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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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Eindruck. »Die Antwort kennen Sie bereits. Sie hat einen Anhänger der Hexenkunst aus ihm gemacht.«
    »Ist das allgemein bekannt?«, fragte ich.
    »Damals wusste jeder davon«, meinte der Pfarrer lächelnd. »Er hielt im Wald Zeremonien ab, er zündete mitten in der Nacht Kerzen an. Das hier ist ein kleines Dorf, solche Dinge bleiben nicht unbemerkt.«
    »Hat er deshalb mit den anderen Dorfbewohnern Ärger bekommen?«
    »Nein, nicht in unserer Gegend. Der Pendle Hill lockt viele Leute an, die sich für die lokale Geschichte interessieren. Da war er keine Ausnahme.«
    »Dann haben Sie von seinem Zirkel gewusst?«, fragte ich und rechnete mit einem verständnislosen oder zumindest wütenden Blick. Stattdessen begann er zu lächeln.
    »Olwens Jünger, wie ich schon sagte«, erwiderte er. »Die meisten werden allmählich alt, weil sie selbst Überbleibsel aus den Sechzigern sind. Aber er entwickelte sich in seinem Kreis nach und nach zu einer treibenden Kraft. Wenn sich jemand für das Okkulte interessiert, geht er auf denjenigen zu, wobei er vor allem Frauen anspricht. Der Gelegenheit, eine Zwanzigjährige dazu zu bringen, sich ihm so zu zeigen, wie Gott sie geschaffen hat, kann er sich einfach nicht entziehen.«
    »Aber setzt er nicht eine alte Tradition fort?«, wollte ich wissen. »Eine Linie, die geradewegs bis zu den Pendle-Hexen zurückreicht?«
    Der Pfarrer empfand das alles offenbar als sehr unterhaltsam. »Hat er Ihnen das erzählt?« Kopfschüttelnd und immer noch grinsend, fügte er hinzu: »Nein, das müssen Sie mir gar nicht sagen, ich kann die Antwort von Ihrem Gesicht ablesen. Er hat die ›Tradition‹ irgendwann in den Achtzigern begonnen. Das Meiste stammt aus Büchern und aus dem Fernsehen, und er hat es so verändert, dass er den meisten Spaß daran hat.«
    »Aber er hat doch Anhänger«, wandte ich ein.
    »Er hat ein paar alternde Hippies um sich geschart, so wie er selbst einer ist«, erklärte er. »Und im Lauf der Jahre sind ein paar Leute in seinen Zirkel eingetreten, doch das war nur eine vorübergehende Phase, dem kurzlebigen Wunsch geschuldet, anders zu sein. Er zeigt an ihnen Interesse, und dann zimmert er einen Stammbaum zurecht, der sie zu Nachfahren von Menschen macht, von denen sie noch nie etwas gehört haben.«
    »Aber so etwas ließe sich doch mühelos widerlegen«, argumentierte ich.
    »Nur, wenn man es auch widerlegen möchte«, sagte er.
    »Dann glauben Sie nicht an Hexerei?«, wollte ich wissen.
    »Die Hexenprozesse, die vor vierhundert Jahre stattfanden, waren nichts weiter als das Produkt einer fehlgeleiteten Zeit. Die Welt entwickelte sich weiter. Dann jedoch kamen Leute wie Olwen und machten daraus einen Lebensstil. Mir ist egal, ob Leute wie Olwen irgendwelche Zeremonien abhalten. Sollen sie ruhig, sage ich, denn nicht ich muss über Sie richten, sondern Gott.« Er seufzte leise. »Und das alles hängt mit Rebecca zusammen, nehme ich an.«
    Ich nickte. »Sie gehörte zu seinem Zirkel.«
    »Und April Mather?«
    Wieder nickte ich.
    Er senkte seinen Blick, der von einer Trauer erfüllt war, die aus alten Erinnerungen entstand. »Noch ein paar Jahre mehr, und Rebecca hätte diesen Irrweg wieder verlassen. Vielleicht wäre sie zu Gott zurückgekehrt. Meinem Gott. Unserem Gott.« Dann schluckte er betrübt. »Bei April war das schon offensichtlicher. Ich kannte ihre Eltern, beides gute Menschen. Aber sie verloren die Kontrolle über sie, als sie sich mit diesen Motorradrockern anfreundete. Es war nicht die Schuld ihrer Eltern, April war schon immer eigensinnig. Ich lernte ihren Mann Dan kennen, kein schlechter Mensch. Er hatte eine schwierige Kindheit. Seine Mutter ließ ihn im Stich, als er noch ein kleiner Junge war, und er wuchs bei seiner Großmutter auf. Aber April gab seinem Leben Stabilität, und es schien, als würde er sie lieben.«
    »Und sie fühlte sich von Olwens Sache angezogen?«
    Der Pfarrer nickte. »Er war hinter Menschen wie ihr her. Verwundbaren, verwirrten Menschen, die eine Enttäuschung hinter sich haben. Er gibt ihnen ein Ventil, um sich von diesen Gefühlen zu befreien.«
    »Soll das heißen, ihn trifft eine Mitschuld?«
    Er überlegte kurz, dann erwiderte er: »Nein, sie haben ihren Weg selbst gewählt. Olwen ist kein schlechter Mensch, er ist nur fehlgeleitet.«
    »Rebecca wurde in der Nähe von Olwens Haus gefunden«, sagte ich. »Wussten Sie das?«
    Der Pfarrer nickte. »Olwen selbst hat sie gefunden.«
    Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken,

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