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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Versprichst du mir das? Es soll noch niemand erfahren. Auch dein Vater nicht.«
    »Ich verspreche es.« Das Glück kam so unerwartet über sie, dass Constance wieder zu weinen anfing.
    Mit einer Falte ihres Kleides trocknete Luna ihr die Tränen. »Würdest du mir noch einen Gefallen tun?«
    Constance nickte heftig.
    »Dann bring mir Gänsekiel, Papier und Tinte. Ich muss wissen, wie es meinen Freunden geht, und möchte ihnen einige Zeilen schreiben.«
    » Du kannst lesen und schreiben?«
    »Meine Mutter hat es mich gelehrt.«
    »Deine Mutter ?«
    »Ja, und jetzt beeil dich«, drängte Luna. »Bitte.«
    Aufgeregt flüsterte Constance: »Ich bin gleich wieder da.« Schon huschte sie durch die Tür.
    Ruhelos streifte Luna durch ihre Kammer. Immer wieder schaute sie aus dem Fenster, dann horchte sie an der Tür. Tatsächlich dauerte es nicht lange, und Constance kehrte zurück. »Wo sind die Dinge, um die ich dich gebeten habe?«, fragte Luna, als sie deren leere Hände sah.
    »Hier!« Constance griff unter ihr Kleid. Sie zog die Utensilien hervor und gab sie Luna, die sich sofort an den Tisch setzte und zu schreiben begann. Als sie fertig war, gab sie Constance das Papier und sagte: »Bring das zu Raphael. Und zu niemandem ein Sterbenswörtchen! Versprich es mir. Du möchtest doch meine Freundin sein, nicht wahr?«
    »Ja, ja!«, stieß Constance erregt hervor. Sie hielt das Blatt vor ihre Brust wie den Liebesbrief eines ungestümen Verehrers. Dann versteckte sie es unter ihrem Kleid und eilte davon.
    Sie lief vorbei an den Gemächern des Vaters, die Treppen hinauf und den stickigen Gang entlang, an dem die Kammern der Gäste lagen. Ohne anzuklopfen, stürmte sie in eines der Zimmer. Die Männer schraken hoch und starrten sie verwundert an. Wortlos gab sie Raphael das Papier. Er las es aufmerksam und zog die Augenbrauen hoch. Schließlich faltete er das Schriftstück behutsam zusammen und sagte: »Habt Dank, Marquise. Bitte richtet Luna aus, dass es uns allen gut geht und der Wein vorzüglich schmeckt.«
    Constance versuchte ein Lächeln und verschwand.
    Raphael las das Papier ein zweites Mal.
    »Sprecht doch endlich«, sagte Amicus. »Was schreibt das Kind?«
    »Es ist so, wie wir befürchtet haben«, sagte Raphael. Mit ernster Miene sah er die Freunde an. »Der Marquis will Luna ehelichen. Wann, weiß sie noch nicht. Doch ist es ihr scheinbar gelungen, mit der Marquise Freundschaft zu schließen. Durch sie will sie uns regelmäßig Nachrichten übermitteln.«
    »Das ist alles?«, fragte Pierre.
    »Sie fügt hinzu«, antwortete Raphael, »dass wir an einem Fluchtplan arbeiten sollen.«
    »Da hat sie gut reden«, spottete Amicus. »Sie muss ja nicht bei Wasser und Brot in diesem Zwinger sitzen.«
    »Wie auch immer«, sagte Raphael, ohne auf Amicus einzugehen. »Wir haben einen Weg gefunden, Kontakt mit ihr zu halten. Da der Marquis davon nichts weiß, sind wir ihm einen Schritt voraus. Alles andere wird sich ergeben.«
Auge um Auge
    E ine Woche verging, in der Luna ihren Freunden regelmäßig Nachrichten zukommen ließ. Eine Gelegenheit zur Flucht hatte sich bisher nicht ergeben.
    Es war früher Abend, als Constance wieder einmal in der Kammer der Freunde erschien. In einer Hand hielt sie ein Schriftstück. Sie gab es Raphael. »Das hier ist von Luna«, sagte sie. »Sie erwartet unverzüglich Eure Antwort.«
    Raphael las das Schreiben durch. »Heute Abend gibt der Marquis ein Fest.«
    »Zu dem wir nicht eingeladen sind«, setzte Amicus hinzu.
    Raphael dachte nach. Luna schlug vor, dass sie abwarten sollten, bis alle betrunken waren und schliefen. Dann sollten sie die Wachen niederschlagen und zu ihr in den Rittersaal kommen.
    Raphael wandte sich an Constance. »Marquise, bitte richtet Luna aus, dass wir zur rechten Zeit an Ort und Stelle sein werden.«
    Constance nickte und verschwand.
    Quälend langsam vergingen die Stunden. Dem Lärm nach zu urteilen, feierte der Marquis ein rauschendes Fest. Musik, Gesang und Gelächter drangen zu ihnen herauf. Dann, es war schon spät in der Nacht, ebbten die Geräusche aus dem Rittersaal ab, bis es schließlich still war.
    Raphael stand auf. »Es ist so weit«, sagte er. »Machen wir, dass wir wegkommen.«
    Amicus ging zur Tür und hämmerte dagegen. Eine Wache öffnete, steckte den Kopf in die Kammer und bekam Amicus’ Faust zu spüren. Die zweite Wache stieß mit erhobenem Schwert die Tür auf und stieg über den bewusstlosen Kameraden hinweg. Auch diesen Mann schlug Amicus zu

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