Hexenblut
Einer von Carsons Männern hatte sich im gleichen Moment umgedreht. Er war anders gekleidet als der Rest: dunkles Polohemd, legere Hose mit ausgebeulten Taschen an den Oberschenkeln. Als sich ihre Blicke trafen, lächelte er sie an und nickte ihr zu.
»Wenn du jemals einen Grund brauchst, um nicht befördert zu werden, dann hast du hier auf jeden Fall genug Auswahl«, meinte Pete.
Laura reagierte nicht darauf, sondern ging weiter, bis sie an ihrem Schreibtisch angelangt war und eine weitere Begleitakte in der Hand hielt.
»Komm«, sagte sie ruhig. »Wir müssen die nächste Zelle leeren.«
15
E s war kalt, und es wurde noch kälter. Sarah Goode ging in ihrer Zelle hin und her, die Arme hatte sie um sich geschlungen, als könnte sie sich so warm halten. Doch für ihren nackten Körper bot das keinen Schutz. Ihre Haut war blass, und es fröstelte sie. Voller Angst dachte sie an die bevorstehende Nacht. Als sie nach unten schaute, stellte sie fest, wie schmutzig ihre Füße waren, da sie unablässig durch den Morast gegangen war, der durch die Dusche mit dem Gartenschlauch entstanden war.
Sie wusste, sie durfte nicht aufgeben, aber ihr war kalt, und sie hatte Hunger. Ihre Urinstinkte meldeten sich zu Wort, die nach Essen, Wärme und Schlaf verlangten.
Der pulsierende Herzschlag dröhnte noch immer durch den Raum. Sie versuchte, sich im gleichen Takt zu bewegen, um sich mit seiner Hilfe abzulenken und Kraft zu schöpfen, doch sobald sie in die Nähe der Lautsprecher kam, konnte sie nicht anders, als die Hände auf ihre Ohren zu pressen.
Dann plötzlich verstummte der Lärm.
Sarah blieb stehen und lauschte auf jedes Geräusch, ob es ihr etwas darüber verriet, was ihr bevorstand. Im nächsten Moment ging das Licht aus. Ein paar Sekunden lang herrschte wundervolle Dunkelheit, aber dann sah sie unter der Tür einen schmalen Lichtstreifen. Jemand kam zu ihr. Sie hörte, wie aufgeschlossen und der Riegel zur Seite geschoben wurde. Die Tür ging auf und jemand trat ein, der den gleißenden Lichtkegel einer Taschenlampe auf sie richtete. Außer dem Licht konnte sie nichts sehen, und als sie den Kopf zur Seite drehte, tanzten unzählige Flecken vor ihren Augen herum. Mit einem Arm schirmte sie das Licht von sich ab. »Wer ist da?«, rief sie. Vielleicht war jemand gekommen, um sie zu retten.
»Bitte, wer ist da?«, fragte sie leiser.
Es antwortete die gleiche Stimme, die sie schon zuvor gehört hatte.
»Hast du dir Gedanken darüber gemacht?«, fragte er in einem bedrohlichen Flüsterton. Er betrat die Zelle und ging um Sarah herum, wobei er die Taschenlampe fest auf ihr Gesicht gerichtet hielt, um sie zu blenden.
Sarah versuchte, zur Seite zu sehen, doch der Lichtschein war zu direkt. Sie drehte sich mit ihm, damit sie ihn nicht im Rücken hatte. »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, gab sie voller Verzweiflung zurück.
»Wir haben uns darüber unterhalten«, sagte er. »Deine Zukunft. Was erwartet dich?«
Sarah schüttelte den Kopf.
Sie versuchte zwar, hinter dem Lichtschein etwas zu erkennen, doch der war einfach zu grell. »Ich weiß es nicht. Sagen Sie es mir«, antwortete sie und begann zu weinen. »Ich weiß nicht, was Sie wollen.«
»Du brauchst keine Angst zu haben«, erklärte er und lachte leise. Ihm bereitete das Ganze unüberhörbar Freude. »Konsequenzen, Sarah. Sie sind das Einzige, was dich interessiert. Deine Angst vor ihnen. Sie behindert dich.«
Sarah ließ sich auf die Knie sinken. »Ich weiß nicht, was Sie meinen«, wimmerte sie, wich dann aber hastig zurück, als sie hörte, dass er sich ihr langsam näherte.
»Deine Zeit wird knapp«, sagte er und kam noch näher. »Ich bin nicht dein Feind. Die Angst ist dein Feind.« Dann lachte er wieder, diesmal tief und bösartig.
Sie ließ den Kopf hängen und bohrte ihre Finger in den Morast, der sich auf ihrer Haut kalt anfühlte. »Bitte, bitte, bitte«, schluchzte sie. »Lassen Sie mich gehen. Ich werde kein Wort sagen, aber lassen Sie mich einfach nach Hause gehen. Bitte.«
Nach einer kurzen Pause sprach er: »Das ist gelogen, und es ist falsch zu lügen.«
Während sie nach Luft schnappte, um sich zu beruhigen, hob sie den Kopf. »Ich kann das nicht. Ich weiß nicht, welches Spiel Sie mit mir treiben, aber ich will nicht mehr mitspielen.«
»Das ist kein Spiel«, erwiderte er. »Ich will sehen, was du siehst. Weiter nichts, nur diesen einen Moment.«
»Welchen Moment?«
»Den allerletzten«, antwortete er, seine Stimme klang wie ein
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