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Hexe auf leisen Sohlen

Hexe auf leisen Sohlen

Titel: Hexe auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Stunden
wieder von hier fortgegangen und noch nicht wieder zurückgekommen. Mr. Boyd kam
mitten in der Nacht zu mir, um nach ihm zu suchen, und er wollte gerade gehen,
als Sie« — sie sah Herbie an und schluckte — »kamen.«
    Lamb packte mit beiden Händen
die Armlehnen des Sessels, in den er sich hatte sinken lassen, und hievte sich
mit einem explosionsartigen Grunzen einen Zoll vor. »Wo, zum Teufel, ist Blair
denn?«
    »Ich habe Ihnen bereits gesagt,
Mr. Lamb«, erwiderte Loise kalt, »daß ich es nicht
weiß. Glauben Sie mir, ich mache mir ebensoviel Sorgen um ihn wie sie.«
    Lamb grunzte wieder, dann sah
er mich an. »Was wissen Sie, Boyd?« fragte er.
    »Würde ich mich drei Stunden
hier aufhalten, wenn ich wüßte, wo ich Nicky finden kann?« fragte ich zurück.
    Herbie betrachtete Loise mit dem prüfenden Blick eines Vivisektionisten .
»Möglich wäre es«, sagte er leise.
    Lamb warf ihm mit gerunzelter
Stirn einen gereizten Blick zu. »Du wirst verdammt frech, Herbie«, keuchte er.
»Die ganze Nacht hast du mich kreuz und quer durch New York gehetzt, aber gefunden
haben wir ihn auch nicht.«
    Herbie zuckte anmaßend mit den
Schultern. »Geben Sie mir doch nicht die Schuld«, antwortete er. »Warum geben
Sie die Schuld nicht dem Kerl, der den ganzen Ärger erst in Gang gebracht hat?«
    »Ja.« Lamb bewegte etwas den Kopf
und konzentrierte sein Stirnrunzeln jetzt ausschließlich auf mich. »Ich
vergesse nichts, Boyd, nicht die geringste Kleinigkeit. Ich sagte Ihnen, Adele
Blair bedeutet Ärger. Erinnern Sie sich? Ich habe Sie gewarnt, Boyd, Ihnen
geraten, die Finger davon zu lassen, aber Sie hielten sich für zu schlau, um
auf mich zu hören.«
    »Alle wollen sie mitspielen«,
beklagte ich mich. »Sind nicht schon genug Schwachsinnige am Hamlet beteiligt,
auch ohne daß der Geldgeber mitspielt?«
    »Sie sind ein sehr komischer
Bursche, Boyd«, sagte Herbie mit seiner hohen, gequetschten Stimme.
    »Warum lassen Sie sich nicht
etwas Originelles einfallen?« fragte ich ihn, »so etwas wie: >Vielleicht
werden Sie lachend sterben.< Das würde mir wirklich imponieren.«
    »Sie brauchen nicht lachend zu
sterben, Boyd«, sagte Lamb langsam. »Es genügt, daß Sie überhaupt sterben. Ich
habe Ihnen gesagt: Wenn Sie noch einmal in die Nähe von Adele Blair kommen,
landen Sie im Leichenschauhaus. Aber Sie hörten nicht auf mich, oder vielleicht
hielten Sie es für einen Scherz. Ich scherze mit so was aber nie.«
    Das Ärgerliche war, ich wußte,
daß er die Wahrheit sagte. Floyd Lamb gehörte zu dem, was man »die alte Schule«
nennen könnte. Vermutlich war er bei Al Capone in die Lehre gegangen, wo es
Ehrensache war, jeden umzulegen, den man umzulegen drohte. Wenn man das nicht
tat, kamen alle in Verlegenheit, weil sie nicht wußten, ob sie lachen oder
schreien sollten, wenn einer eine Waffe auf sie richtete. Jemand hatte die
Spielregeln festgelegt, wenn es auch nicht gerade Emily Post gewesen war, und
die Jungs hatten sich danach zu richten. Wenn Lamb Schauspieler beim Fernsehen
gewesen wäre, hätte es nie gereicht, daß er in Wildwestfilmen für Erwachsene
mitspielte, aber die lieben Kleinen unter zehn hätten ihn geliebt, weil sie
genau gewußt hätten, was sie von ihm zu halten hatten.
    Floyd Lamb war gerade noch dumm
genug, um ein sehr gefährlicher Mann zu sein. Mit einem Psychopathen wie Herbie
hinter sich, wurde er zu einem hochgradig gefährlichen Mann, und genau das war
er gerade in diesem Augenblick.
    Herbie hatte den Smith & Wesson aus meiner Hüfttasche gezogen, als wir von der Tür
so leise ins Wohnzimmer zurückkamen, daß wir Loise überraschten und sie an den unerwartetsten Stellen
schamvoll errötete.
    Lamb hatte gesagt, er würde
mich umbringen, und das bedeutete für ihn, daß er es wirklich tun würde. Oder
Herbie. Wer den Revolver abdrückte oder das Messer warf, war ein
nebensächliches Detail. Ich spürte, daß ich etwas zu schwitzen begann.
    Der Sessel stöhnte, als Lamb
wieder seine Stellung wechselte.
    »Ich glaube, daß Miss Lee uns
alles gesagt hat, was sie weiß«, sagte er zu Herbie. »Hat keinen Zweck, länger
hierzubleiben. Verschwinden wir also.«
    »Ganz wie Sie wollen«, stimmte
Herbie liebenswürdig zu.
    »Also los, Boyd«, sagte Lamb,
»stehen Sie auf. Wir gehen.«
    Ich begann, sehr stark zu
schwitzen. Sie konnten es mir jederzeit versetzen, sobald wir die Wohnung
verlassen hatten. Im Fahrstuhl, auf dem Gehsteig, in Lambs Wagen. Soweit es
Herbie anging, je eher, desto besser.

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