Hex Hall - Hawkins, R: Hex Hall
Abkürzung für Supernatürliche ? So nennt ihr uns also?«
Izzy drehte sich nicht um, und es konnte auch nur eine Lichttäuschung gewesen sein, aber ich hatte den Eindruck, dass die Spitzen ihrer Ohren rot anliefen. »Ich habe mir das nur ausgedacht«, murmelte sie. Ich war sehr froh darüber, dass sie mir den Rücken zudrehte, da ein breites Lächeln über mein Gesicht lief.
»Mir gefällt es.«
Jetzt fuhr sie doch herum, und ich beeilte mich, todernst zu gucken. »Ehrlich«, erklärte ich ihr. »Du weißt doch, wie wir uns selbst nennen, oder? Prodigien.« Ich stieß ein verächtliches Schnauben aus. »Das Einzige, was noch lahmer und angeberischer ist als Latein, ist erfundenes Latein.«
Izzy sah mich einen Moment lang an und kam anscheinend zu dem Schluss, dass ich sie nicht auf den Arm nahm, denn sie nickte leicht. Zum ersten Mal sah ich, dass sie auf dem Nasenrücken etliche Sommersprossen hatte, genau wie ich.
Inzwischen hatte ich Finley aus den Augen verloren, aber Izzy schien zu wissen, wohin wir gingen. Lange Zeit bahnten wir uns schweigend einen Weg durch die Bäume und das Unterholz. Obwohl die Sonne fast untergegangen war, schwitzte ich. Dann zupfte ich am Halsausschnitt meines geborgten schwarzen T-Shirts. »Habt ihr denn tatsächlich eine Menge, ähm, von diesen Supis hier? Meiner Erfahrung nach schleichen sie eigentlich nicht besonders gerne durch die Wälder rings um ein Haus von Leuten, die sie umbringen wollen.«
Plötzlich blieb ich stehen, als eine bestimmte Erinnerung wieder hochkam. Ich war so damit beschäftigt gewesen auszuflippen, weil ich die Brannicks gefunden hatte, dass ich den Werwolf komplett vergessen hatte, den Izzy und Finley gejagt hatten. »Was ist eigentlich aus diesem Werwolf letzte Nacht geworden?«, fragte ich Izzy nun.
Sie drehte sich mit einem breiten Lächeln zu mir um, das mich viel zu sehr an ihre Mutter erinnerte. »Was glaubst du denn, was wir heute Nacht jagen?«
Ich verrenkte mich ein wenig und zog an meinem Rucksack, bis er vor mir hing, dann öffnete ich ihn. Weitere silberne Pfähle. Kleine Glasflaschen mit geweihtem Wasser. Und, oh mein Gott, war das eine Pistole ?
Meine Knie wurden weich, als ich den Reißverschluss der Tasche des Todes wieder hochzog und sie ganz vorsichtig ins Gras fallen ließ.
»Stimmt was nicht?«, fragte Izzy.
»Ähm, eine ganze Menge. Zurzeit stimmt irgendwie überhaupt nichts. Da wäre zum Beispiel die Tatsache, dass ihr Teenager mit Taschen voller Pistolen herumlauft.«
Bei diesen Worten versteifte sich Izzy ein wenig. »Wir sind keine Kinder«, fauchte sie mich an. »Wir sind Brannicks.«
Seufzend schob ich die Hände in die Taschen. »Ist schon klar, aber schau mal, Izzy, ich kann keinen Werwolf töten. Ich kenne Werwölfe. Ich habe mit einigen zusammengelebt, und sie sind … gut, sie mögen eklig und sabbrig und super gruselig sein, aber ich kann keinen umbringen.«
Ich wartete darauf, dass sie eine Armbrust oder eine Handkanone hervorzog oder was sie ohne jeden Zweifel sonst noch an aberwitzigen Mordwerkzeugen eingepackt haben mochte. Stattdessen legte sie den Kopf schief und fragte: »Du hast mit Werwölfen zusammengelebt?«
Es war jetzt fast vollkommen dunkel, und ich wünschte, ich hätte ihr Gesicht besser sehen können. »Ja«, antwortete ich. »In Hex Hall. Dort gab es einige von ihnen. Dieses eine Mädchen, Beth, war sogar ziemlich nett. Und dann gab es da noch diesen Jungen, Justin, der war nicht viel älter als du.«
Ich kniete mich hin, um die Tasche wieder aufzuheben, als Izzy mich zu Tode erschreckte, indem sie fragte: »Mit was für anderen Supis hast du noch zusammengelebt?«
Ich schaute zu ihr hoch und erwiderte: »Mit allen möglichen. Wie ich schon sagte, Elfen, und dann gab es noch Hexen und Zauberer. Meine Zimmergenossin war … « Ich brach ab und gab mir eine Sekunde, um den Kloß herunterzuschlucken, der sich in meinem Hals gebildet hatte. »Meine Zimmergenossin war ein Vampir. Jenna.«
»Heilige Scheiße«, sagte Izzy, und wieder einmal klang sie wie ein Kind. Vor allem, als sie hinzufügte: »Mom und Finley haben letztes Jahr gegen zwei Vampire gekämpft. Ich durfte nicht mitgehen, weil sie meinten, es sei zu gefährlich. Hattest du keine Angst, dass sie, also, dass sie dein Blut trinkt, wenn du schläfst?«
Mein erster Impuls war, Jenna sofort zu verteidigen, aber dann erinnerte ich mich daran, wie ich mich in dieser ersten Nacht in unserem Zimmer gefühlt hatte, als ich hereingekommen
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