Hexengold
schlanken Händen. Offenbar legten sie sehr viel Wert darauf, einen guten Eindruck zu erwecken. Auch der zarte, blumige Duft, den sie sich gönnten, hob sie aus der Masse heraus.
»Danke für das Lob.« Sie nickte ihnen knapp zu und beschloss, es dabei bewenden zu lassen. So weit, dass sie sich von Fremden mitten auf der Straße belobigen ließ, war sie noch nicht, auch wenn es sich um so vornehme Herren handelte. Nicht einmal, dass die drei ihren Namen und anscheinend Eric selbst kannten, war ein Grund, vorschnell vertraulich zu werden. Das konnten sie von den Weinhändlern aufgeschnappt haben. Zielstrebig raffte sie den schweren, dunkelgrünen Samtrock und lenkte ihre Schritte zum Fahrtor. Von dort aus wollte sie in die innere Stadt zurückkehren.
Sie stahl sich zwischen einer Gruppe plaudernder Frauen hindurch, um alsbald einem Zimmermann mit seinem leeren Handkarren auszuweichen und sich danach ins Gewühl in der Fischergasse zu mischen. Doch als sie sich umsah, wurde sie gewahr, dass die drei ihr weiterhin folgten und sich nicht einmal die Mühe machten, ihre Absicht zu verhehlen. Es fehlte nicht viel, und der Mittlere mit der großen Feder am Hut winkte ihr zu, als sie sich ein weiteres Mal verstohlen zu ihnen umdrehte. Aufrecht wie ein Offizier marschierte der Grauhaarige nebenher, während der dritte, jüngere im Bunde vergnügt seine Schritte setzte.
Außer Atem erreichte sie die Mehlwaage. Kurz vor Mittag herrschte dort Hochbetrieb. Die Bäckergesellen füllten auf Geheiß der Meister die Bestände in den Backstuben auf. Gerade wollte Magdalena sich durch die Karren und Fuhrwerke schlängeln, da kam ihr eine Idee. Sie hatte Glück: Die alte Lisbeth hockte tatsächlich wieder an der Ecke und pries ihre Kräuter an.
»Hallo, Lisbeth. Gut, dass du da bist«, sprach sie die Alte an. Verwundert, ihren Namen zu hören, hob sie den Kopf. Ein Lachen legte sich über die Falten des wettergegerbten Gesichts. Aus dem zahnlosen Mund atmete angenehmer Pfefferminzgeruch. Sie kaute gern auf den Blättern, auch wenn sie schon lange keine Rücksicht mehr auf ein vollständiges Gebiss nehmen musste. Aus den Augenwinkeln erspähte Magdalena, dass ihre Verfolger inzwischen ebenfalls die Mehlwaage erreicht hatten. Unschlüssig standen sie den geschäftigen Gesellen im Weg. Schon maulte einer, ein anderer stieß sie unfreundlich beiseite. Daraufhin traten sie näher.
»Was braucht Ihr, verehrte Frau Grohnert?« Lisbeth hustete kräftig, warf den Fremden einen abschätzigen Blick zu und sah Magdalena eindringlich an. Auch sie kannte also ihren Namen. Magdalena biss sich auf die Lippen. Die Alte unterdessen gab sich zuvorkommend. »Lungenkraut habt Ihr letztens schon von der Weisgerberin geholt, wie ich gehört habe. Ja, so ist das, wenn man mal nicht da ist: Schon schaut sich die Kundschaft nach anderen Quellen um.« Sie schüttelte den dicken Schädel, um den sich ein fleckiges, löchriges Kopftuch wand. »Geht Euch das auch so, meine Herren?«, wandte sie sich an die drei Verfolger, die noch einige Schritte auf Abstand geblieben waren.
Die drei Herren reagierten nicht einmal verlegen auf die direkte Ansprache. Wieder war es der Mittlere mit der Hutfeder, der sich als Erster verbeugte und sich mit angenehmer Stimme zu Wort meldete: »Uns geht es ähnlich, Gnädigste, ganz ähnlich. Deshalb versuchen wir, unsere Kundschaft ständig im Blick zu behalten.« Die letzten Worte sagte er zu Magdalena gewandt. Seine Gefährten nickten.
»Dann wünsche ich Euch allen viel Glück, vor allem Euch, meine liebe Frau Grohnert, dass Ihr wisst, was Ihr an diesen Herrschaften habt.«
»Ja, das wüsste ich wirklich zu gern.« Magdalena tat belustigt. Dabei war ihr die Situation unheimlich. Eben noch war sie sicher gewesen, die Herren durch den Umweg zu Lisbeth abschütteln zu können. Unwillkürlich spielten ihre Finger mit der Schnur um den Hals. Den Bernstein in aller Öffentlichkeit zu umfassen, wagte sie nicht.
»Geduldet Euch einen Moment«, wandte sie sich an die Herren. »Gleich habe ich alles beisammen, was ich für heute brauche, und wir können gemeinsam hinüber ins Kontor gehen, um miteinander zu reden. Die Straße scheint mir nicht der rechte Ort dafür.« Im Stillen hoffte sie, dass Adelaide im Haus war.
»Hast du Wacholderbeeren, Lisbeth?«, setzte sie ihren vermeintlich wichtigen Einkauf bei der Kräuterfrau fort. »Auch von der Weidenrinde sowie von der Veilchenwurzel kannst du mir noch geben.« Sie tat, als untersuchte
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