Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
Druckbogen, der zum Trocknen ausgelegt war, in die Höhe zu heben.
»Wen habt Ihr denn da dabei?«, deutete Niklas mit einer Kopfbewegung zu dem jungen Bruder hinüber.
»Das ist Bruder Cornelius. Er hat mich von Salzburg her begleitet und soll hier an der Kirche und im Kloster einige notwendige Reparaturen vornehmen«, antwortete Institoris mit einem flüchtigen Blick auf seinen Begleiter. »Ich bin ein wenig in der Klemme«, fuhr er dann fort und versuchte dabei ein verzweifeltes Gesicht aufzusetzen, »ich brauche dringend einen Formicarius. Könnt Ihr mir helfen?«
Niklas wiegte nachdenklich den Kopf. »Welche Teile braucht Ihr denn so dringend?«, fragte er, obwohl er die Antwort bereits wusste.
»In erster Linie die Bereiche, in denen es sich um Zauberei und Hexenglauben dreht. Euer Lehrer Nider hat sich ja ausführlich damit beschäftigt!«
Niklas beschlich ein ungutes Gefühl – er kannte Bruder Heinrich nun schon lange genug und auch die Innsbrucker Vorgänge waren ihm noch in taufrischer Erinnerung. »In diesem Zusammenhang hat sich mein Mentor aber auch mit abnormalen Verhaltensweisen befasst, die auf Geisteskrankheiten beruhen, da er auch in der Säftelehre Galens bewandert war und auch die medizinischen Schriften von Avicenna kannte.«
»Ich weiß, ich weiß«, antwortete Bruder Heinrich und sein Mund verzog sich zu einem leichten überheblichen Lächeln.
»Ihr habt ihn ja nicht persönlich gekannt«, versuchte Niklas nochmals eine Art vorauseilender Schadensbegrenzung. »Johannes Nider hat seine hohen Ideale von Keuschheit, Demut, Mäßigkeit, Weisheit und Gerechtigkeit vorgelebt. Aber genau hier liegt auch seine Schwäche, da er auch in allen seinen Mitmenschen zuerst das Gute sah und so manchen Bericht eines glaubwürdigen Menschen, wie er selbst immer zu sagen pflegte, für bare Münze nahm.«
»Das passiert allen Menschen und selbst Heilige irrten«, antwortete Bruder Heinrich, dem Niklas’ abweisende Haltung nicht entging.
Niklas kam resigniert zu dem Schluss, dass auch er es nicht verhindern könnte, dass jemand wie der von ihm nicht sonderlich geschätzte Mitbruder ein Exemplar in die Hände bekam. »Also gut«, antwortete er nach einer Weile, »Ihr könnt meinen Formicarius haben.«
Institoris atmete erleichtert auf.
»Aber für ein, zwei Stunden täglich benötige ich ihn selbst«, setzte Niklas einschränkend hinzu.
Schon als Cornelius das Kloster betrat und am nächsten Morgen die Kirche genauer in Augenschein nahm, war ihm klar, dass er hier einige Zeit zu tun haben würde. Als er am Weihwasserbecken vorbeiging, zog sich alles in ihm zusammen und die Stimme des Abtes kam nur wie aus weiter Ferne an sein Ohr. Genau hier hatte er damals am Fuß eine abgebrochene Verzierung ausgebessert und als er sich erhob, war sie engelgleich vor ihm gestanden.
»Nun ja«, hörte er den Abt sagen, »die Kirche ist jetzt auch schon an die zweihundert Jahre alt. Manche meinen, zumindest ein Teil der Mauern würde noch von den Templern stammen. Da, seht selbst: der lange Riss, im letzten Jahr ist er beinahe um einen halben Finger breiter geworden!«
»Den kann man schon noch ausbessern«, gab Cornelius zur Antwort, nachdem er ihn eine Zeit lang untersucht hatte.
»Hier, die Grablegung Mariens – es ist ein Jammer. Überall blättert die Farbe ab!« Vorsichtig strich der Abt über das Wandbild und streckte ihm dann den blau verfärbten Finger unter die Nase.
»Kann ich richten. Dann hält es noch ein paar hundert Jahre! Wieso ist jetzt eigentlich das Weihwasserbecken abgedeckt?«, wollte Cornelius wissen.
Der Abt verzog das Gesicht. »Es blieb uns nichts anderes mehr übrig. Wir haben immer wieder Leute dabei erwischt, denen das Besprengen offensichtlich nicht genügt hat, sondern die dachten, viel hilft viel und sich regelrecht im geweihten Wasser gebadet haben! Am besten wäre es wahrscheinlich, nicht nur die Kirche, sondern auch das Kloster abzureißen und neu aufzubauen. Schaut Euch nur die Decke im Altarraum an!«
Cornelius warf einen flüchtigen Blick nach oben. »Ich bin zwar kein Baumeister, aber ich kenne die Kirche und würde sagen, dass meiner Meinung nach die Bausubstanz gar nicht so schlecht ist!«, antwortete Cornelius.
Ob Afra noch in Augsburg war? Sicher hat sie mich schon längst vergessen. Ein Mädchen wie sie hat an jedem Finger zehn Verehrer, dachte er dann und spürte, wie es ihm dabei einen Stich ins Herz gab. »Übrigens – Bruder Niklas hat mich gebeten, Euch helfen
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