Hexenhatz im Monsterland
wieder dem haarigen Wesen mit der blauweißen Kappe zu, das ein wenig näher gerückt zu sein schien. Bei dieser Entfernung konnte er nicht umhin, die prächtigen Eßwerkzeuge des Wesens zu bewundern.
»Ist irgend etwas nicht in Ordnung?« fragte der Wolf einfühlsam.
»Ähm…«, begann Wuntvor und versuchte, seine Beobachtung so höflich wie möglich zu formulieren. »Junge, was hast du für große Zähne.«
Der Wolf schüttelte bedauernd den Kopf. »Nein, nein. Das ist leider ein anderes Märchen.«
Der Bursche blickte zu Boden und überlegte eine angemessene Entschuldigung. Als er wieder aufblickte, ragte die Bestie direkt über ihm auf.
Der Wolf leckte sich die Lefzen. »Um beim Thema zu bleiben, am besten würdest du mir mit einer leichten Sahnesauce gefallen.« Der Wolf zwinkerte mit den zottigen Augenbrauen. »Aber vielleicht haben dir das bereits andere gesagt.«
Wuntvor runzelte die Stirn. Jetzt, da der Besucher ihn so direkt fragte – irgend jemand hatte ihm irgend so etwas irgendwo schon einmal erzählt. Zumindest glaubte Wuntvor dies. Oder nicht? Was sollte das alles bedeuten?
»Verdammnis«, ertönte eine tiefe, rumpelnde Stimme aus den Büschen.
»Paß bloß auf«, mischte sich eine zweite, wesentlich höhere Stimme ein. »Oder es ist Zeit für Schuhbert-Power!«
Der Wolf verzog das Gesicht. Das war mit Sicherheit nicht der korrekte Ablauf der Geschichte. Trotz allem, was er Mutter Duck versprochen hatte, glitt ihm das Geschehen genauso wie ihr aus der Hand.
»Stimmt!« erklärte Wuntvor, als wäre ein Schleier von seinen Augen gelüftet worden. »Du hast dich also vorhin in den Büschen herumgedrückt, um mich hinterrücks überfallen zu können. Und das kann nur eins bedeuten.« Er zeigte auf das offene Maul der Bestie. »Du bist der Wolf!«
»Verdammnis!« brüllte Hendrek, während er mit hoch über dem Kopf erhobener Kriegskeule aus den Büschen stürmte. Tap stieß begeisterte Kriegsschreie von seinem Platz auf der Schulter des Hünen aus.
»He, langsam!« protestierte der Wolf und bedeckte seinen Kopf. »Gebt einem armen Kerl eine Chance. Ich versuche auch nur zu überleben!«
»Verdammnis!« kommentierte Hendrek und zerrte an Wuntvors Hemd. »Ab ins Haus!«
Und die drei Freunde liefen hinein und verschlossen die schwere, schwere Eichentür hinter sich.
Gottfried nahm die Hände vom Kopf und betrachtete nachdenklich die dicke Tür. Das Märchen hatte sich bereits so stark von der Vorlage entfernt, daß selbst er es kaum noch wiedererkennen konnte. Er entschloß sich, den nächsten Teil mit dem Husten und Pusten besser erst gar nicht in Angriff zu nehmen. Man war ja schließlich Realist: Mit Ziegelhäusern jedenfalls schien er kein Glück zu haben.
Aber es gab schließlich noch andere Wege, an sein Fressen zu gelangen. Der Wolf bellte kläglich die Tür an. Also gut, meine Appetithäppchen! dachte er. Wenn ihr es so haben wollt, dann werdet ihr es auch so bekommen.
Sie hatten ihn mit Häusern aus Schuhen und Waffen übertölpelt, doch es gab mehr als einen Weg, ein Märchen zu beenden. Er würde ihnen schon zeigen, daß auch ein Wolf in der Lage war, zu improvisieren!
Und damit schlich der Wolf zurück in den Wald.
In der Zwischenzeit machten es sich unsere drei Freunde im Innern von Wuntvors Haus bequem.
»Verdammnis«, bemerkte Hendrek. »Ist es nicht ein wenig finster hier drin?«
»Ja!« stimmte Tap ihm zu. »Das einzige Licht kommt von dem kleinen Loch da oben!«
»In der Tat.« Wuntvor sah zu der Öffnung empor, welche einen kleinen Ausschnitt des Abendhimmels zeigte. »Das ist der einzige Teil des Hauses, an dem ich noch nicht letzte Hand angelegt habe.«
»Verdammnis«, bemerkte Hendrek vorsichtig. »Hast du etwas gegen Fenster?«
Wuntvor zögerte und schüttelte dann den Kopf, eine Geste, die in der vorangeschrittenen Dämmerung fast unbemerkt blieb. »Fenster sind nicht wolfsicher. Es gab nur einen Grund, dieses Haus zu bauen. Schließlich ist es zu nichts anderem gut, als sich in ihm zu verstecken.«
Sie öffneten die Tür und lugten vorsichtig nach draußen. Die Sonne war bereits hinter den Bäumen verschwunden, und lange Schatten fielen über Wuntvors Rasen, so, als ob die Nacht bereits den Boden erobert hätte und nun am Himmel arbeiten würde. Es war schwierig, in der hereinbrechenden Dämmerung etwas zu erkennen, aber sie hörten ein lautes Krachen und Bersten, das rasch näher kam.
»Verdammnis«, flüsterte Hendrek. »Was mag das sein?«
»In der
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