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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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dicht an dem Zug mit den vier schwedischen Fuhrwerken vorbeitrotteten.
    Zwei junge Frauen schlenderten heran, geflochtene Körbe auf den Köpfen balancierend. Eine muntere Schar Kinder hüpfte zwischen ihren Beinen umher. Neugierig musterten sie die Fremden und wiesen sich kichernd auf den Fuhrmann von Magdalenas Wagen hin. Der Krieg hatte ihn die linke Backe sowie ein Ohr gekostet. Böse fauchte er sie an: »Noch nie einen Krüppel gesehen, was? Schert euch zum Teufel, Lumpenpack!« Schon griff er nach der Peitsche und schwang sie drohend durch die Luft. Erschrocken schrien die Frauen auf, packten die Last auf den Köpfen fester und zerrten die Kinder fort.
    »Kein Wunder, dass alle Angst vor Euch haben«, sagte Magdalena zu dem neben ihr sitzenden Fuhrmann und wischte sich Schweißperlen von der Stirn. Die Sonne stand bereits schräg am Himmel. Trotzdem war es noch sehr heiß. Der trockene Boden staubte. Das Fell der beiden Rappen glänzte. Angezogen von dem Duft der Tiere schwirrten immer mehr Mücken durch die Luft. Unruhig schüttelten die Pferde die Mähnen, schlugen mit dem Schweif nach den fliegenden Plagegeistern und scharrten mit den Hufen.
    »Hm«, knurrte der Fuhrmann. Eine Weile stierte er stur auf die grobe Wallmauer weiter vorn. Dabei kaute er auf dem Strohhalm zwischen seinen Lippen und stützte die Ellbogen auf die breiten Oberschenkel.
    »Was ist mit Euch?« Magdalena begriff seinen Unmut nicht. Ein zerschossenes Gesicht war doch kein Grund, zu allem und jedem unfreundlich sein zu müssen. Der Fuhrmann zuckte nur mit den Schultern und kletterte von seinem Platz. Die Hand als Sonnenschutz an der Stirn blickte er zu den anderen Wagen, die ordentlich aufgereiht hinter dem seinen warteten. Die schwedischen Versehrten hockten eng beieinander in den voll bepackten Wagenkästen. Magdalena dachte mit einem unguten Gefühl daran, wie es den Männern in der stickigen Luft unter der Plane ergehen mochte. Nicht alle waren in der Verfassung, aufrecht sitzen oder gar eine Weile zu Fuß neben dem Wagen marschieren zu können. Carlotta und sie hatten Glück, den privilegierten Platz gleich vorn auf dem ersten Fuhrwerk innezuhaben. Da dort keiner der Verletzten mitfuhr, blieb ihnen nicht nur ausreichend Platz, sondern auch genug frische Luft und reichlich Muße, die beschwerliche Fahrt trotz allem zu genießen.
    Gemächlich ritten die fünf Soldaten heran, die den Versehrtenzug begleiteten. In Höhe von Magdalena und Carlotta zog ihr Anführer den breitkrempigen Hut und verneigte sich. »Euer Ziel liegt vor Euch, meine verehrten Damen. Ihr müsst jetzt absteigen und zu Fuß weitergehen.«
    »Wie kommt Ihr darauf?« Magdalena meinte, sich verhört zu haben. »Ihr müsst Euch irren. Soweit ich mich erinnere, hat Hauptmann Lindström Euch befohlen, uns direkt nach Königsberg zu geleiten. Noch befinden wir uns weit außerhalb der Stadt. Wenn wir rechtzeitig durch die Tore wollen, bleibt uns nicht viel Zeit. Gebt also bitte Befehl, weiterzufahren.«
    Der Schwede verzog keine Miene. »Mir hat Lindström nichts dergleichen aufgetragen. Alles, was ich weiß, ist: Unser Zug macht in Königsberg kein Quartier. Wir bringen Euch also nicht weiter als bis hierher. Dort vorn schon werden wir die Straße links hinüber nehmen. Ich muss meine Leute noch ein gutes Stück am Fluss entlang bis zur Küste führen, bevor wir unser Nachtlager aufschlagen. Die Zeit drängt also. Verzeiht, wenn wir uns deshalb jetzt von Euch verabschieden.«
    »Ihr könnt uns doch nicht einfach so hier stehen lassen! Empfehlt mir wenigstens ein Gasthaus für die Nacht, in dem zwei Frauen wie wir eine angemessene Unterkunft finden.«
    »Leider kenne ich mich in Königsberg nicht gut aus. Ich kann Euch nur den einfachsten Weg direkt hinein weisen. Nicht weit hinter dem Wall stoßt Ihr links auf die Haberbergsche Kirche. Die wird gerade umgebaut. Haltet Euch von dort an geradeaus, dann gelangt Ihr zum Pregel. Die Brücke führt in den Kneiphof. Das Grüne Tor gewährt Euch Einlass. Da trefft Ihr gewiss auf jemanden, der Euch weiterhelfen kann. Unterkünfte und Herbergen sollte es in ausreichender Zahl im Kneiphof geben, auch für Frauen wie Euch. Los, Kutscher, hilf den Damen hinunter.«
    »Lass mich«, schüttelte Magdalena die Hand des halbgesichtigen Fuhrmanns energisch ab und schnappte sich ihr Bündel. Vom Wagen klettern konnte sie auch ohne die Unterstützung des alten Griesgrams. Carlotta tat es ihr nach.
    Wenig später standen sie am Straßenrand und

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