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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Raphael sich um, aber niemand folgte ihnen. Aus dem Garten heraus hielten sie sich links und gelangten zur Mauer. An ihr schlichen sie entlang, bis sie die Oberburg verlassen hatten. Weiter ging es hinunter in die Niederburg. Hinter einem Stall suchten sie Schutz und schöpften Kraft.
    »Seid ihr bereit?«, keuchte Raphael. Er wollte keine Zeit verlieren. Alle nickten. »Dann weiter!«
    Unvermittelt hob Amicus die Hand. »Wartet!« Er lauschte in die Nacht. »Da kommt jemand«, flüsterte er. Er bedeutete den anderen, stehen zu bleiben. Dann schlich er um den Stall herum.
    Ein Pfiff gellte über die Straße. Ein Mann, in einen schwarzen Umhang gehüllt und in der Finsternis kaum auszumachen, kam ihm entgegen. Er rannte nicht, sondern näherte sich gemächlich. Als könnte seine Beute ihm ohnehin nicht entkommen.
    »Carcastilla!«, entfuhr es Amicus.
    Er schlich zu den anderen zurück. »Es ist der Kastellan. Ich kümmere mich um ihn. Ihr lauft in der Zwischenzeit hinunter. Wir treffen uns am Tor zur Vorburg.«
    »Ich lasse Euch jetzt nicht allein«, sagte Raphael.
    »Mit dem Laffen werde ich noch allemal fertig.« Amicus lachte.
    Raphael nickte und gab den anderen ein Zeichen. Sofort liefen sie los, immer im Schutz der Scheunen und der Mauer.
    Derweil wartete Amicus seelenruhig auf den Rivalen.
    Zwanzig Schritte vor Amicus blieb Carcastilla stehen. Er warf seinen Umhang fort. Ein halbes Dutzend Messer blitzten an seinem Gürtel auf. Im schwachen Mondlicht glaubte Amicus, den Kastellan grinsen zu sehen.
    »Gib auf«, rief Carcastilla. »Du bist unbewaffnet.«
    »Dir drehe ich noch mit gebrochenen Fingern den Arm um, Bürschchen!«, rief Amicus zurück.
    Der Kastellan zögerte.
    »Worauf wartest du?«, fragte Amicus. »Hast du dir in die Hosen geschissen? Oder musst du zurück zu deiner Mutter? Mit der du ja bekanntlich das Bett teilst.« Er lachte.
    Wutentbrannt zückte Carcastilla ein Messer und schleuderte es Amicus entgegen.
    Gleichzeitig griff Amicus hinter seinen Kopf und zog das Schwert, das er der Kerkerwache abgenommen hatte. Er machte einen Schritt zur Seite und fing das Messer noch im Flug ab. Es gab ein kurzes Klirren, und das Messer zerbrach in kleine Stücke.
    Schon warf Carcastilla das nächste Messer. Auch dieses fing Amicus mit dem Schwert ab, ebenso das dritte.
    Mit einem wilden Schrei rannte der Kastellan auf Amicus zu. Er zog zwei Messer und hielt sie vor seinen Körper.
    Das Schwert mit beiden Händen hoch erhoben, lief Amicus dem Gegner entgegen. Kurz bevor er ihn erreicht hatte, ließ er sich fallen und rollte zur Seite, sodass Carcastilla an ihm vorbeistürzte. Ehe der begriff, was geschehen war, stieß Amicus ihm das Schwert in den Rücken. Es krachte, als würde ein Baum gefällt. Der Kastellan starb so schnell, dass er nicht einmal mehr schreien konnte.
    Amicus zog das Schwert aus dem Leib des Toten und lief zum vereinbarten Treffpunkt.
    Raphael sah die blutverklebte Schneide und beschloss, keine Fragen zu stellen. »Alles verläuft nach Plan«, erklärte er Amicus. »Das Tor ist nicht bewacht. Man scheint uns in der Tat in der Stadt zu vermuten.«
    »Gut«, sagte Amicus. »Worauf warten wir dann noch?«
    Sie schlichen, stets auf der Hut, durch das Tor. Als sie schließlich die Vorburg erreicht hatten, sagte Jeanne: »Ich gehe nach Giacomo suchen.«
    Raphael hatte das Pferd ganz vergessen. Da er wusste, dass Jeanne eher sterben würde, als ihr geliebtes Ross zurückzulassen, willigte er ein. Er bestand jedoch darauf, dass Pierre sie begleitete. Die beiden verschwanden, und der Rest hielt auf die Zugbrücke zu.
    Hinter einer Scheune machten sie Halt.
    »Verdammt!«, fluchte Amicus.
    Raphael folgte seinem Blick. Die Zugbrücke, von hier aus gut zu erkennen, war nicht heruntergelassen. Das war im Grunde kein Hindernis, da auf dieser Seite des Burggrabens die Winden zugänglich waren und sie die Brücke selbst herunterlassen könnten. Aber deshalb hatte Amicus nicht geflucht. Er deutete auf den einsamen Soldaten, der zwischen den Zinnen eines der beiden Brückentürme Wache stand.
    »Ich erledige das«, sagte Amicus. »Wartet Ihr auf Madame Gousset und Pierre.«
    »Ich bitte Euch«, sagte Raphael mit Blick auf das Schwert, »geht dieses Mal behutsamer vor und lasst dem Mann sein Leben.«
    »Mein Wort darauf«, entgegnete Amicus.
    Schon wenige Augenblicke später winkte er den Freunden zu. Raphael, Luna und Constance liefen los. Als sie den Turm erreicht hatten, stiegen sie zu Amicus hoch. Raphael

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