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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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Knurren. »Dieser Blick ist einzigartig, wenn du genau weißt, was vor dir liegt. Wenn du die Antwort auf alles zu Gesicht bekommst. Der letzte Blick zurück auf dich selbst, und der letzte Blick in die Zukunft. Gibt es etwas nach dem Leben, das wir kennen?«
    »Dann werde ich also sterben?«
    Er lachte auf. »Wir werden alle sterben, Sarah.«
    Sie legte die Hände vors Gesicht. »Und was ist mit Luke?«, fragte sie leise. »Er wird zur Polizei gegangen sein und gesagt haben, dass ich verschwunden bin.«
    Wieder lachte er, diesmal noch lauter.
    »Was ist daran so lustig?«, wollte sie wissen, doch ihr drehte sich der Magen um, da sie bereits ahnte, was er getan hatte. Sie legte die Arme über den Kopf und beugte sich nach vorn, bis ihre Stirn den Boden berührte. Er fühlte sich auf ihrer Haut kalt an, und Bilder von Luke zogen vor ihrem geistigen Auge vorbei. Das Lächeln, sein Lachen, die gemeinsamen schönen Zeiten. Sie stieß mit dem Kopf wiederholt leicht auf den Boden, dann wechselte sie in einen schnelleren Rhythmus, und aus ihrem Stöhnen wurde ein Kreischen, da sie die Stirn immer fester aufprallen ließ. Die Schmerzen waren eine fast wohltuende Ablenkung von dem, was sie hier durchmachen musste.
    Schließlich sah sie ihn an. »Sie haben ihn umgebracht«, brüllte sie ihn an. »Sie verdammtes Ungeheuer!«
    Er kniete sich hin, sodass sich die Kapuze dicht vor ihrem Gesicht befand. »Er ist nicht aus dem Haus gekommen, um dir zu helfen, oder?«, spottete er. »Als wir dich zum Wagen brachten, ist er einfach im Bett geblieben. Was war los? War er betrunken? Oder hat es ihn einfach nicht gekümmert?«
    Tränen strömten ihr übers Gesicht. Sie presste die Hände auf den Bauch, da sie sich übergeben wollte, als sie ihn reden hörte.
    »Vielleicht dachte er sogar, du kommst die Treppe raufgelaufen«, fuhr er fort. »Er war noch zugedeckt, als ich ins Zimmer gestürmt kam.«
    Als Sarah nicht reagierte, beugte er sich vor und flüsterte ihr ins Ohr: »Würdest du mich gern umbringen? Wenn du jetzt eine Waffe hättest, würdest du es dann tun?«
    Sie antwortete nicht.
    »Du könntest es jetzt tun. Du könntest die Hände um meinen Hals legen und zudrücken. Ich würde nach hinten fallen, und du hättest mich im Nu überwältigt.«
    Sarah schwieg weiter, und als sie spürte, dass er sie durch den Stoff hindurch anstarrte, spuckte sie seine Kapuze an.
    Er wischte den Speichel weg. »Siehst du?«, sagte er. »So viel unterscheidet uns gar nicht: Was bei mir Mut ist, das ist bei dir Feigheit.«
    Dann richtete er sich auf und verließ die Zelle. Kaum war die Tür abgeschlossen worden, ging die Deckenbeleuchtung an und die Lautsprecher brüllten ihr wieder den unablässigen Herzschlag entgegen, der jetzt noch lauter dröhnte.

16
    B obby spielte auf dem Fußboden, während ich im Internet nach Informationen über Sarah Goode suchte. Er unterhielt sich leise mit sich selbst, was zu seinem Spiel gehörte. Mir gefiel diese Hintergrundberieselung, weil ich dann viel besser arbeiten konnte als in der Stille, von der ich in der Bibliothek von Blackley umgeben war.
    Dort hatte ich meinen ersten Zwischenstopp eingelegt, um mir Kopien von allem zu beschaffen, was über Sarah geschrieben worden war. Die Bibliothek befand sich in einem lang gestreckten viktorianischen Gebäude, einem ehemaligen Armenhaus, mit Bleiglasfenstern, die so gar nicht zu den Glasfassaden der Geschäftshäuser ein Stück die Straße hinunter passen wollten, wo gelangweilte Verkäuferinnen aus dem Schaufenster sahen und mit ihren Halsketten spielten, da der Kundenansturm der Mittagspause schon lange abgeebbt war.
    Es gelang mir, eine Stunde dort zu verbringen und die gesuchten Artikel zu kopieren, die jetzt vor mir auf dem Tisch ausgebreitet lagen. Alle stellten den Sachverhalt gleichermaßen dar: Eine hübsche junge Lehrerin hatte ihren Freund ermordet und die Flucht ergriffen. Luke stand dabei nicht so sehr im Vordergrund, dennoch war die Woche über immer wieder erwähnt worden, was für ein netter junger Mann er doch gewesen war – sportlich, aufgeschlossen, gut aussehend. Aus den Kommentaren zu Sarah war dagegen die Verwunderung herauszulesen, wie eine so hübsche und lebensfrohe Frau einen Menschen umbringen konnte.
    Nachdem ich die Zeitungsartikel durchgearbeitet hatte, suchte ich auf Google nach weiteren Informationen zu Sarah. Ich musste nur ein paar der aufgelisteten Seiten aufrufen, um mir ein Bild von ihrem Leben zu machen. Auf Friends Reunited

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