Hexengift
zu den fünf schlimmsten Dingen, die ihr jemals widerfahren waren. Nicolette hatte sie eiskalt erwischt, und ein Stück weit bewunderte Marla ihr Können - die Fallen hatten bestens funktioniert, und sie konnte nicht viel Zeit gehabt haben, sie aufzustellen. »Im Moment bin ich schon glücklich darüber, dass ich nicht mehr brenne, und das sind wirklich ziemlich bescheidene Ansprüche«.
Rondeau saß neben ihr. Er war ihr ältester Freund, der einzige Mensch, gegenüber dem sie sich einigermaßen öffnen konnte außer Joshua. Als Rondeau den Flammenblitz gesehen hatte, war er aufgesprungen - halb eingeschlagener Schädel hin oder her - und hatte so viel Schnee auf sie geschaufelt, wie er nur konnte. Als Joshua wieder aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht und ihnen zu Hilfe gekommen war, waren Marlas Verbrennungen bereits verheilt gewesen. Ihre nichtmagische Kleidung war restlos verbrannt, bis auf ihre Stiefel und ihren Umhang war sie vollkommen nackt. Von ihren Haaren war auch nicht mehr viel übrig, aber die trug sie ohnehin kurz. Ohne ihren Umhang wäre Marla tot gewesen. Zurück im Club hätschelte und begluckte Joshua sie, bis Marla ihm schließlich befahl, sich auf der Couch im Büro ein wenig schlafen zu legen.
»Bisher hat uns noch niemand dermaßen den Arsch aufgerissen, so viel ist sicher«, sagte Rondeau.
Marla leerte ihren Drink und dachte kurz darüber nach, ob sie noch einen nehmen sollte, entschied sich dann aber dagegen. »Reave hat sich in unserer Welt festgesetzt. Sein Turm steht auf Ernestos Schrottplatz, und seine Armeen strömen in Scharen daraus hervor. Ich meine, es ist nicht so,
als ob wir nicht gegen ihn kämpfen könnten. Viscarro hat alle möglichen fiesen Sachen in seinen Grabkammern, die seit Jahrzehnten niemand mehr bei Tageslicht gesehen hat. Die Schatzmeisterin kann ihre Geister rufen. Wir können Reaves Armee zurückwerfen, aber … ich bin nicht sicher, ob das auch etwas nützt . Ich meine, die Soldaten werden ihm nicht ausgehen. Er erschafft sie einfach aus dem Nichts , aus Genevieves Albträumen.«
»Solange er Genevieve in seiner Gewalt hat, können wir ihn nicht schlagen«, sagte Rondeau. »Nicht dauerhaft. Deshalb würde ich sagen, ist es ziemlich klar, was wir tun müssen: Wir ziehen los und retten Genevieve.«
Marla überlegte. Da war was dran. »Ich kann die anderen Magier dazu bringen, seine Armee in eine Schlacht zu verwickeln. Ihm vorgaukeln, das wäre unsere Taktik. Gleichzeitig arbeite ich mich mit einer kleinen handverlesenen Truppe in seinen Turm vor und hole Genevieve raus. Er hat sie mit Sicherheit irgendwo dort eingesperrt und quält sie. Und selbst wenn sie vor Erschöpfung einschläft, hat er mittlerweile mit Sicherheit ihren Palast zerstört, damit sie glaubt, dass sie sich nirgendwohin mehr zurückziehen kann, nicht einmal in ihren Träumen.«
»Nun, das müssen wir ändern«, meinte Rondeau.
In diesem Moment kam Hamil die Treppe herunter. »Ich habe gerade mit dem Bürgermeister gesprochen. Er sagt, es gibt Ausschreitungen und Plünderungen. Er schiebt es auf das schlechte Wetter und den verhängten Notstand, das Übliche eben. Die meisten Leute bleiben nach wie vor in ihren Wohnungen, aber, Marla, wenn Reaves Schergen anfangen, ihnen die Türen einzutreten …« Er schüttelte den Kopf.
»Wir können nicht bis in alle Ewigkeit vor der Öffentlichkeit verborgen halten, was hier vorgeht. Irgendwann wird sich der Gouverneur fragen, warum er von einer der größten Städte im Bundesstaat schon so lange nichts mehr gehört hat, und wer weiß, was dann passiert?«
»Wir müssen schnell handeln«, sagte Marla. »Ich kümmere mich darum. Ruf Ted herunter. Ich muss mit euch allen reden.«
»Auch mit mir?«, fragte Zealand, der ein weiteres Mal durch den DJ-Eingang hereingekommen war. Er war nass - das heißt, größtenteils überfroren mit Eis, erst in der Wärme des Clubs begann er zu tropfen.
»Du lebst ja noch!«, rief Marla. »Wo zum Teufel warst du letzte Nacht? Und warum bist du so nass?«
»Ich bin Reave begegnet. Er griff mich im Wandschrank an und hat mich besiegt. Genevieve konnte mich in letzter Sekunde retten. Aber dann ist sie verschwunden, der Palast begann einzustürzen, und ich sprang. Ich fiel irgendwann in die Bucht.« Er hob entschuldigend die Hände.
»Und was ist mit Austen?«, fragte Marla. »Hat er es auch …?«
Zealand schüttelte den Kopf.
»Nun, jedenfalls bin ich froh, dass du hier bist. Wir werden Genevieve aus Reaves Turm
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