Hexengift
zusammen ausgegangen wären, na und? Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, Hamil.« Klar, sie hatte ein paar Dinge schleifen lassen, aber nichts wirklich Wichtiges. All die noch anstehenden Angelegenheiten, die ihr die ganze Woche über so auf dem Magen gelegen hatten, schienen jetzt nicht mehr so drückend. Irgendwie hatten sich ihre Prioritäten verschoben. Sie war geradezu glücklich , und sie konnte sich nicht daran erinnern, wann sie sich zum letzten Mal so gefühlt hatte, außer wenn sie gerade jemanden zusammenschlug oder einem ihrer Widersacher gewaltig in die Suppe spuckte.
»Ich bin dein Consigliere. Es ist meine Aufgabe, über diese Dinge nachzudenken. Solange Genevieve frei herumläuft und ein Haufen Zeitattentäter durch die Stadt streift, scheint es mir nicht gerade ratsam, sich in romantische Verwicklungen zu stürzen. Und wenn du mit einem Liebesflüsterer ins Bett gehst, nun … es heißt, ihre Macht würde dadurch sogar noch größer. Du kannst nichts dafür, es ist schlichtweg unmöglich, sich rational zu verhalten, wenn man unter dem Einfluss eines …«
»Ich habe nicht mit ihm gevögelt, Hamil.«
»Ich habe nur die Befürchtung, dass …«
»Ich werde mir deine Bedenken gebührend zu Herzen nehmen«, erwiderte Marla kühl. »Und jetzt verschwinde. Ich muss los.«
Hamil erhob sich schwerfällig aus seinem Stuhl und öffnete den Mund, als wolle er noch etwas sagen, besann sich dann aber eines Besseren. Er nickte nur knapp und verließ den Raum.
Marla legte die Stirn in Falten. Vielleicht verbrachte sie tatsächlich etwas viel Zeit mit Joshua. Aber war es denn so schlimm, wenn sie endlich ein bisschen auf ihre Kosten kam? Man sollte meinen, Hamil würde sich für sie freuen. Er lag ihr ständig damit in den Ohren, dass sie zu hart arbeitete, dass sie sich ab und zu einmal eine Pause gönnen sollte. Und kaum machte sie das, war er angepisst!
Ted klopfte an die Tür. »Marla, Ihre Essensverabredung ist hier.«
»Großartig.« Beinahe hätte sie ihn noch schnell gefragt, wie sie aussah, biss sich aber auf die Zunge und sagte stattdessen: »Schicken Sie ihn rein.«
Zealand trug einen piekfeinen Anzug und ließ seinen Blick über den Rand seiner Zeitung hinüber zu Marla schweifen, wie sie dasaß und mit demselben Begleiter lachte und flirtete, mit dem sie schon die letzten Tage verbracht hatte. In jener Nacht war sie nicht mehr aufgetaucht, um den Bentley abzuholen - Rondeau und ihr neuer Sekretär hatten das nach Tagesanbruch erledigt. Marlas relativ regelmäßiger Tagesablauf hatte sich verändert, und jetzt schien sie ihre gesamte Zeit mit diesem Mann zu verbringen, der angeblich ihr neuer Schüler war. Aber zumindest ging sie nach wie vor jeden Abend spät nachhause, allein. Zealand beschloss, dass er bald zuschlagen würde, bevor sie auch diese Gewohnheit änderte. Also heute Nacht. Es war ratsam, das hier zu Ende
zu bringen. Die anderen Zeitattentäter suchten immer noch nach ihm, und es war an der Zeit, Marla zu töten und Felport zu verlassen. Er wandte sich wieder seiner Zeitung zu, und am anderen Ende des Raumes lachte Marla Mason über etwas, das ihr Begleiter gerade gesagt hatte.
8
Nachdem sie in einem der besten Restaurants von Felport zu Abend gegessen hatten, gingen Joshua und Marla zurück ins Büro, angeblich, um sich wieder in die Dossiers über die wichtigsten Magier der Stadt zu vertiefen. Marla war zwar der Meinung, Joshua hätte bereits genug über die Hauptakteure in Felport gelernt, um die Verhandlungen über die Verteilung von Susan Wellstones Besitz führen zu können, aber es war eine gute Ausrede, um weiterhin in seiner Gesellschaft zu bleiben, ohne dass sie ihn wissen lassen musste, wie sehr sie diese genoss.
»Ich glaube, wenn ich nur noch ein einziges Wort über Viscarro und seine Grabkammern lesen muss, schreie ich«, sagte Joshua und warf den Ordner auf Marlas Schreibtisch.
»In Ordnung. Ich schätze, ich habe Sie für diese Woche genug in die Mangel genommen.«
Joshua beugte sich nach vorn und blickte ihr direkt in die Augen. Marla spürte, wie etwas in ihr zu schmelzen begann.
Bei den Göttern, wie atemberaubend schön er war. »Ich hatte gehofft …«
»Ja?«
»Dass Sie heute Nacht vielleicht mit in mein Hotel kommen würden.«
»Tatsächlich?«, erwiderte Marla kühl und lehnte sich in ihren Stuhl zurück. »Wozu, wenn ich fragen darf?«
»Damit ich mein Bestes geben kann, um Sie zu verführen«, antwortete Joshua ganz sachlich. »Sie sind
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