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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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Gesicht kommt mir nicht bekannt vor. Wer bist du und was treibst du im Palast des Heiligen Vaters?«
    »Mein Name ist Nicolas«, log Raphael. »Ich bin Prior des Klosters Sainte-Marie in der Picardie. Ich reise im Auftrag Kardinal Sagniers.«
    Latini fuhr sich über sein stoppeliges Doppelkinn. »Von dem Kloster habe ich nie zuvor gehört.« Er kratzte sich am Bauch. »Du bist ein recht junger Prior. Wie lautet dein Auftrag?«
    »Ich muss in das geheime Archivum. Kardinal Sagnier offenbarte mir den Ort, doch finde ich ihn nicht.«
    »Das geheime Archivum?«, flüsterte Latini. Seine Blicke huschten ängstlich umher. »Ich glaube nicht, dass ich Euch Einlass gewähren darf.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Nur der Heilige Vater und die Kardinäle sind befugt, das Archivum zu betreten.«
    »Es ist ein Kardinal, der mich schickt«, erwiderte Raphael.
    »Dennoch«, sagte Latini, ohne Raphael anzusehen. »Es ist mir verboten.«
    Raphael griff in die Tasche an seinem Gürtel und nahm Judas Buch vorsichtig heraus, als wäre es kostbares Porzellan, Er öffnete das Buch und zeigte Latini die erste Seite.
    Latini wich zurück. »Das ist nicht möglich«, flüsterte er. »Das … das kann nicht sein.«
    »Verstehst du jetzt, warum ich hier bin?«, fragte Raphael.
    Latini streckte seine Hand aus, um Salomons Buch der Drogen zu berühren. »Wir dachten, es gäbe nur eins davon.«
    »Möglicherweise ist es ein Falsifikat«, sagte Raphael. »Um die Echtheit zu überprüfen, benötige ich Einsicht in das Original aus dem Archiv.«
    Latinis Gesicht zuckte. Schließlich traf er eine Entscheidung. »Gut, ich führe Euch hin, ehrwürdiger Vater. Bitte, folgt mir.«
    Wie Raphael vermutet hatte, lag das Archiv tatsächlich hinter den Mauern des alten Palastes. Latini lief ihnen voran und brachte sie in das Konsistorium, eine gewaltige Halle, wo der Papst und das Kardinalskolleg ihre Beratungen abhielten. Das Konsistorium war leer. Der Marmorboden von einer dünnen Staubschicht bedeckt.
    Gleich daneben, durch eine reich verzierte Tür verbunden, lag die Halle des Grand Tinel. Hier pflegte der Heilige Vater zu festlichen Anlässen mit seinen Gästen zu tafeln. Auch hier fehlte während der Abwesenheit des Papstes jegliches Mobiliar.
    Durch eine weitere Tür erreichten sie die Küche. Schmutziges Geschirr stand herum. Latini griff nach einer Fackel an der Wand und entzündete sie an der lodernden Feuerstelle. Auf der anderen Seite war eine unscheinbare Tür, die Raphael nur bis zu den Schultern reichte. Latini öffnete sie, und sie fanden sich in einer Vorratskammer wieder, in der kaum noch Vorräte waren.
    »Ich bin nicht gekommen, mit dir zu speisen«, sagte Raphael. »Was soll das?«
    Latini lächelte. »Ihr befindet Euch am Eingang zum Archivum.«
    » Hier ist das Archivum?«, fragte Raphael.
    »Nicht hier, sondern dort.« Latini zeigte nach unten. Zu seinen Füßen war eine Falltür. Er zog sie an dem eisernen Ring auf. Eine schmale Treppe führte in die Dunkelheit. »Seht Euch vor, ehrwürdiger Vater«, sagte Latini und stieg hinunter.
    Raphael, Luna und Pierre folgten ihm. Irgendwo fielen stetig Tropfen auf den Boden und erzeugten ein dumpfes Echo. Es kam Raphael vor, als steige er in den Hades hinab. Es roch modrig und faulig. Der Lichtschein der Fackel erleuchtete den Weg kaum mehr als vier Schritte weit. Sie gingen hinein in ein großes, schwarzes Loch.
    Als sie den Grund des Gewölbes endlich erreicht hatten, sagte Latini: »Es ist nicht mehr weit. Da vorn ist die Tür zum Archivum.«
    Raphael verengte die Augen zu Schlitzen. Etwa dreißig Schritte entfernt war eine unscheinbare Tür zu erkennen. Latini ging darauf zu.
    Vor der morschen Tür mit den rostigen Scharnieren kramte Latini einen Schlüsselring unter seinem Habit hervor. Es dauerte eine Weile, bis er den richtigen Schlüssel fand. Er steckte ihn ins Schloss und drehte ihn knirschend herum. Kaum war das Schloss entriegelt, ging die Tür wie von Geisterhand nach innen auf. Die geheimsten Kammern der christlichen Welt lagen vor Raphael, Luna und Pierre.
    Latini entzündete einige Fackeln an den Wänden. »Wünscht Ihr, dass ich bei Euch bleibe, ehrwürdiger Vater?«, fragte er.
    »Nein«, antwortete Raphael. »Sag mir nur, wo ich das Original finde.«
    »Das Buch der Drogen findet Ihr in der hintersten Kammer in einer goldenen Schatulle. Sie ist nicht zu übersehen.«
    »Hab Dank«, sagte Raphael. »Sollte ich deine Hilfe benötigen, schicke ich nach dir.« Er beobachtete, wie

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