Vor allem die Tatsache, dass ihn so gut wie jeder, den ich kannte, töten wollte, und jeder, den er kannte, wollte mich töten. In puncto Hindernissen musste das der absolute Gipfel sein. Und es ging dabei auch nicht nur um das, was andere Leute dachten. Ich hatte mich irgendwie an die Vorstellung gewöhnt, eines Tages das Oberhaupt des Rates zu sein,
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