Hexenerbe
Philippe und lehnte sich an die weiße Küchenzeile. »Dadurch haben James und Eli uns gefunden. Und dann wurde José Luis getötet.«
Sie wählte mit gesenktem Kopf einen Beutel Prince of Wales und zog das kleine Säckchen voll duftendem Tee heraus. »Versuchst du, mir ein schlechtes Gewissen einzureden, damit ich sie rette? Das ist nicht nötig. Ich habe es versprochen, also werde ich es auch tun.«
»Ich will damit nur sagen, dass sie mir viel bedeutet. Uns allen«, fügte er hinzu.
»Nein, das ist nicht wahr.« Sie sah ihn finster an. »Ihr seid genauso schlimm wie der Mutterzirkel. Dieses ganze Gerede wird niemanden zurückbringen.«
»Wir müssen einander erst richtig kennen lernen«, entgegnete er. Dann wies er auf den Teebeutel. »Kann ich auch einen haben?«
»Entschuldigung«, brummte sie und nahm einen zweiten Beutel aus der Packung. »Irgendwo müssten auch Becher sein ...«
Er öffnete einen Hängeschrank und holte zwei Becher mit dem Aufdruck LILITH FAIR TOUR heraus. Er lachte leise. »Rose ist genau die Art Frau, die zu so einem Konzert gehen würde, nicht? Du kennst doch Sarah McLachlan?«
Holly musste wider Willen lächeln, als sie den Namen erkannte. »Meine Mutter hat ihre Musik geliebt. Sie dachte, damit würde sie jung und cool wirken.«
»Mütter sehnen sich danach, jung und cool zu sein.« Er kicherte. »Meine Mutter ist eine ganz traditionelle französische Hausfrau. Bis auf die Tatsache, dass sie all ihren reichen Freundinnen magische Kräutermischungen und Tränke verkauft.«
»Manche verkaufen eben Avon, andere Liebeszauber.«
»Exactement.«
Sie wies auf den Küchenschrank. »Du kannst ein bisschen hellsehen. Jedenfalls hättest du unmöglich wissen können, dass die Becher da drin sind.«
»Peut-etre.« Sein Schulterzucken war typisch französisch.
Das Wasser im Kessel begann zu brodeln. Holly nahm ihm die Becher ab und hängte die Teebeutel hinein.
»Also schön. Du hast das Eis gebrochen, eine Gemeinsamkeit entdeckt und damit eine bessere Verbindung zwischen uns hergestellt. Was sollten wir deiner Meinung nach als Nächstes tun?«
»Teleportation«, sagte er. »Wir zaubern uns zu ihnen.«
Ihr Grinsen wurde breiter. »Das gefällt mir.«
Er erwiderte das Grinsen und tippte sich an den Kopf. »Hellseherische Fähigkeiten«, entgegnete er. »Siehst du? Wir werden gut zusammenarbeiten.«
»Das hoffe ich«, sagte sie und griff nach dem Wasserkocher.
Er runzelte die Stirn. »Lass es kochen. Amerikaner lassen das Wasser nie richtig kochen.«
Sie ließ den Griff wieder los und verschränkte die Arme. »Von mir aus lasse ich es überkochen, falls das nötig sein sollte. Für einen guten Tee«, erklärte sie vielsagend.
»Für einen guten Tee«, echote er.
Jer: London
James und Eli betraten schwankend den Laderaum, Bierkrüge in den Händen, und kicherten über das elende Bündel, das Jer darstellte. Er lag auf einem Feldbett, zwischen die Ladung hineingequetscht. Sie hatten für die Reise nach London eine Yacht des Obersten Zirkels bestiegen - James' Position gestattete ihm, sie sich einfach zu nehmen. Und obwohl Jer schreckliche Schmerzen litt, war ihm bewusst, dass sie ihn ins Hauptquartier brachten, damit er ihnen half, das Schwarze Feuer zu beschwören.
Weiß mein Vater, was hier vorgeht?, fragte er sich. Auf wessen Seite steht er eigentlich inzwischen? Wird er auch dort sein?
Er wusste, dass seine Tage in relativer Abgeschiedenheit vorüber waren. Ab jetzt würde er sich als nützlich erweisen müssen... um sein eigenes Überleben zu sichern.
Aber es waren Eli und Dad, die das Feuer beschworen haben. Ich habe keine Ahnung, wie ihnen das gelungen ist.
Er fragte sich, wie es Holly gehen mochte. Wo sie sein könnte. Er hatte so oft von ihr geträumt.
Hoffentlich habe ich meinen Geist nicht zu ihr ausgesandt, aber da bin ich mir nicht sicher. Ich war so lange nur halb bei Bewusstsein, und ich weiß, dass ich viel an sie gedacht habe. Sie suchen nach ihr. Sie wollen sie umbringen.
»Willst du ein Bier, Jer?«, fragte Eli und trat zu seinem Bruder. Boshaft presste er den Boden seines Bierkrugs an Jers verbrannte, geschwollene Lippen. Jer stöhnte vor Schmerz, als seine Unterlippe aufplatzte und zu bluten begann. »Hast du etwa keinen Durst?«
Jer hatte Durst. Genau genommen war er schon halb verdurstet.
Ich werde ihnen nicht die Befriedigung gönnen, mich betteln zu sehen, dachte er. Doch mit dem nächsten Atemzug stöhnte er: »Wasser.«
»Wie bitte? Hast du etwas
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