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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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nicht«, stimmte Carson ihm zu. »Er ist längst zu weit gegangen. Für ihn gibt es kein Zurück mehr.« Er betrachtete die Kette und das Vorhängeschloss aus nächster Nähe. Beide waren so massiv, dass ein handelsüblicher Bolzenschneider hier nicht weiterhelfen würde. Er atmete tief durch. »Wollen wir hoffen, dass er in der Laune ist, Besucher zu empfangen«, meinte er und kletterte über das Tor.
    ***
    Ich sah mir den Mann, in dessen Gewalt ich mich befand, genauer an. Er trug Stiefel mit Stahlkappen, die stellenweise durch das abgewetzte Leder hindurchschimmerten, dazu eine alte schwarze Lederweste. Er war zwar von schlanker Statur, seine Arme waren jedoch muskulös. Er schien an schwere Arbeit gewöhnt. Ich schätzte ihn auf Ende vierzig, ein paar graue Strähnen durchzogen seinen Pferdeschwanz. Zu meinem Erstaunen lächelte er mich an, aber seine Augen strahlten eine grausame Kälte aus. Seine Zähne waren braun verfärbt.
    »Gucken Sie nicht so geschockt, Mr Garrett. Das ist Ihre Story. Der große Aufmacher, der Höhepunkt Ihrer Karriere. Reporter in Todesgefahr. « Dann begann er zu lachen. »Sehen Sie, jetzt schaffen Sie’s doch noch auf die Titelseite.«
    Ich hörte, dass sich noch jemand im Raum aufhielt, und drehte mich um. Katie stand weiter hinten gegen die Wand gelehnt da, bei ihr war ein junger Mann, der mir bekannt vorkam. Er war Anfang zwanzig, und als ich sein aufgeregtes Grinsen sah, erinnerte ich mich: Er hatte bei dem Einführungsritual mitgemacht und die junge Frau in die Scheune gebracht.
    »Du bist Mitglied im Hexenzirkel«, sagte ich.
    Er kam näher. »Ich bin Tom Mather, der Sohn von April. Also bin ich ein Nachkomme. So wie die anderen auch.«
    »Was seid ihr beide für ein reizendes Paar«, meinte ich und sah zwischen ihm und Katie hin und her, dann deutete ich mit einer Kopfbewegung auf den anderen Mann. »Dann muss das ja wohl dein Daddy sein.«
    Plötzlich fühlte ich einen brennenden Schmerz im Arm, und als ich genauer hinschaute, stellte ich fest, dass »Daddy« mir mit dem Messer einen Schnitt zugefügt hatte und Blut über meinen Arm hinunter zum Handgelenk lief.
    »Das ist alles, was ich an Waffen habe, Garrett«, sagte Dan. »Versuchen Sie’s ruhig. Die Tür ist da vorn.« Mit dem Messer deutete er die Richtung an, während ich auf die Klinge starrte, an der mein Blut klebte.
    Ich schaute zur Tür, dann zum Fenster.
    »Sie können gehen«, bot Dan mir an und machte einen Schritt zur Seite. »Ich werde Sie nicht aufhalten, aber dann gehört Laura mir.« Er warf seinem Sohn, dann Katie einen Blick zu. »Uns allen gehört sie dann.«
    Ich ließ den Kopf sinken, da ich wusste, mir blieb keine Wahl.
    »Konsequenzen«, sagte Dan und kam kopfschüttelnd näher. »Sie sind so schwach. Sie wollen gehen, Sie wollen Ihre Haut retten, aber Sie haben Angst vor den Konsequenzen. Sie würden als der Feigling dastehen, als der Mann, der seine Freundin dem Tod überlassen hat. Sie wissen, wie das läuft. Sie wären der große Schurke, die Zeitungen mit den Berichten über Sie würden sich stapelweise verkaufen.« Er stand neben mir, und ich konnte seinen fauligen Atem riechen. »Nein, Sie wollen die große romantische Geschichte haben, der Ritter in schimmernder Rüstung, der seine Lady in Not rettet. Oder Sie fürchten sich vor den schlaflosen Nächten, wenn Ihr Gewissen Ihnen keine Ruhe lässt, weil Sie sie im Stich gelassen haben und der kleine Junge ohne Mutter aufwachsen wird. Zwei verpfuschte Leben.«
    »Was würden Sie denn an meiner Stelle machen?«, fragte ich ihn.
    »Ich würde gehen«, flüsterte er und bleckte seine bräunlichen Zähne. »Ich würde das Leben genießen, mich an dem erfreuen, was als Nächstes kommt.«
    Ich wandte mich von ihm ab, weil ich ihn nicht länger ansehen wollte. Ich spürte, wie das Adrenalin meine Wangen glühen ließ und meine Nerven sich anspannten. Ich blickte mich um und versuchte, ein Gefühl für meine Umgebung zu bekommen.
    Es war ein Cottage, wie ich von außen hatte feststellen können, aber es war nicht gemütlich, sondern düster. Die Wände waren tapeziert, doch an den Oberkanten begann sich die Tapete zu lösen, und eine Zierborte auf halber Höhe der Wand war zum Teil verrutscht. Alles sah schäbig und heruntergekommen aus, die Vorhänge waren verschlissen, und getrockneter Morast bedeckte den Boden. In einer Ecke lagen Einzelteile von zerlegten Motorrädern, das Mobiliar war alt und ramponiert. Ich sah einen alten Eichentisch, aber keine

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