Hexengewitter

vernichten!«
    Das gab den Ausschlag.
    »Wir werden bereit sein!« rief Mythor aus. »Wir…«
    Doch schon war der Kristall erloschen. Mythor spürte, daß kein Augenblick mehr zu verlieren war. Er steckte den Ring wieder ein und rannte auf das Deck hinaus.
    Am eben noch klaren Nachthimmel zogen sich finstere Wolken zusammen. Donner rollte über das Meer. Erste Blitze zuckten herab und verfehlten das Schiff nur um ein, zwei Steinwürfe.
    »Kommt alle her! Schnell!« schrie Mythor den Amazonen und Inselweibern zu. »Her zu mir und stellt keine Fragen!«
    Und sie kamen herbei wie an unsichtbaren Schnüren gezogen. Ein furchtbares Krachen zerriß die Nacht, und Sturm hob an, der das Schiff schaukeln ließ wie ein winziges Boot.
    Ein Blitz fuhr in den Bug der Sturmbrecher. Die noch unbeschädigten Masten knickten um wie trockene Zweige. Die Gefährten mußten sich aneinander festhalten, um von den Böen nicht fortgerissen zu werden. Starr vor Entsetzen sah Mythor, wie sich der mächtige Hauptmast neigte und sie alle zu erschlagen drohte.
    Und dann, im Augenblick höchster Not, erschien der Regenbogen und fing sie ein.
    Vor Mythors weit aufgerissenen Augen verschwamm die Umgebung. Dann glaubte er sich körperlos in einem Meer aus Licht und Farben.
    Er sah nicht mehr, wie weitere Blitze in die Sturmbrecher einschlugen und das Schiff der Burra zu sinken begann.

8.
    Kein Schiff der Flottenteile, die in Zahdas Zauberfeld geraten waren, hatte gewagt, aus der Schneise auszubrechen, auch wenn bald klar wurde, daß es hier nicht mit rechten Dingen zuging. Eine Felsklippe reihte sich an die andere zu beiden Seiten des Korridors, der schier kein Ende nehmen wollte. Und sie standen so dicht beieinander, daß sie eine undurchdringbare Mauer bildeten.
    Weder Hasbols Amazonen noch Lacthys Kriegerinnen hatten es vermocht, die Irregeleiteten aus dem Zauberfeld zu locken. Die Leuchtsignale wurden nicht gesehen, die Rufe von der Seejungfrau nicht gehört.
    Selbst die Bordhexen durchschauten den Zauber nicht, bis sich jene vermeintlichen Klippen in nichts auflösten, die die Schiffe bereits passiert hatten.
    Jene aber, die sie noch umschlossen, waren keine Trugbilder, wenngleich auch sie nicht natürlichen Ursprungs waren. Der größte Teil von Zaems Seeflotte war in der weiten Lagune eines Atolls gefangen, das die Zahda und ihre Verbündeten aus dem Meer gezaubert hatten.
    Den Hexen wurde nun klar, daß nur die Zaem das Zauberfeld und die Trugbilder zerschlagen haben konnte, doch vergeblich warteten sie darauf, daß ihnen die Zaubermutter erschien und einen Weg aus der Falle wies, in die die Schiffe gelaufen waren Das Meer lag ruhig, viel zu ruhig. Es gab nur eine einzige Ausfahrt aus dem Atoll - jenen Weg, der auch in die Lagune hineingeführt hatte. Doch bevor die Schiffe wenden und wieder ins offene Meer gelangen konnten, erhob sich von dort ein furchtbares Getöse, und entsetzt mußten die Kriegerinnen sehen, wie sich ein riesiges Gebilde heranschob und die Lücke versperrte. Hart prallte die Schwimmende Stadt auf die Riffe. Felsen wurden zermalmt, Staub wirbelte hoch auf, und Blitze machten die Nacht zum Tag, bis die Schwimmende Stadt endlich festsaß, als wäre sie seit Urzeiten Teil dieses Atolls gewesen.
    Auf einigen der Schiffe schrien Amazonen, die glaubten, diese mächtige treibende Insel zu erkennen:
    »Gondaha! Es ist Gondaha, die sie die Verdammte nennen!«
    Und es war Gondaha, deren ewige Wanderung über die Meere des Südens nun ein für allemal ihr Ende gefunden hatte, die den Ring aus schier in den Himmel wachsenden Klippen um die Schiffe herum vervollkommnete. Schweigen senkte sich nieder über das Atoll. Niedergeschlagen mußten die Amazonen erkennen, daß sie dazu verurteilt waren, den Kampf um den Hexenstern jenen zu überlassen, die nicht in den Bann des Zauberfeldes geraten waren, und nur die Windlichter zeugten in der Dunkelheit der Nacht davon, welche gewaltige Streitmacht hier gefangen lag.
*
    Lacthy ahnte noch nichts von dem Verhängnis, das über ihre Flotte gekommen war. Im Gegenteil war sie fester denn je davon überzeugt, bald schon den Hexenstern für die Zaem erobern zu können. Denn keine Widernisse stellten sich der Seejungfrau und den knapp dreihundert Schiffen mehr in den Weg, die sich mittlerweile zusammengefunden hatten. Es waren dies alle, die nicht in das Zauberfeld der Zahda geraten waren - ein Drittel der gesamten Streitmacht.
    Lacthy stand allein im Bugkastell und legte den Kopf weit in den