Hexengold
verbandelt seid. Deiner Tochter sieht man trotz der großen Ähnlichkeit mit dir auch den Vater an. Die Augen sind von dem gleichen tiefgründigen Blau. Unverkennbar ein Hinweis auf die Königsberger Familie. Seine Mutter und die von Englund waren Schwestern, was? Glaub mir, ich weiß das, immerhin habe ich viele Jahre mit Englund zusammen in einem Fähnlein gedient. Ich kenne jeden Blick, zu dem diese blauen Augen fähig sind. Doch zurück zu deinem Liebsten. Der gute Eric ist mir unlängst erst wieder begegnet.«
»Wo und wann?« Ungeduldig ging sie vor ihm in die Knie und half ihm mit den Stiefeln. Zart fasste er mit der Hand an ihr Kinn und zog es dicht vor sein Gesicht. »Hier, mein Täubchen. Wo denn sonst?«
Ächzend richtete er sich zu voller Größe auf. »Oder denkst du, ich hätte die letzten beiden Jahre so viele andere Gegenden zu Gesicht bekommen? Frag meinen braven Feldherrn und König. In diesem verdammten Thorn hängen wir seit knapp zwei Jahren fest, können nicht vor und nicht zurück. Also muss ich meine Besucher wohl hier empfangen. Und darunter war vor kurzem erst wieder dein Eric, dieses Mal begleitet von drei ehrwürdigen Kaufmannsherren aus Frankfurt. Sein langjähriger Gefährte Steinacker soll im letzten Herbst gestorben sein, was? Tja, der gute Eric hat sich rasch neue Unterstützung gesichert. Gewitzt wie eh und je hat er sich natürlich gleich wieder auch bei mir als Geschäftspartner angeboten. Waffen, Wein und Vieh will er für uns auftreiben, soviel wir wollen. Immerhin hat er viel zu lange nicht mehr mit uns Schweden zu tun gehabt.«
»Wann genau war das?«
»Lass mich überlegen.« Grübelnd legte er sich die Hand unters Kinn und strich über die stacheligen Bartstoppeln, die sein Gesicht zierten. »Vier Wochen wird es her sein. Lange hat er sich nicht hier aufgehalten. Er hatte es eilig, wollte auf dem schnellsten Weg nach Königsberg, allerdings nicht, ohne unterwegs das eine oder andere Geschäft unter Dach und Fach zu bringen. Aber so war er ja schon immer, unser guter Eric, nicht wahr? Künftig kommt er wohl öfter hier lang, will die alten Handelswege seiner Vorfahren wieder aufleben lassen.«
Er tätschelte Magdalenas Schultern. Sie wich ihm aus und sprach mehr gegen das Fenster als zu ihm: »Und jetzt?«
Er lachte meckernd. »Und jetzt, mein Täubchen, rufe ich meinen Burschen. Er soll mir endlich diesen widerlichen Bart abnehmen. Kaum zu glauben, dass eine Frau wie du diesen Anblick ertragen hat! Andererseits siehst du in mir ohnehin nicht den begehrenswerten Mann, mit dem du angenehme Stunden verbringen könntest. Für dich bin und bleibe ich entweder der gewissenlose Verräter und Schurke oder der arme Patient, den es mit einer ekligen Medizin zu traktieren gilt. Wenigstens hat sie mir geholfen. Meine Krämpfe sind verschwunden, ich fühle mich großartig.«
Sie hoffte, die gute Laune hielt an. Noch war sie nicht vollends überzeugt, sein Leiden geheilt zu haben. »Einige Wochen solltet Ihr die bitteren Tropfen weiterhin einnehmen. Die Umstände, in denen Ihr Euch befindet, könnten Eure Krankheit allzu leicht wieder ausbrechen lassen.«
»Du bist gut, mein Täubchen!« Überrascht sah er sie an. »Doch keine Sorge, ich schlucke deine widerwärtigen Tropfen brav weiter. Auch wenn du mir mit deiner Gegenwart nicht mehr den Tag versüßt.«
»Was meint Ihr damit?« Ihr Herz begann zu rasen. Von neuem fühlte sie Angst in sich aufsteigen. Der Griff ihrer Finger um den Bernstein wurde fester. Insgeheim flehte sie um Kraft und Beistand, hoffte aber gleichzeitig, nicht allzu verzagt zu wirken. Lindström blieb unberechenbar, selbst ohne peinigende Magenschmerzen.
»Glaubst du, ich vergesse, in welcher Schuld ich bei dir stehe? Wir hatten eine Abmachung. Du hast mich gezwungen, vor Zeugen einen Schwur zu leisten.«
Der Schwur letztens, mitten unter seinen schlimmsten Krämpfen – wie konnte ihr das entfallen? Es wunderte sie, dass er selbst die Sprache darauf brachte. Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich einen Dreck um seine Versprechen scherte.
»Nicht allein mit dir habe ich Abmachungen«, fuhr er fort. »Auch unter den Polen und ihren verbündeten Österreichern findest du Männer, mit denen mich mehr als eine jahrelange Feindschaft zusammenschweißt. Solche Bündnisse sind in Kriegszeiten lebensnotwendig. Doch wem sage ich das? Einer Frau wie dir, die jahrzehntelang im Tross mitgezogen und sogar bei uns Schweden gelebt hat, ist das alles bestens
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