Hex Hall - Hawkins, R: Hex Hall
wechselten einen Blick, dann räusperte sich Aislinn. »Im Grunde wissen wir es nicht. Niemand von uns ist je zuvor dort gewesen.«
»Also, was?«, fragte Archer, der jetzt unübersehbar wütend war. »Sie schicken sie einfach hin und hoffen das Beste? Das ist Wahnsinn! Es muss eine andere Möglichkeit geben, um gegen die Casnoffs zu kämpfen.«
Aus Angst, er könnte das Auge wieder zur Sprache bringen, zupfte ich an seinem Hemdsärmel. »He«, sagte ich leise und wünschte, wir würden dieses Gespräch nicht vor meiner ganzen Familie führen. »Niemand zwingt mich dazu, etwas zu tun, das ich nicht tun will.« Ich sah Aislinn an. »Die Dämonen, die Lara beschworen hat … Ist Dämonenglas denn die einzige Möglichkeit, uns gegen sie zu verteidigen?«
»Ja.«
Ich hielt inne, um tief durchzuatmen, und hoffte, meine Stimme möge nicht zittern, als ich sagte: »Dann werde ich in die Unterwelt gehen.«
»Danke, Sophie«, erwiderte Dad, und Aislinn nickte schroff. »Das wäre also entschieden. Morgen früh bei Sonnenaufgang begibt sich Sophie zur Insel in der Mitte des Sees und von dort aus durch das Portal.«
Mit verkrampftem Magen sah ich die Menschen, die mir auf der Welt am wichtigsten waren, an und stimmte leise zu. »Morgen.«
28
Am nächsten Morgen ging ich am felsigen Ufer des Loughs auf und ab und versuchte, die beste Möglichkeit zu finden, hinüberzukommen.
Am Horizont erschien gerade die erste Andeutung eines rosa angehauchten Graus. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war, aber mein Körper sagte mir, dass es ungefähr Autsch-das-ist-viel-zu-früh war. Ich hatte nur ein paar Stunden Schlaf bekommen. Nach Dads Ankündigung, dass ich am folgenden Tag in die verdammte Unterwelt gehen werde, war niemandem danach zumute gewesen zu schlafen. Aislinn, Finley, Izzy und Mom hatten Schlafsäcke in der Hütte ausgebreitet, während ich Zelte für Dad, Archer, Cal, mich und Jenna heraufbeschworen hatte. Sie waren zwar nicht gerade das Gelbe vom Ei (und das Zelt, das ich mir mit Jenna teilte, sackte in der Mitte irgendwie ein), aber es waren trotzdem die ersten Dinge, die ich seit Langem herbeigezaubert hatte. Als ich fertig war, hatte Dad gesagt: »Du hast etwas aus dem Nichts geschaffen. Das ist dir doch bewusst, nicht wahr?«
Ich hatte das langsam verdaut. Etwas aus dem Nichts zu erschaffen war für gewöhnliche Hexen und Zauberer fast unmöglich. Unter der Anleitung von Alice hatte Elodie es zwar gemeistert, aber für mich war der Zauber immer eine knifflige Sache gewesen. Und Dad hatte recht: Ich hatte es einfach getan, fast ohne nachzudenken.
»Es ist so schön, dich wieder deine Kräfte benutzen zu sehen«, sagte er leise. Ich betrachtete die dunkelroten Male auf seinem Gesicht und schlang als Antwort einfach die Arme um ihn.
Als ich jetzt am Wasser stand, spürte ich, wie meine Kräfte friedlich in mir im Kreis wirbelten. Als ich die Entmächtigung hatte durchlaufen wollen, hatte Dad mir etwas erklärt: Würde man mir meine Magie nehmen, wäre das so, als versuche man, mir meine Augenfarbe zu entreißen. Er hatte recht gehabt. Ohne meine Kräfte hatte ich das Gefühl gehabt, als fehle ein gewaltiges Stück von mir.
Ich rieb mir die Arme, obwohl ich die Magie dazu benutzt hatte, meine Hex-Hall-Uniform in einen dicken schwarzen Pullover und Jeans zu verwandeln. In Irland war es im September viel kälter als in Georgia. Natürlich war die Kälte nicht das Einzige, was mich zittern ließ. Aus dem Wasser erhob sich ein großer, verdammter Felsen.
Ich rieb mir die Arme noch heftiger und setzte mich neben Aislinn auf einen der Felsbrocken, die das Ufer säumten. Ich war vor Tagesanbruch aufgestanden, in der Hoffnung, weitere tränenreiche Abschiede zu vermeiden, aber Aislinn war bereits wach gewesen und hatte am Rand des Sees auf mich gewartet.
»Ich habe Grace darum gebeten, dich bis hierhin begleiten zu dürfen«, hatte sie erklärt. »Ich hatte Angst, dass es für euch beide zu schlimm sein würde, wenn sie es selbst täte. Das Gleiche gilt für deinen Vater, und du musst dich im Moment auf deine Aufgabe konzentrieren.« Ihre Stimme hatte barsch geklungen, aber ich war trotzdem dankbar, sie dazuhaben.
»Also, soll ich einfach ein Boot heraufbeschwören?«, fragte ich sie jetzt.
Sie zuckte die Achseln. »Ich bin nicht die mit der Magie. Setz einfach so über, wie du es für das Beste hältst.«
»Ich könnte schwimmen«, schlug ich vor. »Ooh! Oder vielleicht könnte ich auch ein geiles Jetboot
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