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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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beten.«
    Ich fasste ihn am Arm. »Ist das etwa alles?«, fragte ich entsetzt. »Sie haben mir gesagt, dass Sarah heute sterben wird, und Sie werden nur beten und mich alles andere erledigen lassen?«
    Er befreite den Arm aus meinem Griff. »Manchmal ist das Gebet alles, was wir haben.« Dann drehte er sich um und ging zu seinem Cottage zurück.
    Ich rührte mich nicht, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann schaute ich mich um und konnte in der Ferne die Schornsteine und den gedrungenen Kirchturm von Newchurch ausmachen. Ringsum waren die Felder von Trampelpfaden durchzogen, entstanden durch Wanderer, die hier kreuz und quer unterwegs waren. Dabei wurde mir bewusst, warum dieser Ort auf den Mörder einen solchen Reiz ausgeübt haben musste. So viele Wege führten hierher und von hier wieder fort, und doch war man zugleich vor neugierigen Blicken geschützt.
    »Da hilft nur eins«, murmelte ich und sah in Richtung Kirche. »Es wird Zeit für ein wenig spirituelle Inspiration.«
    * * *
    Carson hob den Kopf, als Joe in den Besprechungsraum zurückkehrte.
    »Wo warst du?«, wollte Carson wissen.
    Joe hielt einen Stapel Ausdrucke hoch. »Ich habe Informationen zu den Namen gesucht, die Garrett uns genannt hat.«
    »Und?«
    Ein wenig unschlüssig zuckten Joes Mundwinkel, dann lächelte er flüchtig. »Er könnte da auf etwas gestoßen sein.«
    Carson legte den Kopf in den Nacken und atmete schnaubend aus. Die anderen in ihren gebügelten Hemden horchten auf. »Was soll das heißen?«
    »Als ich die Namen hörte, kamen sie mir bekannt vor, und es stimmt, dass die Frauen an den Daten ermordet wurden, von denen er sprach.«
    »Das hat nichts zu bedeuten.«
    »Das bedeutet, dass er keinen Blödsinn geredet hat.«
    Carson stützte die Hände in die Hüften, da er nicht wusste, was er entgegnen sollte.
    »Und es gibt noch eine interessante Tatsache über East Lancashire. Kennst du sie?«, hakte Joe nach.
    »Außer dass der Genpool umso flacher wird, je näher man den Hügeln kommt?«, gab Carson sarkastisch zurück. »Keine Ahnung, bring mich zum Lachen.«
    »Von ganz Lancashire werden dort die wenigsten Verbrechen aufgeklärt«, sagte Joe.
    »Die Bevölkerungszahlen verzerren die Statistik«, meinte Carson abweisend. »Ein paar ungeklärte Fälle auf dem Land ergeben eine Quote wie im übelsten Viertel von London. In Wahrheit hat das gar nichts zu bedeuten.«
    »Ich rede nicht von Verbrechen pro Kopf«, widersprach Joe. »Ich rede von absoluten Zahlen. Das Regal mit den ungeklärten Fällen muss überquellen.«
    Carson dachte kurz nach, dann sagte er: »Hier werden auch die meisten Ehen von ganz England geschieden, vielleicht stellen ja die Fälle von häuslicher Gewalt den Löwenanteil.«
    »Die dürften sich allerdings relativ leicht klären lassen«, hielt Joe dagegen und betrachtete Carson, während er mit einem Kugelschreiber gegen seine Lippe tippte. »Ich möchte da gern noch etwas mehr in die Tiefe gehen. Und ich möchte, dass McGanity mir hilft.«
    »McGanity?«, wiederholte Carson und sah sich um. Die Gesichter, in die er dabei blickte, ließen erkennen, dass seine Leute sich fragten, ob er Joe erlauben würde, sich zum Narren zu machen.
    »Sie kann uns sagen, was Garrett macht«, betonte Joe.
    Mit finsterer Miene überlegte Carson. »Also gut«, fauchte er. »Aber halt mich auf dem Laufenden.«
    Joe nickte und verließ zufrieden lächelnd den Raum. Während alle ihm nachschauten, herrschte Carson seine Leute an: »Wenn einer von euch eine bessere Idee hat, dann will ich sie jetzt hören. Wenn nicht, dann will ich keinen Mucks hören.« Dann verließ er ebenfalls den Raum und schmiss die Tür hinter sich zu. Er ging zum Hof des Präsidiums, denn er wollte eine Weile seine Ruhe haben.

65
    Z urück auf dem Friedhof an der Kirche, hielt ich Ausschau nach dem Pfarrer. Ich musste an unsere letzte Unterhaltung denken. Ich war zu dem Schluss gekommen, dass er etwas über die andere Religion am Pendle Hill und deren Oberhaupt Olwen wissen musste. Der Wind hatte aufgefrischt, sodass meine Schritte auf dem Kiesweg vom Rauschen der Blätter und vom Knarzen der Äste übertönt wurde. Der Kirchhof lag verlassen da.
    Ein Stück weiter den Hügel hinauf stieß ich aufs Pfarrhaus. Als der Pfarrer die Tür öffnete, stutzte ich, da er nicht seinen weißen Kragen trug. Er musste meinen Blick bemerkt haben, da er mich frostig anlächelte und sagte: »Das ist nur ein Kragen, kein Halsband, um mich an die Leine zu legen.«

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