Hexengold
meistern.«
»Das war schon zu Zeiten Eures Oheims, des guten alten Friedrich Steinacker, nicht anders.« Hedwig bekreuzigte sich und senkte flüchtig den Kopf zum Gedenken. »Oft haben die drei Herren mit ihm über Kredite gesprochen. Den armen Vinzent, Gott hab ihn selig, haben sie allerdings nie sonderlich gemocht. Eher hätten sie dem Teufel Geld geliehen, als Vinzent den kleinen Finger zu reichen. Wenn Ihr mich fragt, Herrin«, sie trat näher an Magdalena heran und sprach im Flüsterton weiter, »liegt das zum Teil daran, dass er die Steinackerin geheiratet hat. Niemand in der Stadt wusste über sie Bescheid, und bis heute hat sich daran nicht viel geändert. Wisst Ihr, wie die Leute sie jetzt nennen? Schwarze Witwe! Denn sie ist vielen unheimlich. Dem guten Vinzent haben die drei Herren allerdings schon vorher nicht getraut. Mehr als ein Mal haben sie den Oheim vor ihm gewarnt. Trotz allem aber sind die drei selbst auch sehr speziell. Ich halte sie für Wichtigtuer.« Sie stemmte die Hände in die Hüften. »Und ihre Damen sind nicht viel besser. Am liebsten würden sie meine Küche inspizieren, um morgen auf dem Römer herumzutratschen, ob sie in der Esse ein Rußkorn oder auf dem Wandbord ein Staubkorn gefunden haben.«
»Da hast du zum Glück nicht das Geringste zu befürchten. Bei dir in der Küche blitzt und blinkt es, dass wir das Essen auf dem Fußboden anrichten können.« Aufmunternd schmunzelte Magdalena. »Wo wir beim Essen sind, Hedwig: Was werden wir den Herrschaften heute Abend auftischen?«
Bei Magdalenas Frage zog ein Strahlen über das runde Gesicht der Köchin, die kleinen, hellen Augen funkelten. »Als Erstes gibt es Krametvögel. Die sind gerade besonders zart und wohlschmeckend. Anschließend servieren wir eine leichte Fischsuppe, dann Wildbret auf Bohnen und rotem Kraut sowie einen ordentlichen Braten vom Schwein, serviert in einem knusprigen Teigmantel. Ich habe die Mägde schon angewiesen, mit den Vorbereitungen zu beginnen.«
»Wunderbar!« Zufrieden nickte Magdalena. »Und zum Abschluss reichen wir süße Kuchen. Ich denke da an deine herrliche Mandeltorte, Hedwig. Zudem sollte es heiße Waffeln mit Latwerge geben, dazu noch Hefegebäck und reichlich Obst und Käse. Rheinwein nehmen wir als Weißen, und als Roten soll mein Mann ein Fass Burgunder aus dem Lager nach oben bringen lassen. Er wird sich nicht lumpen lassen und seinen größten Schatz opfern. Immerhin gilt es, wichtige Zunftgenossen zu bewirten.«
Rasch überschlug Hedwig im Kopf, welche Ausgaben das Mahl bedeutete. »Bis Weihnachten ist dann aber Schmalhans Küchenmeister. Vor dem Christfest wird keiner von uns mehr ein ordentliches Stück Fleisch auf dem Teller haben. Ist es Euch das wirklich wert, Herrin? Eine Schande, dass die Kuh eingegangen ist und wir im Oktober versäumt haben, ein zweites Schwein zu besorgen. Die Ziegen sind schon jetzt zu zäh und dürr, als dass sie auf gutes Fleisch hoffen lassen. Bis auf weiteres sind wir also den halsabschneiderischen Metzgern ausgeliefert. Vor Lucia rühr ich keines von den Hühnern an, sonst wird es uns den Winter über auch noch mit dem Federvieh knapp. Ach, es ist ein Jammer mit diesem Unglücksjahr! Und ich dachte schon, es nimmt ein gutes Ende. An Martini sah es ganz danach aus.« Versonnen betrachtete sie die Barbarazweige in der Vase, zupfte den kleinsten etwas höher heraus und richtete ihn mittig aus. »Vielleicht bescheren uns die Zweige im neuen Jahr Besserung.«
»So schlimm steht es nun auch wieder nicht«, versuchte Magdalena sie zu beruhigen. »Wir haben alle schon ganz andere Zeiten durchgestanden.« Mit Abscheu dachte sie daran, wie sie in manchem Trosslager aus Sägemehl hatte Fladen backen und im Boden nach Würmern suchen müssen. Gut, dass es mit diesem Kriegselend vorbei war! Energisch schlug sie das Haushaltsbuch zu und erhob sich. »Wo ein Wille ist, ist immer auch ein Weg, Hedwig. Vielleicht zeigt sich schon heute Abend, wie die drei Herren meinen Mann unterstützen können. Du wirst sehen, im neuen Jahr geht es im Kontor rasch wieder aufwärts.«
»Und was ist mit der Steinackerin? Wird sie beim Essen dabei sein?«
»Natürlich. Immerhin vertritt sie Vinzents Erbe für ihren Sohn. Es gibt nicht den geringsten Grund, sie vom Essen auszuschließen. Im Gegenteil. Je mehr sie darüber Bescheid weiß, wie es steht, desto sinnvoller ist es.« Magdalena lächelte. Hedwig konnte nicht ahnen, wie weit sie sich mit Adelaide inzwischen einig war, aus
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