Hexenblut
um. »Von welchen kranken Dingen träumen Sie?«
Er machte eine ausholende Geste. »Ich träume hiervon. Von dir, wie du hier drin bist. Mein Schmetterling, der an den Flügeln festgehalten wird. Und hiervon.« Mit diesen Worten wandte er sich ab und zog etwas in die Zelle. Sarah sah, dass es sich um ein Feldbett handelte. »Mir ist danach, dir etwas Gutes zu tun. Die Sache hat keinen Haken, ich bin heute einfach nur so gelaunt.«
Sarah betrachtete das Bett. Sie sehnte sich nach dem Bett. Es lag eine Decke darauf. Wenn sie sich auf dieses Bett legen könnte, würde sie das Dröhnen verdrängen können, und dann würde ihr wieder warm werden. Sie kniff die Augen zusammen, da ihr die Tränen kamen. Sie hatte so sehr versucht, stark zu sein, aber es gab Dinge, die sie dringender benötigte.
»Du hast gesehen, wozu ich in der Lage bin«, fuhr er fort. »Ich werde mich von meinen Gefühlen leiten lassen. Du musst selbst dafür sorgen, dass ich den Wunsch verspüre, freundlich zu dir zu sein, wenn du willst, dass ich mich entsprechend verhalte.«
»Und wenn ich das nicht schaffe? Wenn Sie nicht freundlich gestimmt sind?«
»Dann werde ich mich ebenfalls von meinen Gefühlen leiten lassen«, wiederholte er, diesmal in einem düsteren Ton. Als Sarah schluckte, fügte er noch hinzu: »Und von meiner Fantasie.«
»Ich werde tun, was Sie mir sagen«, flüsterte sie.
Er zog das Bett ein Stück weiter in den Raum, bis es in der Mitte der Zelle stand, dann schlug er die Decke zurück.
»Kann ich meine Kleidung zurückbekommen?«, fragte sie.
»Tu, was ich dir sage, und du wirst belohnt werden«, wisperte er ihr zu.
Als sie sich hinlegte, die Decke über sich zog und die Wärme ihren Körper umhüllte, verließ er den Raum.
Der Herzschlag dröhnte wieder durch die Zelle, doch diesmal kam ihr er etwas erträglicher vor.
18
F ast eine Stunde saß ich in meinem Wagen, ehe ich Katie sah, wie sie den Hügel hinauf zu ihrem Haus ging. Der Weg war steil, und sie hielt den Kopf gebeugt, sodass sie mich erst bemerkte, als sie die Haustür erreichte.
Sie schien in Gedanken versunken gewesen zu sein, aber ihre Miene hellte sich auf, als ich aus dem Wagen stieg.
»Mr Garrett«, sagte sie mit gespielter Schüchternheit. »Haben Sie noch weitere Fragen, die Sie mir stellen möchten?«
Ich spielte mit. »Sie sind einfach zu scharfsinnig. Wäre das denn okay?«
»Kommt auf die Fragen an«, gab sie zurück und lächelte mich an.
Ich deutete auf die Tür. »Sollten wir nicht besser reingehen?«
Einen Moment lang überlegte sie, dann griff sie nach den Schlüsseln. »Komm mit.«
Als ich eintrat, fielen mir verschiedene Dinge auf, die anders waren als bei meinem ersten Besuch. Das Haus wirkte ruhiger, so als hätte es sich inzwischen an die Stille gewöhnt. Das Windspiel im Flur klirrte wie zerbrochenes Glas und war viel zu laut. Und es roch anders. Nach Bleichmitteln, nach Putzmitteln, nach einem Hauch von frischer Farbe. Ich warf einen Blick ins Wohnzimmer, weil ich versuchen wollte, mir ein Bild von Sarah zu machen. Katie jedoch ging zielstrebig weiter in den rückwärtigen Raum, warf ihre Tasche aufs Sofa und setzte sich seufzend hin. »Was willst du wissen?«
»Du hast diese Briefe erwähnt«, begann ich geradeheraus.
Sie zog ihre Schuhe auf. »Wirklich?«
»Du weißt, dass du das getan hast. Es war das Letzte, wovon du gesprochen hast, als ich dich gestern abgesetzt habe.«
»Dazu kann ich nichts sagen«, entgegnete sie schließlich. »Das habe ich auch bereits erwähnt.«
»Und warum bist du dann überhaupt auf die Briefe zu sprechen gekommen?«
Katie lächelte mich an. »Du siehst süß aus, wenn du so ernst wirst.«
»Es könnte sein, dass ich in Kürze noch viel süßer aussehen werde«, gab ich zurück. »Warum kannst du nicht darüber reden?«
»Wegen DCI Carson«, antwortete sie und verzog das Gesicht. Offenbar hatte er bei ihr keinen guten Eindruck hinterlassen. Laura hatte mir am Abend zuvor alles über den Mann erzählt.
»Ich bitte dich ja nicht um eine Kopie der Briefe, aber verrat mir wenigstens, was sie dir geschrieben hat«, sagte ich.
Katie spielte versonnen mit ihren Haaren. »Das kann ich nicht. Dann kriege ich Ärger, und du kriegst dann auch Ärger.«
»Mach dir mal darum keine Sorgen«, besänftigte ich sie. »Es ist kein Verbrechen, ein Geheimnis zu kennen. Außerdem schütze ich meine Quellen, so wie jeder Journalist es tun sollte.«
Es folgte ein langes Schweigen, und die ganze Zeit über
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