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Hexen in der Stadt

Hexen in der Stadt

Titel: Hexen in der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Engelhardt
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und instrumentaliter gewesen,
    Zwei Knaben aus dem Neuen Münster von zwölf Jahren,
    Der Steppers Babel Tochter,
    Die Hüterin auf der Brücken.
     
    Gott sei ihren Seelen gnädig!

Die Flucht
     
     
     
    Sie hatten das Öllämpchen vom Haken genommen, es ganz hinten unter den Rauchfang gestellt und mit dem großen Kessel abgeschirmt, hatten das Küchenfenster mit einer Decke verhängt und sprachen so leise, daß nicht einmal die Katze im Hof oder die Eule im Schornstein sie hätte hören können. Die Blumensträuße, die Veronika mit den Töchtern so fröhlich heimgebracht hatte, welkten auf der Küchenbank, bitteren Duft verströmend. Es war tief in der Nacht. Die Mädchen waren zu Bett gegangen, ahnungslos, wie die Eltern glaubten, während sie berieten, wie das Unabwendbare abzuwenden sei. »Fort aus der Stadt, fliehen!« war Sebastians Meinung. Veronika widersprach, nicht heftig, nur mit dem lächelnden Eigensinn einer, die es besser weiß: »Sie sind sicher, glaub es mir, was auch für Gerüchte verbreitet werden.«
    »Traust du immer noch auf dies Ehrenwort?«
    »Er muß es halten, er kann nicht anders.«
    »Selbst wenn er wollte, er könnte es nicht. Er hat auch andere nicht retten können, die es wohl hätten erwarten dürfen, die Bürgermeister, den Domvikar Schwerdt, seinen eigenen Syndicus. Es ist so gekommen, wie ich gesagt hab’, damals vor einem Jahr. Das Rad ist nicht mehr aufzuhalten, es rollt bergab nach seinem eigenen Gesetz.«
    »Aber wohin sollten wir denn gehen?«
    »Was fragst du noch? In die Weinberghütte natürlich. Dort seid ihr sicher.«
    »Und wovon sollen wir da leben? Wie willst du als Arzt auf dem Land deinen Unterhalt finden?«
    »Ich geb’ euch genug mit, und später fmde ich schon Wege, euch zu versorgen.«
    »Uns, Sebastian? Gehst du nicht mit uns?«
    »Das kann ich nicht. Wenn morgen früh meine Tür geschlossen bliebe, wüßte gleich die ganze Stadt Bescheid. Nein, ich muß tun, als wenn nichts wäre, und eine Ausrede finden für euch. Später einmal, wenn ich hier fortkann, komm’ ich euch nach.«
    »Dazu kämst du gar nicht mehr. Nein, Sebastian, belüg dich nicht! Dich ließen sie es büßen, das weißt du, und wärest nicht der erste ehrbare und gelehrte Mann in dieser Stadt, den sie verbrennen. Viele täten es nur allzu gern trotz all deiner Verdienste, die sie so rühmen.«
    Sebastian ermahnte sie, nicht über einer nur eingebildeten Gefahr die nahe, unmittelbar drohende für die Kinder zu vergessen. Sie vor allem gelte es zu retten.
    Veronika schüttelte heftig den Kopf. »Sie sind nicht in Gefahr, nicht, solange sie bei mir sind, wir zusammen sind. Ich weiß es! Ach, wenn du mir doch glauben wolltest!«
    »Du weißt es, du weißt es! Woher denn? Wie kann ich dir etwas glauben, das jeder Vernunft und Erfahrung widerspricht!«
    Sie lächelte bitter. Wenn sie ihm jetzt die Wahrheit sagte, wie würde er sie aufnehmen? Würde nicht alles noch schwieriger werden?
    Er hielt ihr Schweigen für Nachgeben und redete ihr zu: »Ein so großes Wagnis ist die Flucht gar nicht. Auch andern ist sie schon gelungen. Der Doktor Burkhardt sitzt in Speyer beim Reichsgericht und ärgert seinen Bischof mit Eingaben. Wenn ihr morgen in der Frühe – nicht zu früh, das fiele auf! – getrennt durchs Stadttor geht, ganz ohne Gepäck, nur so, als wolltet ihr hinaus in die Garten, dann könnt ihr um Mittag an der Grenze sein und am Abend in unserm Weinberg. Und bald komm’ ich nach.«
    Es klang tröstlich. War Veronika überzeugt? Mit einem Male meinte sie, man müsse ja nichts übereilen. Vielleicht fänden sich ein paar reisende Klosterfrauen oder eine Dame mit Gefolge, denen man die Kinder ohne Gefahr mitgeben könne. Bis morgen habe es wohl Zeit. Oft vergingen ja Monate, wenn nicht ein Jahr, ehe der ersten Besagung die Verhaftung folge.
    »Es ist aber auch schon vorgekommen«, warnte Sebastian, »daß zwischen Besagung und Scheiterhaufen weniger als ein Monat gelegen hat. Nein, laß uns lieber das Schlimmste befürchten. Morgen müßt ihr fort.« Morgen, beschloß die Frau in stillem Eigensinn, gehe ich erst noch einmal auf die Burg. Ich bin meiner Sache sicher genug, aber wenn ich ihn noch einmal sehen, noch stärker binden könnte – niemand dürfte uns anrühren.
    Sebastian legte den Arm um sie. »Laß uns noch einmal darüber schlafen, das ist eine alte Weisheit. Diese eine Nacht, soviel davon noch übrig ist, wird uns wohl Ruhe gegönnt sein.« Schon fiel ein Schein der

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