Hexenblut
wurde erwähnt, wie sie erst die Schule verließ und dann doch dorthin zurückkehrte, dazu gab es ein Foto von ihrem Abschluss, wo sie stolz lächelte, das Gesicht von Sommersprossen übersät, neben ihr ihre Eltern. Auf anderen Websites fand ich Angaben zu ihrem momentanen Arbeitgeber, einer staatlichen Schule am Rand von Blackley, die nicht unbedingt als erste Wahl galt. Hinweise zu einer Schulaufführung. Berichte der Schulaufsicht. Eine Wohltätigkeitsveranstaltung.
Ich suchte auf Facebook nach ihr, was für Zitate immer eine gute Quelle war, und es überraschte mich nicht, dass sie dort auch vertreten war. Auf ihre Seite konnte ich aber nicht zugreifen, da Sarah mich dafür erst als »Freund« akzeptieren musste. Vorsichtshalber schickte ich die Bitte an sie, weil es nur einen Klick lang dauerte, dann drehte ich mich zu Bobby um. Er hatte den Spielteig gefunden, den Laura ihm vor ein paar Tagen zusammengemischt hatte, im Grunde nur ein Salzteig mit etwas Lebensmittelfarbe darin. Mit einem Plastikmesser schnitt er den Teig in Stücke, wobei er so konzentriert war, dass seine Zungenspitze aus seinem Mund herausschaute.
»Was hast du da Schönes?«, fragte ich.
Von seinem Spiel abgelenkt, sah er auf und strahlte mich an, wobei sich die Grübchen in seinen Wangen abzeichneten, die er von Laura geerbt hatte. »Ich hab dir ’ne Pizza gemacht«, antwortete er und hielt ein Stück Teig hoch, das er kreuz und quer mit Linien überzogen hatte.
Ich erwiderte das Lächeln, bekam aber zugleich ein schlechtes Gewissen. Er sollte nicht für mich etwas machen, sondern für seinen Vater. Das Einzige, was ich für ihn tat, bestand darin, ihn zu zwingen, so hoch oben im Norden zu leben, wo er von allen weit weg war, die ihm eigentlich sehr nahestanden.
»Das sieht toll aus«, sagte ich. »Möchtest du, dass ich das esse?«
Voller Stolz strahlte Bobby mich an und brachte mir den Teigklumpen, um ihn mir auf den Tisch zu legen. Ich setzte den Jungen auf mein Knie und kitzelte ihn durch, woraufhin er kicherte und sich wie ein Regenwurm wand.
»Wann ist Mummy wieder da?«, fragte er zwischendurch.
»Ich weiß nicht. Bestimmt bald.«
»Schmeckt dir die Pizza?«
Ich gab genießerische Schmatzlaute von mir. »Das ist die beste Pizza, die ich je gegessen habe.«
Als er mich zufrieden ansah, fragte ich ihn, ob er mir einen Kuchen backen könnte. Bobby rutschte von meinem Knie und setzte sich auf den Boden, um sich wieder seiner Arbeit zu widmen.
Gerade wollte ich mich wieder meinen Kopien zuwenden, da hörte ich, wie ein Wagen über den Kiesweg vor dem Haus vorfuhr. Bobby sprang auf, lief zur Tür und sah nach draußen, dann rief er begeistert: »Mummy ist da!«
Ich konnte seine Begeisterung nachempfinden. Ich verspürte sie auch jedes Mal, wenn sie nach Hause kam. Zwar gab es in der letzten Zeit einige Reibereien zwischen uns, doch sobald ich den Wagen hörte, wollte ich ihr Lächeln sehen. Und ich wollte das Gefühl fühlen, dass wir alle beisammen waren. Ich wollte ihre Grübchen sehen, den Hauch von Rot in ihrem brünetten Haar, das von dem irischen Anteil an ihrer Londoner Herkunft zeugte. Und dann waren da diese ganz privaten Augenblicke mit der Laura, wie nur ich sie kannte – wie sich ihre Haut unter meinen Händen anfühlte, die Art, wie sie mich küsste, ihr atemloses Geflüster.
Aber als Laura ins Haus kam, merkte ich ihr sofort ihre finstere Laune an. Sie warf ihre Handtasche auf den Tisch und lächelte mir ein Hallo zu, doch das fiel nur knapp und förmlich aus. Bobby lief zu ihr und schlang die Arme um ihre Taille. Laura küsste ihn auf den Kopf, dann befreite sie sich behutsam aus seiner Umarmung und marschierte in die Küche.
»Alles in Ordnung?«, fragte ich.
»Warum sollte irgendwas nicht in Ordnung sein?«, kam ihre Antwort, dennoch konnte ich ihr deutlich anhören, wie frustriert sie war.
Ich ging zu ihr in die Küche und sah, wie sie das Weinregal neben dem Kühlschrank durchsuchte. »War wohl kein guter Tag«, sagte ich behutsam.
Sie entschied sich für einen australischen Wein, den wir nach dem Preis, aber nicht nach dem Ruf ausgewählt hatten. »Manchmal ist Alkohol sehr wohl eine Lösung.«
»Was ist los?«, wollte ich wissen.
Laura verschränkte die Arme und blickte nach unten. Als ich bereits glaubte, sie würde gar nichts mehr sagen, platzte sie heraus: »Ich bin zur Mordkommission gegangen und habe ihnen gesagt, was du machst.«
»Und wie ist es gelaufen?«
Sie sah mich an und schnaubte
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