Hexengold
sie das weitere Angebot der Alten im Korb. Lisbeth wühlte darin herum, bis sie das Gewünschte gefunden hatte. »Dann bis zum nächsten Mal.« Magdalena zählte ihr großzügig Münzen in die Hand und wollte gehen. Doch da hielt die Alte ihre Hand fest, sah ihr tief in die Augen und krächzte heiser: »So bald wird das nicht mehr sein, liebe Frau Grohnert. Passt gut auf Euch auf!«
23
Adelaide beobachtete von ihrem Platz am Fenster aus, wie Magdalena an der Ecke zur Mehlwaage mit dem alten Kräuterweib verhandelte. Als die Alte den Kopf wandte, um Umstehende in das Gespräch mit einzubeziehen, erstarrte Adelaide: Die drei Modegecken mit den auffälligen Hosen kannte sie nur zu gut. Entsetzt wich sie vom Fenster zurück, bis ihr einfiel, dass die Herren sie aus der Entfernung nicht sehen konnten. Beruhigt beugte sie sich wieder vor und verfolgte aufmerksam das weitere Geschehen. Die drei mischten sich ungeniert in das Gespräch zwischen Magdalena und der Alten. Am Ende begleiteten sie ihre Base zum Haus.
Adelaide trat vom Fenster zurück, presste den Rücken Halt suchend gegen die Wand und überlegte. Was das Auftauchen der drei Kaufleute bedeutete, lag auf der Hand. Sie ertappte sich dabei, einen Hauch Genugtuung zu verspüren, rechnete sie doch seit längerem schon mit dem Erscheinen der Gläubiger. Zu angespannt hatte Eric reagiert, als sie von Vinzents Schulden bei den drei Mainzern berichtet hatte. Sie atmete kurz durch und betrachtete die Briefe, die Griesebeck ihr vorhin ins Kontor gebracht hatte. Eben noch war sie überzeugt gewesen, die Aufzeichnungen aus Feuchtgrubers Haus lieferten wahren Zunder für das Gespräch mit Magdalena. Nun wusste sie, dass sie verpufften angesichts des Feuerwerks, für das Schlüter und Konsorten gleich im Kontor sorgen würden.
Hastig verstaute sie Griesebecks Papiere in dem offenen Regal neben der Tür. Zwischen Landkarten und Reiseberichten waren sie gut aufgehoben. Einen letzten Blick gönnte sie der daneben hängenden Karte, auf der Vinzent zu Lebzeiten noch die Orte mit Nadeln markiert hatte, zu denen das Kontor Handelsbeziehungen unterhielt. Es schien ihr ein Relikt aus einer längst versunkenen Welt. Seit damals war nicht erst ein Jahr, sondern ein ganzes Zeitalter verstrichen. Ordnend strich sie über den schwarzen Damast ihres Kleides, fuhr gedankenverloren das Muster einer Rosenblüte nach, das darin eingewebt war. Dann gab sie sich einen Ruck und steckte eine dunkle Haarsträhne unter die Spitzenschnebbe auf dem Kopf. Schon hörte sie das Quietschen der Eingangstür. Schritte von Männerstiefeln und Schnallenschuhen knallten auf dem Dielenboden. Adelaide spitzte die Ohren. Die Herren kamen tatsächlich mit ins Haus. Doch niemand sprach ein Wort.
Vom Hof schlurfte Hedwig heran. »Gib das Carlotta«, hörte Adelaide Magdalena sagen. »Sie soll es oben auf dem Trockenboden sortieren. Im Kontor brauche ich sie vorerst nicht.«
Das missmutige Schnauben Hedwigs meinte Adelaide selbst durch die geschlossene Tür hindurch wahrzunehmen. Knapp erklärte Magdalena: »Das sind Geschäftsleute, mit denen ich ein vertrauliches Gespräch zu führen habe. Vorerst soll auch Mathias hinten im Lagerhaus bleiben.«
»Freiwillig geht der junge Herr sowieso nicht ins Kontor«, murrte die Köchin. »Dass die Steinackerin drinnen auf Euch wartet, wisst Ihr wahrscheinlich. Vorhin hat sie Besuch von einem hageren Herrn gehabt. Angeblich kam der von Feuchtgruber. Aber das wird Euch die Gnädige am besten selbst erzählen. Es sieht so aus, als ginge es um etwas Dringendes.«
Altes Waschweib! Adelaide ballte die Faust. Schon hörte sie Magdalenas leichte Trippelschritte näher kommen. Adelaide huschte in die Mitte des Raums. Als sich die Tür öffnete und Magdalena eintrat, sah sie den Ankömmlingen aufrecht entgegen.
»Das ist aber eine Überraschung!« Spöttisch zuckte es um ihren Mund, die Nasenspitze stieß unwillkürlich in die Luft. Sie stemmte die Hände in die Hüften und nahm die Verbeugung der drei Kaufleute aus Mainz mit verächtlichem Blick entgegen.
»Du kennst die Herren?« Verwundert blickte Magdalena zwischen ihr und ihren Begleitern hin und her. Darüber nahm sie kaum wahr, wie selbstverständlich Adelaide das weitere Geschehen im Kontor in die Hand nahm.
»Natürlich, meine Liebe.« Adelaide bedachte sie mit einem mitleidigen Augenaufschlag. »Glaub mir, ich wünsche mir nichts sehnlicher, als den drei Herren nie in meinem Leben begegnet zu sein. Auch dir hätte ich
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