Hexengericht
bewaffnet auf Froissys Soldaten machten, war unverkennbar. Allein die mächtigen, gepanzerten Streitrösser, auf denen sie ritten, ließen einige Reißaus nehmen. Die Soldaten verlangsamten den Tritt ihrer Pferde und blickten fragend zu ihrem Anführer zurück. Cumanus rief ihnen etwas zu und bedeutete ihnen mit Gesten, vorwärts zu stürmen und sie niederzukämpfen.
D’Aubrac jagte seinen Männern voran. Als die grobschlächtigen Männer mit wildem Kampfgeschrei auf die Soldaten Froissys trafen, ertönte ohrenbetäubendes Waffenklirren. Schon in der ersten Welle starb fast ein Drittel der Soldaten. Sie waren trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit ohne Chance. Da sie nur leichte Schwerter und Dolche hatten, brach das Waffenarsenal d’Aubracs wie ein Orkan über sie herein. D’Aubracs Lanzenträger warfen ihre tief in die Leiber der Gegner gestoßenen und zum Teil geborstenen Lanzen weg und holten schwere Streitäxte und Morgensterne hervor. Es bereitete keinerlei Mühe, mit diesen Waffen die Lederwämser und das Kettenzeug der Soldaten zu durchdringen und fürchterliche Wunden zu reißen. Mit ihren Schwertern und den ungeheuerlichen Kräften ihrer Arme trennten d’Aubracs Mannen Köpfe und Gliedmaßen ihrer Gegner ab.
Als nur noch sechs seiner Männer der wilden Ritterhorde Widerstand leisteten, ergriff Cumanus die Flucht. Er wendete sein Pferd und stürmte den Berg zur Festung hinauf.
»Maurice!«, brüllte Pierre, der mit Jeanne abseits stand.
Gerade rammte d’Aubrac dem letzten Mann sein Schwert in den Leib. Er blickte zu Pierre. Der zeigte wild fuchtelnd auf Cumanus. D’Aubrac nickte, rief einem seiner Männer ein Kommando zu, und sie ritten zu Pierre und Jeanne. D’Aubrac hielt Pierre eine Hand hin. »Steig auf, mein Junge.« Er zog Pierre hinter sich aufs Pferd, während Jeanne auf das Schlachtross des anderen Ritters stieg. »Vorwärts!«, rief d’Aubrac.
Wie der Wind rasten sie Cumanus nach. Als sie auf halber Höhe des Berges ankamen, verschwand er gerade aus ihrem Sichtfeld.
»Schneller!«, rief Pierre d’Aubrac zu.
»Schlachtrösser sind starke Tiere«, brüllte d’Aubrac zurück. »Jedoch für einen verdammten Araber zu langsam.«
Endlich erreichten sie die Festung. Dort fanden sie Cumanus’ Hengst. Von dem Dominikaner selbst keine Spur.
Pierre sprang von d’Aubracs Pferd und lief zu Jeanne hinüber. Er streckte ihr beide Hände entgegen und half ihr herunter. D’Aubrac sammelte seine Männer. Sie schritten durch den Torbogen und gingen durch die dahinter liegende Halle.
»Wo steckt der Höllenhund?«, fragte d’Aubrac und betrat, Schwert und Dolch im Anschlag, den Burghof mit dem quadratischen Gebäude aus weißem Kalkstein in der Mitte.
Ebenso wie Raphael und Luna Stunden zuvor, stiegen sie auf die Zinnen, suchten den Hof ab und betraten schließlich das Gebäude.
»Leer«, sagte Jeanne. »In der gesamten Festung findet sich kein Stuhl, kein Tisch, kein Feuerholz oder sonst ein Zeichen, dass hier jemand wohnt.«
»Ich glaube nicht, Madame«, sagte d’Aubrac, »dass in dieser Burg je irgendjemand leben sollte.« Er entdeckte das eingelassene Becken und stellte sich an den Rand. Zugleich gab er drei Männern das Zeichen, in den oberen Stockwerken nach Cumanus zu suchen.
»Was ist das?«, fragte Pierre und starrte verwundert auf das Mosaik.
»Eine Bademulde«, sagte d’Aubrac.
»Was?« , fragte Pierre. Er kannte Badezuber aus Holz, in die man stieg, aber er hatte noch nie solch eine Ausbuchtung im steinernen Boden gesehen.
»Man badet darin«, erklärte d’Aubrac. »Schon die Römer liebten es, in öffentliche Badehäuser einzukehren. In den Ruinen finden sich noch heute in den Boden eingelassene und mit Mosaiken ausgekleidete Bäder. Gewiss etwas größer als dieses hier, doch das Prinzip ist dasselbe.«
Die drei Männer kehrten aus den oberen Stockwerken zurück. »Da oben ist nichts«, meldete einer von ihnen.
D’Aubrac nickte. Sein Blick blieb in der Senke haften. »Nur eine Sache ist hier seltsam«, murmelte er.
»Was meint Ihr?«, fragte Jeanne.
D’Aubrac antwortete nicht. Stattdessen bat er Roger um eine Axt und sprang in die Mulde. Der reichte sie ihm und d’Aubrac klopfte damit den Boden der Senke ab. Zufrieden stieg er wieder hinaus. »Dachte ich es mir.«
»Was dachtet Ihr Euch?«, fragte Jeanne.
»Seht Euch um«, antwortete d’Aubrac. »Überall Fußspuren. Hier um die Mulde herum, aber keine führt wieder aus dem Haus. Unter der Mulde klingt es
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