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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Lazariten, Mercedarier, Ritter der Orden von Alcántara, Calatrava und Montesa, des Christus- und Schwertbrüderordens.«
    »Und sie alle sind tot?«, fragte Raphael.
    »Ohne Ausnahme«, antwortete der Mönch. »Nachdem hunderte gestorben waren, entschieden die Großmeister, keine Männer mehr zur Bewachung eines Papstpalastes ohne Papst zu entsenden. So stehen wir nun hier.«
    »Ich verstehe«, sagte Raphael. »Sind Kardinäle oder Bischöfe anwesend, Brüder?«
    »Kein einziger.«
    Genau wie der Kaufmann in Mireval berichtet hatte. »Wer führt die Aufsicht über den Palast?«
    »Ein Zisterzienser namens Claudius Latini.«
    »Gewährt ihr mir und meinen Novizen Einlass, Brüder?«, fragte Raphael.
    Die Mönche hoben die Waffen. »Wir haben Order, niemanden in den Palast zu lassen«, sagte der größere Mönch.
    Raphael war nicht gewillt, sich auf einen endlosen Disput mit den Brüdern einzulassen. Er zückte das Buch der Drogen und hielt es den beiden hin. »Mein Auftrag lautet, dieses Buch in das Archivum des Heiligen Stuhls zu bringen. Wollt ihr mich daran hindern?«
    »Das ist ein Falsifikat«, sagte der Kleinere. »Gewiss ist es das.«
    »Um das zu überprüfen«, sagte Raphael, »bin ich gekommen. Gewährt ihr uns nun Einlass?«
    Die Mönche traten zur Seite, die Augen noch immer auf das Buch gerichtet.
    »Wo finde ich diesen Latini?«, wollte Raphael wissen.
    »Er ist mal hier, mal da. Doch kannst du ihn kaum verwechseln. Er hat nur einen Arm.«
    »Habt Dank und Gott mit euch«, sagte Raphael und schritt an den beiden vorbei.
    Die heiligen Hallen empfingen sie mit eisiger Stille. Jeder ihrer Schritte hallte gespenstisch von den hohen Wänden wider. Sie durchquerten die Eingangshalle und traten in den breiten Gang, der um den gesamten Palast führte. Kein Mensch war zu sehen. Er drängte Luna und Pierre hinter eine Säule. »Wir dürfen diesem Zisterzienser nicht über den Weg laufen«, erklärte er. »Möglicherweise verlangt er Erklärungen von uns, die wir ihm nicht zu geben vermögen. Warnt mich, sobald ihr diesen Einarmigen erblickt.«
    »Wie weit ist es zum Archiv?«, fragte Pierre. Die Umgebung schien ihn zu ängstigen.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Raphael. »Es muss irgendwo in den Kellergewölben liegen. Die Treppe hinunter liegt demzufolge auf dieser Ebene.«
    Sie gingen weiter. Durch die in herrlichsten Farben bemalten Fenster drang schwaches Morgenlicht. Regen plätscherte gegen die Scheiben und schuf einen unheimlichen, dumpfen Chor.
    Diesmal hielt Raphael sich links. In der anderen Richtung lag der große Audienzsaal mit der großen Kapelle darüber und der südlichen Sakristei. Er entsann sich nicht, auf diesem Wege eine Treppe in den Keller gesehen zu haben.
    Als sie einmal um den Cour d’Honneur herumgegangen waren und an ihren Ausgangspunkt zurückkehrten, überdachte er sein Vorgehen erneut. Gewiss, das geheime Archivum wäre nicht geheim zu nennen, würde ein jeder es zu finden in der Lage sein. Dennoch war es nicht einem jeden erlaubt, den Palast zu betreten, geschweige denn, dort herumzustöbern. Er schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn.
    »Was habt Ihr?«, fragte Luna.
    »Ich bin ein Narr«, sagte Raphael. »Ich habe angenommen, das Archiv liegt hier im neu errichteten Teil des Palastes. Dabei muss es bereits existiert haben, als der erste Papst aus Rom hierher kam. Benötigte er doch ein Archiv für die Schriftstücke und Bücher, die er aus dem Archiv des Laterans mitnahm. Folglich müssen wir im alten Palast suchen.«
    »Wo liegt der alte Palast?«, wollte Pierre wissen. »Ist es weit?«
    »Keineswegs«, sagte Raphael. »Wir gehen den Cour d’Honneur wieder hier hinauf.« Er zeigte die Richtung an. »Dann durch das breite Portal mit den goldenen Ornamenten, das ihr dort hinten seht.«
    Eiligen Schrittes liefen sie den Weg, den sie zuvor gegangen waren, ein zweites Mal entlang. Langsam kamen sie dem Portal näher. Davor blieb Raphael kurz stehen, atmete tief durch, öffnete es … und stieß mit einem Mönch zusammen, der, wie Raphael sah, nur einen Arm hatte: Claudius Latini.
    Der kleine, feiste Mönch, der nur noch einen grauen Haarkranz um den fleischigen Kopf trug, stöhnte auf. »Herr im Himmel! Gib doch Obacht!«
    Schnell warf Raphael einen Blick über seine Schulter. Lunas und Pierres Gesicht war unter der Kapuze verborgen. Er sah Latini an und senkte den Kopf. »Verzeih, Bruder. Ich war gedankenverloren.«
    Latini klopfte mit dem Fuß auf den Boden. »Dein

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