Hexen-Horror
Ich bin nicht allein. Du kannst mich töten, aber es werden andere erscheinen, die mich rächen werden. Es gibt uns, denk daran. Wir haben uns zusammengefunden, um den Kreis zu bilden. Wir kamen aus vielen Ländern nach München, um hier unsere große Aufgabe zu übernehmen.«
»Kontakt mit der Hölle?«
»Ja,ja...«
»Und der Junge?«
»Ist unsere Gabe. Die Jugend, das Aussehen, die wilde Zeit, wir haben sie alle erlebt, und alles wird wieder zurückkehren, denn der Mächtige steht auf unserer Seite.«
»Wo steckt der Junge?«, fuhr ich sie an. Mit der freien Hand packte ich zu und schüttelte sie durch.
»Bei meinen Freundinnen!« Sie lachte jetzt und streckte mir ihre Zunge heraus.
Sie war verstockt. Ich bekam nichts aus ihr heraus.
Nicht mit Worten. Also musste ich das Kreuz einsetzen, auch wenn es sie möglicherweise verbrannte.
Ich berührte damit die Zunge!
Der Schrei war nicht laut, aber trotzdem schrecklich. Obwohl er ausgestoßen wurde, huschte er mehr nach innen, als wollte sie ihn verschlucken. Über die Zunge tanzte Licht hinweg, und sie veränderte ihre Farbe. Sie schwärzte ein, und ich schüttelte die Alte wieder heftig durch.
»Wo ist der Junge?«
Bevor wir uns versahen, hatte sie beide Hände in die Höhe gerissen und sie um ihren Hals gelegt. Was dann passierte, war einfach schrecklich. Die Hexe erwürgte sich selbst.
Ihre Finger waren zu Messern geworden. Sie klemmten als Klammern um ihren Hals. Der Mund blieb dabei offen. Die Zunge fiel als dunkler Klumpen zurück. Die Haut an den Wangen zuckte ebenso wie die Beine, und ihr Röcheln hörte sich furchtbar an.
Suko stieß mich zur Seite, um die Finger vom Hals der Frau zu lösen. Er beherrschte einige Tricks. Wenn alles nichts mehr half, musste er die Finger eben brechen.
Auch er kam zu spät. Zwar schaffte er es noch, die Finger zu lösen, zwei musste er brechen, aber die Frau war nicht mehr zu retten. Sie hatte sich selbst umgebracht und sich praktisch durch einen Spezialgriff erwürgt. Der Kopf sank zur Seite. Der Körper erschlaffte. Auch die Augen hatten den Ausdruck einer Lebenden verloren.
»Das war Pech«, sagte mein Freund und schaute mich an. »Sie kannte den Griff, den man ansetzen muss, um sich zu töten. Es geht ganz einfach, wenn man es weiß. Aber es gehört schon verdammt viel dazu, sich selbst zu töten.«
»Das kannst du laut sagen«, flüsterte ich und stand auf. Ich stand zwar nicht unter Schock, aber mitgenommen hatte mich der Vorfall schon. Ada war so verbohrt gewesen, dass sie ihr Wissen mit in den Tod genommen hatte, und für uns war die Spur zu Dennis Hirmer wieder abgebrochen. Was wir erreicht hatten, war die tote Frau, die zu unseren Füßen lag.
Ich schaute mir noch einmal ihr Gesicht an. Der Mund war nicht geschlossen. Die Zunge lag verbrannt darin, ebenso wie die gesamte Mundhöhle verbrannt war. Am Hals zeichneten sich die Spuren der Finger ab. Sie hatten dort tiefe, rote Flecken hinterlassen.
»Wir haben ein Problem«, sagte Suko und deutete auf die Tote. »Sollen wir sie hier liegen lassen und verschwinden? Oder geben wir den deutschen Kollegen Bescheid?«
»Wir verschwinden nicht. Es gibt Zeugen, die uns gesehen haben. Das können wir uns nicht leisten. Wir werden den deutschen Kollegen Bescheid geben, aber wir werden auch Harry Stahl anrufen, damit er für uns bürgt.«
»Bringt uns das näher an Dennis heran?«
Ich starrte auf einen durchweichten Tannenzweig vor meinen Füßen. »Leider nicht.«
»Wo könnten wir denn noch ansetzen?«
»Elke Hirmer ist die Einzige. Sie hat mit Ada gesprochen. An sie müssen wir uns halten.«
»Okay, ich bin dabei.«
Ich drehte mich um und wusste, dass wir zunächst keine Chance bekamen, mit Elke Hirmer zu sprechen, denn am Beginn der Gasse standen schon die Gaffer und starrten auf die tote Frau.
Man rief nach der Polizei und nach einem Arzt, und uns war klar, dass wir in der nahen Zukunft einiges zu erklären hatten. Wir konnten nur hoffen, dass wir auf verständnisvolle Kollegen treffen würden...
***
Wenig später war der Weihnachtsmarkt zu einem Polizeimarkt geworden. Die Mordkommission war erschienen. Suko und ich wurden von den uniformierten Kollegen bewacht, obwohl wir uns ausgewiesen hatten, aber man traute uns nicht.
Die Leitung hatte ein Hauptkommissar Perger übernommen, ein ruhiger Mann mit einem sandfarbenen Oberlippenbart, braunen Augen und einem etwas traurig wirkenden Dackelgesicht.
Ich hatte mit Harry Stahl telefoniert und mein Handy
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