Hexengold
zu hintergehen und den Gedanken an einen anderen zuzulassen, der ihr Herz auf ähnliche Weise wie er zum Schwingen gebracht hatte, erstarrte sie.
Doch eine zweite Stimme meldete sich in ihrem Innern: Auch Eric war und blieb nicht vollends aufrichtig. Die Antwort auf die Frage, warum er ihr Vermögen für Vinzents Versagen einsetzen wollte, stand noch unausgesprochen zwischen ihnen.
Von weit her hörte sie unterdessen Feuchtgruber weitersprechen. »So eine Reise quer durch die deutschen und die polnischen Lande ist selbst zehn Jahre nach dem Großen Krieg alles andere als lustig. Noch immer sind die Städte von den Ereignissen gezeichnet. Gerade hier in Polen ist durch das abermalige Aufflammen der Auseinandersetzung mit den Schweden alles von neuem zutiefst erschüttert. Ein Wunder, dass Ihr und Eure Tochter unbeschadet bis nach Königsberg gefunden habt.«
»Ja, ein Wunder ist das gewiss«, antwortete sie mechanisch. Ihre Augen waren ganz auf Eric gerichtet. Carlotta hatte ihn in die Kissen gebettet. Sein Anblick verhieß nichts Gutes. Sie musste mit ihm allein sein. Er war ihr noch eine Erklärung schuldig.
»Verzeiht, meine Herren«, wandte sie sich an die Besucher, »aber ich glaube, Ihr verabschiedet Euch jetzt besser. Mein Gemahl braucht Ruhe. Das alles hat ihn sehr angestrengt.«
Noch bevor die drei widersprechen konnten, geleitete sie sie zur Tür.
Im düsteren Flur drückte Diehl ihr bewegt die Hand. »Es geht wohl zu Ende mit ihm, nicht wahr? Ihr seid Wundärztin, Ihr könnt das besser beurteilen als ich. Aber schon letzte Woche hatte ich das Gefühl, er wird Euren Einzug in das Haus Eurer Väter nicht mehr erleben.«
»Ja«, antwortete Magdalena und stützte sich mit der Hand auf einer Truhe ab, die in dem schmalen Flur stand. Sie spürte, wie ihr die Knie weich wurden. Die Zeit war gekommen, der Wahrheit ins Auge zu sehen: Eric lag im Sterben. Sie schluckte schwer, bevor sie heiser feststellte: »Es bleibt ihm nicht mehr viel Zeit. Zum Glück ist jetzt alles geregelt. Dank Eurer Unterstützung wird sich der Rat unserem Erbanspruch nicht mehr verschließen. Das wird es ihm leichter machen, in der Stadt, in der er einst das Licht der Welt erblickt hat, auch wieder Abschied von ihr zu nehmen.« Sie tastete nach dem Bernstein und spürte endlich wieder seine Kraft. Das half ihr, auch die weiteren Gedanken auszusprechen. »Damit ist er im wahrsten Sinn heimgekehrt. Auch meine Tochter Carlotta und ich sind es in gewisser Hinsicht. Wir werden hier bleiben und das Erbe unserer Ahnen übernehmen.«
»Unsere besten Wünsche sind immer bei Euch«, versicherten Diehl und Feuchtgruber einmütig. »Auch in Frankfurt werden wir Euch ein ehrendes Andenken bewahren.«
»Da fällt mir ein«, meldete sich Imhof noch einmal mit ernster Miene zu Wort, »schon auf dem Weg nach Königsberg erreichten uns beunruhigende Nachrichten aus unserer Heimatstadt. Da es Eurem Gemahl schon zu der Zeit nicht gut ging, haben wir darauf verzichtet, sie ihm weiterzugeben. Wir konnten zu dem Zeitpunkt ohnehin nicht viel ausrichten, außer Briefe nach Hause zu schicken, um mehr Klarheit zu erhalten. Zudem haben wir gebeten, dass man Euch von Seiten der Kaufmannsgilde mit Rat und Tat zur Seite steht.«
»Ihr spielt vermutlich auf den Verlust unseres Frankfurter Besitzes an. Leider kamen Eure Bemühungen zu spät, uns hat niemand Hilfe angeboten. Die Gläubiger aus Mainz sind bereits kurz nach Eurer Abreise bei mir erschienen. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihnen das Geforderte zu überlassen und gleich aufzubrechen, um meinem Gemahl hinterherzureisen. Das Weitere kennt Ihr.«
»Auch wenn es so ausgesehen haben mag, als hätten wir Euch im Stich gelassen, so war es doch anders. Zumindest hat unsere Nachfrage in Frankfurt etwas Entscheidendes bewirkt: Es hat sich herausgestellt, dass die Herren aus Mainz auf dem Schuldschein zu ihren Gunsten radiert und die falsche Jahreszahl eingefügt haben.« Selbst in dem schwachen Licht, das über ein kleines Fenster am Ende des schmalen Flurs hereinfiel, war Feuchtgrubers triumphierendes Lächeln zu erkennen. »Statt 1658 muss es 1659 heißen. Dem Schreiber im Rathaus ist das aufgefallen, als sie den Besitz auf ihren Namen eintragen ließen. Seid beruhigt, Verehrteste, wir haben bereits dafür gesorgt, dass Klage gegen die Betrüger geführt wird. Euer Haus in der Fahrgasse erhaltet Ihr in jedem Fall zurück.«
»Möglicherweise wird sogar die gesamte Schuld für null und nichtig erklärt.
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