Hex Hall - Hawkins, R: Hex Hall
uns gefunden, sie haben uns gefunden, sie haben uns gefunden …
Hinter ihm lagen zwei Gestalten ganz still auf der Straße. Ich wusste, dass es seine Eltern waren. Ich konnte das blonde Haar seiner Mutter sehen, das um ihren Kopf ausgebreitet lag; ein Teil davon schwelte immer noch. Die winzige Gestalt neben ihnen war seine kleine Schwester, und er hatte solche Angst. Sein Entsetzen und seine Trauer erfüllten mich und waren fast unerträglich. Die Flammen verblassten, dann ging das Bild in eine andere Szene über. Alexei war jetzt älter, vielleicht Anfang zwanzig. Er war attraktiv, weniger streng, als er auf den paar Fotos ausgesehen hatte, die ich von ihm kannte.
Er saß auf der Rückbank eines Wagens und fuhr an leuchtend grünem Gras und gewellten Hügeln vorbei, die mir sehr bekannt vorkamen. Er war aufgeregt, und er trommelte die ganze Zeit über nervös mit den Fingern auf dem Buch, das auf seinem Schoß lag.
Dem Grimoire.
Der Wagen holperte über eine Steinbrücke. Plötzlich kam Thorne Abbey in Sicht.
Alexei konnte die Mädchen auf dem Rasen sehen, allesamt Schülerinnen eines Frauencolleges in London. Sie wohnten in Thorne, weil sie in der Stadt nicht mehr sicher waren. Alexei beobachtete sie, während ein gepresstes Lächeln seine Lippen umspielte. Endlich, dachte er. Endlich.
Dann wurde die Szene plötzlich schwarz, und ehe ich es mich versah, war ich wieder in Laras Büro und saß schwer atmend auf meinem Stuhl.
»Ich denke, jetzt wissen Sie das Wichtigste«, erklärte Lara und ordnete ruhig einige Papiere.
Ich zitterte noch immer und versuchte mir klarzumachen, dass es nicht meine ganze Familie war, die gerade auf der Straße umgebracht worden war. Als ich das Gefühl hatte, wieder sprechen zu können, sagte ich: »Seine Familie ist von Menschen ermordet worden. Er hatte Angst und suchte eine Möglichkeit, andere Prodigien zu beschützen und dabei vielleicht ein wenig Rache zu nehmen. Aber das … das macht das, was er getan hat, immer noch nicht richtig.« Ich schluckte meinen Abscheu herunter, als ich mich an Alexeis Vorfreude erinnerte, während er eine Gruppe unschuldiger Mädchen beobachtet hatte, die auf dem Rasen von Thorne Abbey herumrannten. Alice, meine Urgroßmutter, war eine von ihnen gewesen. »Außerdem weiß ich, dass es hier nicht um Schutz geht. Vielleicht hat es einmal so angefangen, aber wozu wollte Ihr Dad Alice wirklich benutzen? Denn wissen Sie, was ich glaube? Ich denke, ein Schoßtierdämon wäre ziemlich praktisch, wenn man alle Prodigien der Welt unter Kontrolle halten wollte.«
Lara versuchte nicht einmal, dies abzustreiten. »Möglich. Natürlich wäre ein ganzes Rudel von Schoßtierdämonen noch nützlicher.« Sie legte die Papiere beiseite und öffnete vorsichtig eine Schublade. Dann zog sie das Zauberbuch heraus, und mein Herz sank in die Hose.
»Wo haben Sie … «
»Oh, Miss Talbot war sehr schnell bereit, es mir zu überlassen. Wenn Sie dieses Buch hätten haben wollen, hätten Sie nur zu fragen brauchen«, fuhr sie fort, und ich starrte sie verwirrt an.
»Was?«
»Wir wollten es Ihnen ohnehin irgendwann geben. Sie sind uns ohne Ihre Kräfte von keinem großen Nutzen.« Sie blätterte in den Seiten, bis sie zu dem Zauber kam, der meine Magie wiederherzustellen vermochte. Allein beim Anblick der Worte auf der Seite bekam ich einen Riesenschrecken.
Lara streckte mir das Buch hin. »Nur zu. Berühren Sie ihn.« Dann lachte sie in sich hinein. »O ja, Sophie, ich wusste, dass Ihr Vater Sie diesen Zauber berühren ließ. Ich wusste alles über die Stunden, die Sie beide mit diesem Buch verbracht haben.«
Meine Magie war nur Zentimeter von mir entfernt. Alles in mir schrie nach diesem Zauber. Aber ich sah Lara in die Augen und fragte: »Warum sollten Sie meine Kräfte wiederherstellen wollen? Denn sobald ich sie zurückhabe, werde ich mir doch den Weg frei schießen, um hier rauszukommen.«
Aber Lara lächelte mich nur an. »Sophie, als Ihr Vater Ihnen etwas über Dämonen beigebracht hat, hat er Ihnen da auch erzählt, wie man sie kontrolliert?«
»Die Hexe oder der Zauberer, der den Dämon beschwört, kann ihn kontrollieren. Aber da mich praktisch niemand beschworen hat, kontrolliert mich auch niemand.«
»Das haben wir ebenfalls gedacht«, räumte Lara mit einem angedeuteten Nicken ein. »Aber dann haben wir einige Nachforschungen angestellt. Wissen Sie, die Sammlung Ihres Vaters in Thorne war in diesem Zusammenhang sehr nützlich. Und stellen Sie sich
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