Hexe sucht Besen (German Edition)
morgens und mein Weckradio versucht mich mit einem italienischen Lied zum Aufstehen zu ermu n tern. Mit offenen Augen bleibe ich noch ein wenig liegen, solange bis mir meine Umgebung einigermaßen vertraut e r scheint und ich mir ganz sicher bin, wirklich in meinem Bett zu liegen, anstatt auf einem Fahrrad mit Schnorchel und Taucherbrille, nackt, aber mit hochh a ckigen Schuhen an den Füßen, auf dem Meer herumzugurken.
Genau diesen Irrsinn habe ich nämlich gerade geträumt. Ob es sich lohnt diesen Traum zu entschlüsseln? Meine Großmutter hat früher immer zu sagen gepflegt: Hüte dich vor deinen Träumen, sie kön n ten in Erfüllung gehen .
Aber ich glaube, da hat sie wohl eher den Tagtraum gemeint. Dort ist es einem weni gstens noch erlaubt , selbst Regie zu führen, ohne dass man sich von wirren Gedanken ins Handwerk pfuschen lassen muss. Wie an einem üppigen Sala t büfett, kann man sich sein Traummenü selbst zusammenstellen. Was zum Te u fel will mir dieser dämliche Traum eigentlich sagen? War das vielleicht das kle i ne Fernsehspiel für träumende Vollidioten? Obendrein finde ich es sehr b e denklich, dass ich mir diesen Schwachsinn auch noch merken musste. Vie l leicht hat das doch etwas zu bedeuten? Eine Art Lebenshi l fe, ein Wegweiser, eine warnende Botschaft oder gar eine Vorsehung? Von Ellen könnte ich fachl i chen Rat bekommen, die kennt sich aus mit Traumdeutungen.
Jetzt ist es gerade mal 6.05 Uhr, wahrscheinlich doch nicht unbedingt die richt i ge Zeit jemandem seine Traumgespinste analysieren zu lassen? Denkbar, dass sie selbst gerade träumt, mit einem Besen durch die Luft zu düsen und soeben die Schallmauer durchbricht, da will man ja auch nicht g e rade stören. Aber sp ä testens nach der zweiten Tasse Kaffee werde ich sie anrufen. Oder auch nicht. Ich werde mich doch wegen einem lächerlichen Traum nicht aus dem Konzept bri n gen lassen. Jetzt lass ich erst einmal das warme Wasser ü ber meine Alabasterhaut perlen und mit geöffneten Augen d a von träumen, wie ich am Sylter Strand liege und die attra k tivsten Insulaner um meine Gunst buhlen, indem sie mir die schönsten Muschelketten basteln, meinen Strandkorb bewachen, meinen gr o ßen Delphin aufblasen und mir riesige Schlösser aus Sand bauen. Wenn mir einer darüber hinaus auch noch schmutzige Gutenachtgeschichten erzählen kann, in denen ich natürlich als begehrenswerte Hauptdarstellerin, von mir aus auch als unersättliches Luder agiere, h ätte derjenige gute Chancen von mir e r hört zu we r den. Derjenige, der es am besten beherrscht, mir seine abgründigsten sexue l len Phantasien so anschaulich zu vermitteln, dass ich ohne selbst Hand anl e gen zu müssen, der geographischen Lage angepasst, von einem wellenförm i gen Orgasmus überflutet werde, darf mit mir den Rest der Nacht verbringen und... die Geschichte noch einmal erzählen. Ja! Das sind wenigstens Träume, für die man sich nicht schämen muss. Reale bodenständige Phantasien, die es nicht nötig haben mit Spezial Effekts auf Kosten der Darsteller aufg e peppt zu werden.
Während ich den Duschkopf direkt auf mein Gesicht prasseln lasse, um meine Durchblutung zu aktivieren, damit sich mein Teint der rosigen Haut eines 14 jährigen Teenagers a n gleicht, überlege ich, ob ich nicht doch lieber mein Schnorchelzeug, die Taucherbrille und mein Fahrrad wieder aus dem Auto räume. Jedoch fällt mir nicht mehr ein, welche Schuhe ich bei meiner Wasse r fahrt getragen habe.
Es ist jetzt 6.30 Uhr! Ich glaube, dass ist nun wirklich eine angemessene Zeit, eine Freundin um Rat zu fragen.
> Ja
höre ich Ellens Stimme, die auffallend munter und für alles aufgelegt zu sein klingt.
> Bist du schon wach
frage ich erstaunt.
> Nein, ich war noch nicht im Bett, ich habe die ganze Nacht Videofilme ang e schaut <.
> Was denn für welche
frage ich anstandshalber, obwohl es mich nicht int e ressiert.
> Na ja, dies und das und natürlich auch jenes < ,
versucht sie mir auszuweichen, nur um mir nicht zu sagen, dass sie Sissy oder Vom Winde verweht ang e schaut hat.
> Ach, so genau wollte ich es auch nicht wissen < ,
entgegne ich.
Eigentlich wäre es angebrachter gewesen, mehr Interesse vorzutäuschen . D enn wenn man vorgibt sich für die Vorliebe anderer Menschen zu interessieren, es unter Umständen schafft, so zu tun, als könne man sich dafür begeistern, kann man von solchen Zeitgenossen das letzte Hemd in B e schlag nehmen. Sie gleich um
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