Hexen-Horror
Ausdruck in den Augen und hörte die schnell gesprochenen Worte in einer für mich fremden Sprache.
»Du verstehst uns schon, nicht?«, fragte ich, als sie eine kurze Pause einlegte.
»Was wollt ihr?«
»Die Wahrheit. Das weißt du!«
»Ich werde gehen und...«
Mein Lächeln fiel kalt aus. »Ja, du kannst gehen. Aber erst, wenn wir es dir erlauben. Zuvor wirst du uns einiges sagen. Es geht um Dennis Hirmer. Wir suchen ihn, und du weißt, wo er sich aufhält. Und das wirst du uns sagen!«
»Nein!«
Die Antwort hatte ich in dieser Klarheit nicht erwartet. Aber wir wussten jetzt Bescheid.
»Wir sollten sie testen«, schlug Suko vor.
Genau daran hatte ich auch schon gedacht. Als perfektes Testobjekt würde sich mein Kreuz erweisen, das sie schon einmal in Schwierigkeiten gebracht hatte.
Ich wartete noch ab, denn ich wollte erfahren, ob sie wieder einen dieser Hexensprüche abließ, aber sie ließ sich damit Zeit und beobachtete mich mit zur Seite geneigtem Kopf und leicht verdrehten Augen.
»Wie heißt du?«
»Ada.«
»Sehr gut, Ada. Ich will, dass du mir jetzt genau zuhörst. Ich weiß, dass du Angst vor dem Kreuz hast. Es ist nicht in deinem Sinne. Du stehst auf der anderen Seite. Du hast versucht, mich anzugreifen, aber du hast nicht mit der Gegenreaktion gerechnet. Ich trage das Kreuz bei mir. Es ist eine mächtige Waffe, auch gegen Hexen, und das wirst du bald besonders stark spüren, wenn du nicht die Wahrheit sagst.«
Bisher hatte sich Ada stark gezeigt. Das änderte sich nun, denn meine Worte waren schon beachtet worden. Sie wurde unruhig. Sie knetete ihr Gesicht. Sie wollte zur Seite rücken, um Distanz zwischen uns zu bringen, aber Suko hielt sie fest.
»Es wäre gut, wenn du redest, Ada.«
»Nein, nein...«
Vielleicht hatte sie noch etwas hinzufügen wollen. Nur schaffte sie das nicht mehr, denn ich hatte mittlerweile mein Kreuz freigelegt. Sie musste es einfach sehen, und plötzlich erinnerte sie mich an eine Blutsaugerin oder andere Dämonin, die diese Waffe des Lichts aus der Nähe sah und damit nicht gerechnet hatte.
Ada erschrak bis auf den Grund ihrer Hexenseele. Sie zischelte mir Worte zu, die sich wie eine Beschwörung anhörten. Speichel sprühte aus ihrem Mund. Sie wollte den Kopf zur Seite drehen, aber Suko hielt ihn fest, so dass sie gezwungen war, mich und das Kreuz anzuschauen. Wir schauten uns an. Sekundenlang tobte der Kampf der Blicke, und dann sprach ich die für sie folgenschweren Worte.
»Wenn das Kreuz dich berührt, bist du tot!«
Hundertprozentig war ich davon nicht überzeugt. Das war auch nicht nötig, denn für mich zählte nur, dass sie es befürchtete, und genau das trat ein. Ada glaubte mir. Sie wurde von einer ungewöhnlichen Hektik erfasst. Sie bewegte den Rumpf. Sie rutschte vor uns zurück. Sie fing leise an zu jammern und hörte meine Frage.
»Wo finden wir Dennis Hirmer? Was hast du oder was habt ihr mit dem Jungen gemacht?«
»Er lebt.«
»Gut. Und weiter?«
Diesmal erhielt ich die Antwort nicht sofort. Ada nahm sich Zeit. Sie leckte über ihre Lippen, und der Schleim, der darauf zurückblieb, sah aus wie leicht gelblicher Leim. In den Augen entstand ein Flackerblick. Auch versuchte sie, durch das Drehen des Kopfes dem Anblick des Kreuzes zu entgehen. Genau das ließ ich nicht zu. Es blieb dabei. Ich wollte, dass sie das Kreuz anschaute. Ich konnte auch keine Rücksicht auf ihr Alter nehmen. Eine wie sie hatte sich der anderen Seite verschrieben, und das nicht ohne Grund.
»Ich will eine Antwort!«
»Sie sind nicht hier. Nicht hier mit dem Jungen.«
»Wo dann?«
»Ich kann es nicht sagen!«, würgte sie hervor. »Ich bin keine Verräterin.«
»Möchtest du sterben?«
Ada wusste, was ich meinte, denn sie richtete ihren Blick auf das Kreuz. Es lief kein Licht über meinen Talisman hinweg. Trotzdem hatte er die Nähe des Bösen gespürt, und genau das steckte in dieser Person fest. Wer es ihr eingeflößt hatte, ob der Teufel oder eine andere Person, das war mir nicht bekannt. Doch sie verließ sich darauf. Sie handelte danach. Andere und unschuldige Menschen gerieten ebenfalls in ihren Bann, und das durfte nicht sein.
»Ich will nicht sterben. Ich will nie sterben. Ich will leben. Immer leben. Ich werde auch leben. Man hat es uns versprochen. Wir werden es durchziehen. Wir werden alle so werden, wie wir mal gewesen sind. Die alten Zeiten kehren zurück. Wir haben den Kontakt mit der Hölle. Wir haben allem abgeschworen. Die Hölle ist stärker.
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