Hexenhatz im Monsterland
jetzt entschuldigen würdest. Ich habe mich gegen einen Wolf zu verteidigen.«
»Ach, so läuft das hier, wie?« Die Zähne des Wolfes entblößten sich zu einem grimmigen Lächeln. »Nun, du magst ja ein Einhorn zu deinen Verbündeten zählen, ganz zu schweigen von einem sprechenden Schwert und einem dicken Kerl mit einer Keule und einem Gnom, der merkwürdige Dinge mit Schuhen anstellen kann. Aber ich habe einen Drachen!« Er blickte über die Schulter zu der beeindruckenden Feuerechse. »Oder etwa nicht?«
Der Drache blickte schweigend zurück.
»He!« beschwerte sich der Wolf. »Ich dachte, wir hätten ein Abkommen!« Er trat einen Schritt auf den Drachen zu.
Der Drache trat einen Schritt zurück.
»Nein, tu das nicht!« kreischte der Wolf. »Ein Vertrag ist ein Vertrag!« Der Wolf trat zwei Schritte vor.
Der Drache trat zwei Schritte zurück. Und, da der Drache zwanzigmal größer war als der Wolf, waren seine Schritte auch zwanzigmal so lang wie die der blauweiß bemützten Bestie, Genauer gesagt: Der Drache war von der Lichtung verschwunden.
»So ist das also!« Der Wolf schüttelte drohend seine Vorderpfoten in Richtung des fernen Reptils. »Dir werde ich zeigen, was ich mit Verrätern anzustellen pflege!« Er rannte auf den Drachen zu, der sich um so schneller zurückzog. In ein paar Sekunden waren die beiden außer Sicht.
Eine Zwillingsexplosion erschütterte Wuntvor, eine auf jeder Seite. Unser Held sprang entsetzt zurück. Zu seiner Linken stand ein kleiner Mann, etwa so groß wie Tap. Allerdings schien er eine Lederkrone auf dem Kopf zu tragen. Zu seiner Rechten ragte ein immenser Schuh auf.
»Gut«, bemerkte der Schuh. »Jetzt können wir reden.«
Kapitel Sechzehn
Es gibt für alles eine Erklärung. Es ist nur schade, daß die meisten dieser Erklärungen keinen Sinn ergeben.
aus: – LEHREN DES EBENEZUM, Band LXIX
Ich blinzelte. Es war mein Meister Ebenezum, der wieder einmal zu meiner Rettung herbeigeeilt war.
»In der Tat«, sagte er. Mir fiel auf, daß ich ihn anstarrte.
»Es muß sehr verwirrend für dich sein«, fuhr mein Meister aus dem Innern des Schuhs fort, »dauernd zwischen Märchen und Wirklichkeit zu wechseln.«
»Öh…«, antwortete ich. »In der Tat.«
»Nun«, fuhr mein Meister fort, »ich glaube, dieser Drachenrückzug gibt uns ein paar Minuten Zeit. Aber wir müssen uns beeilen.«
Ich nickte in dem Bemühen, die Spinnweben aus meinem Kopf zu entfernen.
Ebenezum erklärte: »Seitdem Norei herausgefunden hatte, daß du ein Gefangener von Mutter Duck warst, haben wir gemeinsam an deiner Befreiung gearbeitet. Und als auch noch Ihre Schuhbertschaft so freundlich war, diesen magischen Schuh zu rekonstruieren, konnte ich höchstpersönlich auf der Bildfläche erscheinen.«
»Die Schuhbert-Power ist immer für dich da!« fügte Ihre Schuhbertschaft aufschlußreich hinzu.
»Das sage ich ihnen ja die ganze Zeit!« mischte Tap sich ein.
Ihre Schuhbertschaft warf seinem Untertanen einen unheilverheißenden Blick zu. »Ich glaube nicht, daß du überhaupt noch etwas sagen solltest.«
Tap erbleichte. »Absätze sortieren!« Ihm brach die Stimme.
»In der Tat«, mischte sich Ebenezum in die kleine Unterhaltung. »Bevor ich hierherkam, war ich durch die schützenden Eigenschaften dieses Schuhs in der Lage, einige der magischen Bücher über die Östlichen Königreiche zu studieren. Und dabei habe ich einige sehr interessante Informationen in Erfahrung gebracht.«
»Schnürsenkel entwirren!« jammerte Tap.
»Zum Beispiel, immer wenn man ›Es war…‹«, Ebenezum brach abrupt ab, räusperte sich und begann von neuem. »Ihr wißt schon, diese drei Worte, mit denen jedes Märchen anfängt: Sie zwingen euch sofort unter Mutter Ducks Zauber. Es existieren indes fünf andere Wörter, mit denen ein Märchen beendet wird: Sie schließen den Kreis und verleihen der Geschichte den gewünschten Schluß.«
»Glücklich bis an ihr Lebensende«, flüsterte Wuntvor.
»Genau diese«, antwortete der Zauberer. »Wir entwickeln gerade einen Plan, mit dessen Hilfe du als der Hauptdarsteller einer jeden Geschichte diese fünf Worte zu genau dem richtigen Zeitpunkt aussprechen kannst.« Mein Meister kicherte – recht hämisch, wie ich fand. »Wenn alles nach diesem Plan verläuft, Wuntvor, sieht deine Karriere als Märchenheld ihrem baldigen Ende entgegen.«
»In der Tat?« fragte ich. Wilde Hoffnung erfüllte mein Herz. Ich wußte, daß mein Meister mich nicht im Stich lassen
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